Olpe/Karlsruhe. Das Siegener Schwurgericht hatte einen 50-Jährigen zu über sechs Jahren Haft verurteilt. Der Verteidiger hatte Revision eingelegt.

Wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher und fahrlässiger Körperverletzung in einer Olper Obdachlosenunterkunft am 15. Oktober 2022 hatte das Siegener Schwurgericht nach einem mehrtägigen Prozess einen 50-Jährigen zu sechs Jahren und zwei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Staatsanwalt Rainer Hoppmann hatte fünfeinhalb Jahre wegen versuchten Totschlags gefordert, Verteidiger Marcel Tomczak Freispruch, da sein Mandant in Notwehr gehandelt habe.

Der Angeklagte hatte mehrfach mit einem Messer auf einen Mitbewohner (45) eingestochen, der die Tat aber überlebte. Ansatzlos habe er ihm Messerstiche in Bauch, Rücken, Arm und Hand versetzt, hatte Rainer Hoppmann beim Prozess vor dem Siegener Schwurgericht gesagt. Einen anderen Mitbewohner (33), der zur Hilfe kam, habe der Angeklagte einmal gestochen, so der Staatsanwalt weiter: „Die Verletzungen sind wegen des hohen Blutverlustes lebensbedrohlich gewesen. Er hat sehr viel Glück gehabt, dass die Stiche nicht innere Organe getroffen haben. Der Angeklagte hat mit Tötungsvorsatz gehandelt, als er in diese Körperregionen gestochen hat.“

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Verteidiger Tomczak hatte bereits nach dem Urteil der 1. Großen Strafkammer des Landgerichtes Siegen am 20. April 2023 auf Anfrage unserer Redaktion angekündigt, dass er Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) einlegen werde. Staatsanwalt Hoppmann hatte auf die Einlegung von Rechtsmitteln verzichtet. Nun hat der BGH entschieden: Es bleibt bei der Haftstrafe von sechs Jahren und zwei Monaten. Der 50-Jährige muss jetzt lange ins Gefängnis.

„Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil wird verworfen“, hat der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe entschieden. Allerdings hat der BGH den Schuldspruch dahingehend geändert, dass die vom Siegener Landgericht verhängte Einzelstrafe wegen fahrlässiger Körperverletzung entfällt. Das gesamte Verhalten des Angeklagten zum Nachteil der beiden Geschädigten stelle sich als einheitliches Tun dar, so der BGH.

Rechtliche Bewertung geändert

„Jedoch lässt der Senat die bisherige Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und zwei Monaten als nunmehr einzige Freiheitsstrafe bestehen. Der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Bewertung auf eine mildere Strafe erkannt hätte, denn durch die geänderte rechtliche Bewertung hat sich der Unrechts- und Schuldgehalt der von dem Angeklagten begangenen Tat nicht verändert“, so der Bundesgerichtshof in dem Beschluss.

Das Siegener Landgericht hatte das Mordmerkmal der Heimtücke bejaht. „Das Opfer war beim Stich in den Rücken arg- und wehrlos“, hatte die Vorsitzende Richterin, Elfriede Dreisbach, in der Urteilsbegründung gesagt. Für den Angeklagten sei die Messerattacke die einzige Chance gewesen, gegen den kräftigen und mit Alkohol im Blut brutal ausrastenden Mitbewohner anzukommen. „Er hat die Situation ausgenutzt. Deshalb haben wir auf Heimtücke erkannt“, hatte Richterin Dreisbach bei der Urteilsbegründung in Siegen gesagt.

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