Lennestadt/Kirchhundem. Ein Mann aus Kirchhundem hat einer Frau ein aufreizendes Foto geschickt. Die Frau, die für ein Dating-Portal arbeitet, fühlte sich belästigt.
Das Internet ist kein geschützter Raum, in dem jeder ungestraft veröffentlichen kann, was er will – und schon gar nicht pornografische Fotos. Dies dürfte einem 53-Jährigen aus der Gemeinde Kirchhundem seit Dienstag bewusst sein. Der Mann musste sich wegen der Verbreitung pornografischer Inhalte vor dem Amtsgericht in Lennestadt verantworten.
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Die Staatsanwältin war mit der Verlesung der Anklage schnell fertig. Im Juli 2022 hatte der Monteur einer Frau über das Internetportal Instagram ein Foto seines erigierten Geschlechtsteils zugesendet. Die Frau, die als Zeugin geladen war, hatte den Mann daraufhin angezeigt. Gegen den Strafbefehl hatte der 53-Jährige Einspruch eingelegt. In der Verhandlung vor dem Amtsgericht wurde bald deutlich, dass der Sachverhalt nicht so eindeutig ist, wie es zu Beginn aussah.
Die 31-jährige Zeugin, die als Berufsbezeichnung unter anderem „Darstellerin in Erwachsenenfilmen“ angab, arbeitet für eine Art Dating-Portal im Internet. Über eine Instagram-Seite mit aufreizenden Fotos kommen Männer so in einen ersten Chat-Kontakt mit Frauen, die dann zunächst mit standardisierten Antworten versuchen, die Anrufer näher an sich zu binden. Was offenbar erfolgreich ist. „Da kommen täglich hunderte bis tausende Nachrichten rein“, so die Zeugin. Zeigen die Anrufer Interesse und halten den Dialog – teilweise über Stunden – aufrecht, werden sie nach einer Altersverifizierung auf eine private Homepage gelockt. „Ich möchte gern mehr von dir erfahren, schreib mich auf meiner Homepage an, du kannst mich dann alles fragen“, lautete in diesem Fall die Nachricht an den Angeklagten, sich auf eine andere anonyme Ebene zu begeben. Die Zeugin bestätigte das Prozedere. „Ja, die Instagram-Seite dient dazu, die Leute mitzunehmen“, so die 31-Jährige. Auf der privaten Homepage könne man dann – gegen Bezahlung – auch mehr sehen.
So weit war es in diesem Fall aber offensichtlich gar nicht gekommen. Der Angeklagte hatte noch auf der Instagram-Ebene das besagte Foto an seine Chatpartnerin gesendet. Dies war auch der Grund für die Anzeige. „Es geht darum, dass manche meinen, sie könnten auf Social-Media-Seiten ungestraft alles senden. Auch Leute aus der Branche wollen solche Bilder nicht zugeschickt bekommen. Keine Frau sagt bei sowas: ‚Oh, wie toll‘. Es gibt Frauen, die damit große Probleme haben“, erklärte die Zeugin.
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Die Verteidigung sah den Fall und auch den Ablauf des Dialogs anders. Ihr Mandat habe bereits die erste Nachricht auf Instagram als Aufforderung interpretiert, ein Bild von sich zu schicken, so die Verteidigerin. Richter Edgar Tiggemann hakte nach: „Wann wussten Sie, dass die Frau ein Bild von Ihnen haben möchte?“ Der Angeklagte, der das Foto selber wieder gelöscht hatte, konnte zur Erhellung des Vorgangs nicht viel beitragen. Er habe Stress mit seiner Lebensgefährtin gehabt und schon am Morgen begonnen zu trinken. „Ich habe den ganzen Tag durch getrunken“, so der Monteur. Und auch die Zeugin konnte sich nicht mehr an alle Details erinnern. Wann und ob sie selbst mit dem Angeklagten an jenem Tag gechattet habe, wann persönliche oder standardisierte Antworten verschickt wurden, das blieb im Dunkeln.
Richter Tiggemann und Staatsanwältin Müller-Lück waren sich einig, dass die Aussage der Zeugin für eine Verurteilung nach dem Strafgesetzbuch nicht ausreiche. Dem Vorschlag, das Verfahren mit Auflagen einzustellen, schloss sich auch die Verteidigung an. Andererseits sei der Tatbestand, die Verbreitung pornografischer Inhalte „an einen anderen […], ohne von diesem hierzu aufgefordert zu sein“ und „an einem Ort, der Personen unter 18 Jahren zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann“, wie es in § 184 StGB steht, gegeben, so der Richter. Der nicht vorbestrafte Angeklagte muss deshalb eine Geldbuße von sechsmal 80 Euro an eine gemeinnützige Organisation zahlen.