Lennestadt/Gleierbrück. Anwältin, Finanzberaterin oder Buchhalterin – ukrainische Frauen aus Lennestadt haben Heimat und Jobs zurückgelassen. Jetzt suchen sie Arbeit.

Sympathisch, motiviert und selbstbewusst wirken die vier Ukrainerinnen, die seit zwei Jahren mit ihren Kindern in Lennestadt-Gleierbrück wohnen. Alle haben die Integrationskurse mit Sprachtest B1 erfolgreich beendet, sind somit gut integriert, sprechen Deutsch und möchten jetzt ihre Arbeitskraft dem Markt zur Verfügung stellen, um nicht weiter auf Bürgergeld angewiesen zu sein.

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Sabine Krippendorf aus Gleierbrück, in deren Wohngemeinschaftshaus die Ukrainerinnen seit zwei Jahren leben, hatte in einem Facebook-Post dazu aufgerufen, dass Arbeitgeber sich melden möchten, wenn sie offene Stellen haben, die nicht etwa einer Teilzeitputzstelle entsprechen, die die Frauen bisher vom Jobcenter des Kreises Olpe angeboten bekommen haben. „Das ist doch Vergeudung von Ressourcen. Gerade jetzt, wo immer gesagt wird, dass wir Fachkräftemangel haben. Die Frauen haben in der Ukraine Masterstudiengänge abgeschlossen und in guten Anstellungen gearbeitet“, berichtet die Staatsanwältin, die auch Mitglied im Kreistag ist.

Studium der Rechtswissenschaften und der Wunsch nach einer Teilzeitstelle

So arbeitete Svitlana Tymofieieva vor ihrer Flucht nach Deutschland in der öffentlichen Verwaltung. Die 43-Jährige hat einen Masterabschluss in Rechtswissenschaften und war zuletzt für die Besetzung von Stellen im ukrainischen Gericht zuständig. Ihr Sohn studiert zurzeit in Polen und ihre 16-jährige Tochter besucht auf dem Gymnasium Maria Königin in Lennestadt die Klasse Q1. Auch wenn sie derzeit noch auf die Zulassung für den Berufssprachkurs B2 wartet, möchte sie gerne schon in Teilzeit arbeiten – auch um ihre Sprachkenntnisse weiter auszubauen.

Wir müssten einen Unterstützungspool schaffen und die Menschen in gute Jobs vermitteln, die ihrer Qualifikation entsprechen.
Sabine Krippendorf

Als selbstständige Rechtsanwältin in Mariupol hat die 32-jährige Vira Poliakova gearbeitet. Mit ihren beiden Kindern lebt sie ebenfalls in Gleierbrück. Zu ihrem Mann, der vermutlich in Kriegsgefangenschaft ist, hat sie seit zwei Jahren keinen Kontakt mehr. Auch sie möchte gerne eine Anstellung finden, die ihren Vorkenntnissen nahekommt. „Ich habe eine Anwaltslizenz mit internationalem Recht. Inwiefern das hier in Deutschland anerkannt wird, muss noch geprüft werden“, erzählt sie.

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Krystyna Skrypytsia (32) und Natalliia Korovina (43) können sich nach Abschluss des B1 Sprachkurses vorstellen, mit Kindern zu arbeiten. Skrypytsia arbeitete in der Ukraine zuletzt als Finanzberaterin in einer großen Bank und Korovina als Buchhalterin in einem Krankenhaus. „Wir wissen, dass in Schulen und Kindergärten Integrationskräfte oder pädagogische Hilfskräfte benötigt werden“, sagen die beiden, die nach einem Praktikumsplatz suchen, und sich über diesen Weg ein festes Anstellungsverhältnis erhoffen. „Derzeit müssen viele Kinder integriert werden, da können wir entsprechend unterstützen und helfen, auch durch unsere Sprache.“

Stellenangebote sind ausdrücklich per Mail erwünscht

Sabine Krippendorf, die seit über zwei Jahren in unmittelbarer Nähe der geflüchteten Familien wohnt, möchte unterstützen, wo sie nur kann, damit die Nahtstelle zwischen dem Kurs und einer Anstellung möglichst bald geschlossen wird. Sie werde sich dahingehend weiter einbringen und auch im Kreistag und bei Landrat Theo Melcher vorsprechen. „Wir müssten einen Unterstützungspool schaffen und die Menschen in gute Jobs vermitteln, die ihrer Qualifikation entsprechen“, sagt Krippendorf zielstrebig. Arbeitgeber, die zuverlässige Büro- oder Verwaltungskräfte suchen oder entsprechende Praktika im Bereich Kindertagespflege oder Integrationshilfe zu vergeben haben, werden gebeten, sich per Mail an Sabine Krippendorf unter jobvermittlung-ukrainer@gmx.de zu wenden.

So unterstützt das Jobcenter des Kreises Olpe

Hans-Georg Völmicke, Geschäftsführer vom Jobcenters des Kreises Olpe rät den geflüchteten Menschen, die auf der Suche nach einer Anstellung sind, dass sie sich an ihre Integrationskräfte beim Jobcenter mit ihrem Berufswunsch wenden sollen. „Wir versuchen, die Flüchtlinge vorrangig in den Arbeitsalltag zu begleiten und sie unter Berücksichtigung der eigenen Wünsche entsprechend zu integrieren“, so Völmicke. Dabei können aber nicht immer die Qualifikationen aus dem Herkunftsland berücksichtigt werden, auch bedingt durch die Sprachkenntnisse, die in vielerlei Hinsicht auch nach dem B1-Sprachkurs noch fehlen würden. „Eine Vermittlung in eine niedrigere Qualifikationsstufe ist nicht gleich negativ. Durch die Aufnahme der Arbeit können Geflüchtete nötige Sprachkenntnisse im Arbeitsalltag berufsbegleitend verbessern. Außerdem erhöht es die Chancen auf eine bessere Beschäftigung in Zukunft“, berichtet der Geschäftsführer des Jobcenters. Auch bei der Anerkennung der Berufsqualifikation, die Geflüchteten in ihrem Heimatland erworben haben, unterstützt das Jobcenter mit entsprechender Begleitung.