Gelslingen/Drolshagen. Eine Stele erinnert an den verstorbenen Pfarrer Udo Linke. Hier machen die Pilger aus Much Station und beten für ihre Verstorbenen.

Die Stadt Werl hat viele Reize. Doch für viele Sauerländer ist die 30.000-Einwohner-Stadt im Kreis Soest aus einem Grund besonders: Es ist das Wallfahrtsbild der „Trösterin der Betrübten“, das alljährlich Tausende von Pilgern nach Werl lockt, eine historische Marienstatue, die vermutlich aus dem 14. Jahrhundert stammt. Sie bildet seit 1661 das Zentrum der Wallfahrtskirche. Eine der ältesten Pilgerfahrten startet seit 1760 in Olpe, doch nur wenige Jahre später, 1774, war es auch in Much so weit, dass hier eine Pilgerfahrt nach Werl beschlossen wurde. War es in Olpe der Wunsch, um das Ende des 30-jährigen Kriegs zu bitten, brachte die Mucher eine Viehseuche dazu, eine Reise nach Werl zu starten. Denn dort gab es Salz, das dem Mucher Vieh fehlte. Die Mucher bekamen das Salz, und aus Dank für die Hilfe beschlossen sie, fortan jährlich zum Gnadenbild nach Werl zu gehen. Nur im Zweiten Weltkrieg wurde diese Tradition unterbrochen, als es zu unsicher war.

Fassungslosigkeit: Gerhard Schürholz (links) und Paul-Georg Bartscher (rechts) an der geschändeten Stele. Inschriften und das Heiligenbild wurden herausgebrochen und gestohlen – und das im Jubiläumsjahr der Mucher Wallfahrt.
Fassungslosigkeit: Gerhard Schürholz (links) und Paul-Georg Bartscher (rechts) an der geschändeten Stele. Inschriften und das Heiligenbild wurden herausgebrochen und gestohlen – und das im Jubiläumsjahr der Mucher Wallfahrt. © Jörg Winkel | Jörg Winkel

Eine wichtige Station auf dem Weg von Much nach Werl ist das Städtchen Drolshagen. Hier werden die Pilger alljährlich herzlich begrüßt und aufgenommen. Viele Mucher verbringen die Nacht in Privatquartieren Drolshagener Bürger, teilweise seit Jahrzehnten. Und einer, der diese Wallfahrt sehr unterstützte, war der für viele unvergessene Pfarrer der Rosestadt, Udo Linke. Er ging stets eine Teilstrecke mit, auch wenn die Mucher Wallfahrt alljährlich genau auf einen großen Umgang fällt, und setzte sich sehr für den Erhalt dieser Tradition ein. Als er 2006 in Ruhestand ging, schenkten ihm die Mucher eine Stele mit einer Inschrift und einem Relief des heiligen Martin von Tours, der nicht nur Schutzpatron der Olper, sondern auch der Mucher Pfarrei ist. 2011 starb Udo Linke, und da setzten die Werler die Stele als Station an ihren Pilgerweg. Auf einer Anhöhe zwischen Gelslingen und Drolshagen, nahe dem Wanderparkplatz Brudertreue, nutzen sie seitdem das Denkmal für ein ganz besonderes Gebet: Sie halten hier inne und beten für die verstorbenen Wallfahrerinnen und Wallfahrer. Daran angebracht ist auch die Verdienstplakette der Pfarrei St. Martinus Much, die Linke zu seinem Ruhestand verliehen worden war, und eine Infotafel, auf der kurz die Geschichte der Wallfahrt und der Stele erklärt wird.

Ein Bild aus vergangenen Jahren, als der Borkenkäfer den Wald auf der Brudertreue noch nicht vernichtet hatte. Die Mucher Pilger halten an der Stele inne und gedenken der verstorbenen Wallfahrer.
Ein Bild aus vergangenen Jahren, als der Borkenkäfer den Wald auf der Brudertreue noch nicht vernichtet hatte. Die Mucher Pilger halten an der Stele inne und gedenken der verstorbenen Wallfahrer. © privat | Privat

Und nun ist diese Stele geschändet worden. Unbekannte Täter haben beide metallenen Schrifttafeln und auch das bronzene Relief aus dem hölzernen Halter gebrochen. Eine Freveltat, die Paul-Georg Bartscher und Gerhard Schürholz in Rage bringt. Bartscher ist Diakon der Pfarrei Drolshagen und war viele Jahre zuständig für die Betreuung der Werl-Pilger in Drolshagen, bis er im vorigen Jahr dieses Amt an Astrid Maubach abgab, und Gerhard Schürholz hat sich 2011 darum gekümmert, dass die Stele ihren Standort im Waldstück eines befreundeten Forstbesitzers bekommen konnte.

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Es war ein Mucher Pilger, der auf einer Vorbereitungswanderung für die diesjährige Jubiläums-Pilgertour die Schandtat entdeckte und die Drolshagener informierte. „Der Weg ist schon abgelegen, daher können wir nicht einordnen, wann das passiert sein muss“, so Diakon Bartscher. Und Schürholz wird deutlich: „Wer das getan hat, dem sollte die Hand abfaulen.“ Besonders zornig macht ihn, dass der mögliche Schrott-Erlös - wenn überhaupt - bei wenigen Euro liegen wird, die Neuanfertigung jedoch beträchtliche Summen verschlingen werden. Dafür ist allerdings gesorgt: Aus Much kam die Zusage, dass bis zur Jubiläums-Wallfahrt die Stele wieder komplett sein soll. Bartscher und Schürzholz bitten dennoch mögliche Zeugen, sich bei ihnen zu melden, entweder unter 0170/6902422, (02761) 3233 oder 0160/1521945. Und sie haben eine weitere Bitte: Unter anderem durch die Schließung des Hotels „Zur Brücke“, aber auch durch die Tatsache, dass mehrere Drolshagener aus Altersgründen keine Privatquartiere mehr gewähren können, werden neue Gastgeber gesucht, die gewillt sind, den Mucher Pilgern ein Obdach für die Nacht zu gewähren - wobei „Nacht“ hier relativ ist, denn die ist für die Pilger um spätestens 4 Uhr vorbei. Wer sich am Erhalt dieser Tradition beteiligen möchte, wird gebeten, sich bei Astrid Maubach unter 0157/75440796 zu melden.