Kreis Olpe. Nicht alle Bundestagsabgeordneten aus dem Kreis Olpe sind mit dem Cannabis-Gesetz einverstanden – das führt zu innerparteilichen Spannungen.
Seit vergangenen Freitag ist es offiziell: Die umstrittene Cannabis-Legalisierung kommt zum 1. April. Trotz eindringlicher Warnungen von Ärzte- und Jugendschutzverbänden stimmte die deutliche Mehrheit im Bundestag für den Erlass ab, doch auch nach dem Beschluss bleiben viele Fragen zur tatsächlichen Umsetzung offen. Die Bundestagsabgeordneten aus dem Kreis Olpe sehen viele Schwächen im Gesetzesentwurf – und das führte zu mitunter teils überraschenden Abstimmungsergebnissen.
So stimmten nicht alle SPD-Bundestagsabgeordneten dafür. So auch Nezahat Baradari (SPD), die für den Kreis Olpe zuständig ist. Die Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin versuchte das Gesundheitsministerium eindringlich von einer Anpassung des Gesetzes zu überzeugen, scheiterte dabei aber. Im Bundestag entschied sie sich daher dazu, nicht abzustimmen. Baradari hat vor allem beim Thema Kinder- und Jugendschutz starke Bedenken: „Bei der Cannabisgesetzgebung sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen. Auf der einen Seite steht die verständliche Forderung nach Entkriminalisierung von Cannabis, da Konsumenten bereits bei einmaligem Konsum in die Kriminalität abrutschen können. Auf der anderen Seite steht die vollständige und weitgehend unkontrollierte Legalisierung, die ich in der jetzt beschlossenen Form aus Sicht des Gesundheits- und Jugendschutzes für unverantwortlich halte“, so die Attendornerin.
Heftige Kritik an Umsetzung
Und die SPD-Bundestagsabgeordnete weiter: „Insbesondere die Legalisierung ab 18 Jahren sehe ich sehr kritisch. Zu den Volljährigen gehört auch die besonders gefährdete Altersgruppe der 18- bis 25-Jährigen. Bei Kindern und jungen Erwachsenen kann Cannabiskonsum, wie verschiedene Studien belegen, die Entwicklung des Gehirns nachhaltig schädigen und bei anfälligen Personen unter anderem zum Ausbruch von Psychosen und Schizophrenie beitragen.“ Neben möglichen fachlichen Mängel kritisiert Baradari, die tatsächliche Umsetzung der Ampel-Koalition scharf: „Mit der ursprünglich im Koalitionsvertrag vereinbarten Regelung einer kontrollierten Abgabe durch lizenzierte Fachgeschäfte hat dies nichts mehr zu tun.“
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Auch der Bundestagsabgeordnete Florian Müller (CDU) stimmte gegen das Vorhaben. Neben dem Kinder- und Jugendschutz sieht er vor allem die Verkehrssicherheit als gefährdet an: „Ich halte die Cannabis-Legalisierung für ein falsches Signal und eine falsche Entscheidung. Es wird beim Kinder und Jugendschutz und bei der Verkehrssicherheit für Unsicherheiten sorgen“, ist er überzeugt. Insbesondere die Verringerung der Jugendschutzzonen fördere die Unsicherheit. Das Mitglied des CDU-Kreisvorstands Olpe befürchtet zudem, dass auch der Grenzwert beim THC-Gehalt im Blut noch weiter hochgestuft wird und dies dann zu noch mehr Verkehrsunfällen führen könnte. Die Nichtberücksichtigung der bundesweiten Ärzteverbände hält er für einen großen Fehler.
Viele neue Regelungen
Der getroffene Beschluss ermöglicht den privaten Cannabis-Konsum ab dem 1. April. Der Erlass soll unter anderem dabei helfen, den Drogenkonsum von Jugendlichen und Kindern zu verringern und gleichzeitig den Schwarzmarkthandel einzudämmen.
Erwachsene können dann bis zu 25 Gramm Cannabis an einem Tag legal konsumieren bzw. in der Öffentlichkeit mit sich führen. Der Höchstsatz wurde im Vergleich zu den zuvor festgelegten 30 Gramm nochmals leicht herabgesenkt. Die monatliche Höchstgrenze liegt für Personen über 21 Jahren bei 50 Gramm. Junge Erwachsene bis 21 Jahren dürfen maximal 30 Gramm konsumieren.
Ebenfalls ab April erlaubt: der Anbau von Cannabissamen. Dann dürfen private Wohnungsbesitzer in Deutschland bis zu drei Pflanzen anbauen. Personen dürfen im Freien kein Cannabis in unmittelbarer Nähe zu Schulen und Kitas konsumieren – hier wurde der Mindestabstand kurzfristig nochmals von 200 auf 100 Meter verkürzt. Der zulässige Grenzwert des THC-Gehalts im Blut bei Verkehrskontrollen soll möglicherweise noch erhöht werden.
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Johannes Vogel begrüßt dagegen die Entscheidung des Bundestags. Vogel konnte aufgrund einer „langfristig geplanten Dienstreise“ nicht an der Abstimmung teilnehmen, unterstützt die Entscheidung jedoch „vollumfänglich“.
Ärzte aus Südwestfalen fassungslos
Trotz der schlechten Ausgangslage versuchten auch die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte aus Südwestfalen bis zuletzt, das neue Gesetz zu verhindern. In einem Brandbrief ließ deren Vertreter Dr. Martin Junker keinen anderen Schluss zu: „Es ist eine Schande, dass man der offensichtlichen Ohnmacht gegenüber Drogen nur mit der Zulassung einer weiteren, dazu noch im hohen Maße die Jugend gefährdenden Droge entgegenkommen will! Sie und alle Ärzte im Bundestag setzen damit Ihre Reputation und die Ärzte Ihr ärztliches Berufsethos aufs Spiel und machen sich moralisch und ethisch schuldig an der offensichtlich der Politik nicht einsichtigen neuerlichen Gefährdung der Menschen im Land! – Können Sie damit - ohne Widerspruch - noch wirklich ruhig schlafen?“, zeigt sich der Leiter der KVWL-Bezirksstelle Arnsberg völlig fassungslos.