Welschen Ennest. Raffaela Pagana aus Welschen Ennest hat einen langen Leidensweg hinter sich. Ständige Durchfälle haben ihr Leben bestimmt, bis die Diagnose kam.

„Endlich habe ich eine Diagnose.“ Nach einem langen Leidensweg weiß Raffaela Pagana aus Welschen Ennest mittlerweile, dass sie Zöliakie hat. Eine Glutenunverträglichkeit, die für sie nun eine lebenslange strenge, glutenfreie Diät bedeutet. Aber der Weg bis zur Diagnose war lang und unerträglich.

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Die 43-Jährige erinnert sich zurück und daran, dass sie seit dem Teenageralter immer wieder Probleme mit dem Magen-Darm-Trakt hatte. „Meistens waren es Durchfälle, die ich auf den Stress geschoben habe“, berichtet sie. Doch als sie im November 2022 auf einem Geburtstag zu Gast war, erreichte ihr Leiden den Höhepunkt. Sie verzehrte auf der Party panierte Schnitzel, trank dazu ein Radler und brach nur 15 Minuten später mit Schweißausbrüchen und übelsten Magenkrämpfen zusammen: „Danach war ich vier Tage komplett ausgeknockt und konnte gar nichts machen.“

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Ihre starken Durchfälle hielten weitere Wochen an. Hinzu kamen Übelkeit, ein Blähbauch und Schlafprobleme. Raffaela Pagana ist zu diesem Zeitpunkt häufig krank, weil sie durch die ständigen Durchfälle kaum das Haus verlassen kann. Erst nach über vier Monaten und vielen Arztbesuchen erhält sie die Diagnose Zöliakie und weiß von da an, dass sie an einer Glutenunverträglichkeit leidet, die nicht heilbar ist und für die es noch keine Medikamente gibt. Dr. med. Thomas Heuel, Facharzt unter anderem für Innere Medizin in der „Praxis am Imberg“ in Olpe, kennt das: „Viele Patienten sind froh, wenn sie endlich eine Diagnose erhalten, nach teilweise jahrelangem Leidensdruck. Und sie gleichzeitig mit der Diagnosestellung das Gefühl erhalten, dass es nichts ist, was sie sich die ganze Zeit eingebildet haben. Doch dann müssen die Menschen damit lernen umzugehen.“

Glutenfreies Brot, ein eigenes Schneidebrett und Messer. Mit Zöliakie muss man sich an eine strenge und glutenfreie Diät halten.
Glutenfreies Brot, ein eigenes Schneidebrett und Messer. Mit Zöliakie muss man sich an eine strenge und glutenfreie Diät halten. © dpa | Jens Kalaene

Glutenfreie Lebensmittel sind sehr teuer

Zöliakie bedeutet für die 43-Jährige, die in Welschen Ennest ein eigenes Kosmetikstudio betreibt, dass sie fortan eine glutenfreie Diät führen muss. „Ich habe viele Tränen vergossen und das gute Gefühl, endlich eine Diagnose zu haben, wurde beim ersten Einkauf kaputtgemacht“, erzählt Raffaela Pagana. Denn glutenfreie Lebensmittel sind viel teurer und die Auswahl im Supermarkt ist nicht so groß. „Mein Leben und das meiner Familie hat sich grundlegend verändert. Es ist jeden Tag ein harter Kampf“.

Ich würde gerne mal wieder ein Bier auf Karneval oder Schützenfest trinken und würde mir so sehr ein glutenfreies Bier wünschen.
Raffaela Pagana - Zöliakie-Betroffene

Die 43-Jährige, die zusammen mit ihrem Mann und den Kindern Till (16) und Niko (13) in einem Fachwerkhaus wohnt, kocht seitdem doppelt. In der Küche steht ein zweiter Toaster. In einem separaten Schrank hat sie neben einer eigenen Pfanne auch eigene Töpfe, ein Schneidebrett und Messer, die nur sie nutzen darf. Ein Behältnis mit Butter ist markiert, damit die Familie weiß, dass es ihre Butter ist. „Schon kleinste Sporen führen wieder zu diesen Durchfällen, daher versuchen wir Kontaminierungen zu vermeiden“, so Raffaela Pagana.

Mehr Akzeptanz in der Gesellschaft

Unterstützung holt sie sich bei der „Deutschen Gesellschaft für Zöliakie“ und erhält Broschüren und Einkaufsratgeber mit Lebensmitteln, die glutenfrei sind, um so den Alltag mit Zöliakie zu meistern. Trotzdem fühlt sich die 43-Jährige wie das fünfte Rad am Wagen. „Ich falle nicht gerne auf oder stehe im Mittelpunkt, aber mit Zöliakie falle ich überall auf. Im Bekanntenkreis gibt es kaum Verständnis. Wir können nicht mehr ins Restaurant gehen, weil ich da meistens nur Pommes essen darf, und auf Partys bringe ich mein eigenes Essen mit“, erzählt sie traurig, dass Zöliakie auch oft als Modekrankheit abgestempelt wird.

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Während eines Reha-Aufenthaltes betitelte sie jemand als „Prinzesschen“, weil sie im Speisesaal der Klinik bedingt durch die glutenfreie Diät anderes Essen bekam. „Ich habe mir das doch nicht ausgesucht und wünsche mir einfach mehr Akzeptanz in unserer Gesellschaft.“ Bei Facebook hofft Raffaela Pagana nun, dass sie mit der Gruppe „Sauerländer Zölis“ eine Austauschplattform für andere Betroffene schaffen kann. Zum gemeinsamen Austausch und gegenseitigen Unterstützung. Eine Bitte sendet sie als Sauerländer Mädchen an die benachbarte Brauerei im Siegerland: „Ich würde gerne mal wieder ein Bier auf Karneval oder Schützenfest trinken und würde mir so sehr ein glutenfreies Krombacher wünschen.“