Gerlingen. Macht jetzt eine neue Boden- und Bauschuttdeponie den Weg frei für eine Entlastungsstraße in Gerlingen? Das sind die Pläne.
Die für Gerlingen so dringend benötigte Entlastungsstraße schien zuletzt in eine Sackgasse zu steuern. Aus erhofften Fördermitteln von Land und Bund wurde nichts. Das Stemmen des Millionen-Projektes im Alleingang durch die Gemeinde Wenden scheint kaum möglich. Doch jetzt könnte sich überraschend doch noch eine Türe öffnen. In der Bürgerversammlung am Mittwochabend im Gasthof „Landmann“ informierte Bürgermeister Bernd Clemens erstmals die Öffentlichkeit über die noch ganz frischen Pläne.
Zunächst machte Clemens deutlich, dass die Gemeinde das Projekt nicht allein stemmen kann. Nur die Unterführung unter der Autobahn würde 15 Millionen Euro oder alternativ ein Tunnel 20 Millionen Euro kosten. Hinzu kommen noch Kosten für den Erwerb der Grundstücke und für ein kleines Radwegeunterführungsbauwerk im Kreuzungsbereich der Firma Dietrich. Zudem kennt noch niemand die Bodenverhältnisse unter der Autobahn.
„Die Frage ist: Kann die Gemeinde die Straße notfalls auch ohne Fördermittel finanzieren? Meine persönliche Meinung ist: Das kann ich dem Gemeinderat nicht empfehlen. 20 Millionen neben den anderen Maßnahmen an Schulen, Feuerwehrhäusern und dem Bau des Schwimmbades würde die Belastung der künftigen Generationen zu groß machen“, so der Bürgermeister. Wenn die Straße gebaut würde, gebe es eine Entlastung von 40 Prozent: „Es ist nicht gerechtfertigt, dafür mehr als 20 Millionen auszugeben.“
Die Verwaltung werde ein Gutachten, eine Kosten-Nutzen-Analyse, in Auftrag geben, so Clemens weiter: „40 Prozent wären 8000 Fahrzeuge weniger. Die Frage ist: Was wäre die Gemeinde bereit zu zahlen? Mit der Analyse haben wir eine Basis.“
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In Sachen Fördermitteln habe man sich ständig eine Abfuhr geholt, sagte Bernd Clemens: „Davon weiter zu träumen, hilft uns nicht.“ Dann ließ der Bürgermeister die Katze aus dem Sack: „Ich sehe eine absolute Chance, vielleicht die letzte.“ Dabei geht es um die Boden- und Bauschuttdeponie der Bodenbörse Südsauerland in Wenden: „Die Kapazitäten im ehemaligen Steinbruch sind in drei bis vier Jahren erschöpft. Dann ist es da voll und es darf nicht mehr abgekippt werden.“ Der Kreis Olpe sei zuständig für die Entsorgung und schon seit Jahren unterwegs, um einen Standort für eine neue Boden- und Bauschuttdeponie zu finden. Falls dies nicht hier vor Ort gelingt, müsse der Bauschutt weiter weg entsorgt werden. Und das würde richtig teuer.
Nun sei die Bodenbörse aber fündig geworden bei der Suche nach einem neuen Standort für eine Deponie. Dabei handelt es sich um das Gelände in Gerlingen südwestlich der Klärschlammanlage, das auch auf Hillmicker Gebiet liegt. „Es geht um die Deponieklasse 0, völlig unbelasteten Boden. Die Deponie würde nach den modernsten Richtlinien errichtet. Die Grundstücksverhandlungen sind weitgehend positiv verlaufen“, so Bernd Clemens, der betonte: „Es wird sicher noch viele Jahre dauern, bis die Straße gebaut wird. Wir haben als Gemeinde gesagt: Wir stimmen einer Bodendeponie in dem Bereich nur zu, wenn es in der Zwischenzeit keinen zusätzlichen Verkehr durch Gerlingen gibt.“
Die Deponie in Gerlingen könnte 20 bis 25 Jahre betrieben werden, berichtete Clemens: „Ich sehe darin eine große Chance, um an einen Millionenbetrag für die Entlastungsstraße zu kommen.“ Derzeit koste die Entsorgung einer Tonne Bauschutt 17 Euro. „Die Bodenbörse kann für die Deponie einen finanziellen Beitrag leisten. Bei zwei Euro mehr wären das zehn Millionen. Der Druck, dass das nah entsorgt werden kann, ist enorm groß. Sonst muss der Bauschutt hunderte Kilometer durch Deutschland gefahren werden. Das kann den Bau der Entlastungsstraße beschleunigen.“
Kalli Luke von der Interessengemeinschaft „Besser leben in Gerlingen“ sprach sich dafür aus, das Projekt weiterzuverfolgen, warnte aber: „Es muss sichergestellt werden, dass das Provisorium keine Dauerlösung wird und dass wir nicht die Deponie an den Hacken haben und den Verkehr.“ Es sei äußerst frustrierend, dass bei allen Gesprächen mit den Politikern in den vergangenen drei Jahren nichts herausgekommen sei, so Luke weiter: „Das ist aber jetzt ein Silberstreif. 40 Prozent weniger Verkehr sind für mich nicht wenig. Das wäre für Gerlingen ein riesiger Fortschritt.“
Noch sei nichts in trockenen Tüchern mit der neuen Deponie, so Bernd Clemens: „Die Gemeinde muss einen Bebauungsplan machen. Das wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Die Gemeinde darf nur zustimmen, wenn gewährleistet wird, dass kein zusätzlicher Lkw durch Gerlingen fährt. Das muss vertraglich geregelt werden.“ Es gebe mehrere Möglichkeiten, wie die Deponie in der Interimsphase angefahren werden könne. Eine Machbarkeitsstudie sei in Arbeit. Noch sei alles in einem sehr frühen Stadium, sagte der Bürgermeister: „Wir müssen jetzt die weiteren Gespräche abwarten.“