Olpe/Siegen. Konjunktur-Umfrage der IHK: Energiekosten überholen Fachkräftemangel als Top-Risiko für Firmen in der Region zwischen Siegen und Olpe.

Ernste Mienen herrschten vor, als am Montagvormittag drei Vertreter der heimischen Industrie- und Handelskammer (IHK) die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage vorstellten: Denn im heimischen Handel wie in der Industrie herrscht trübe Stimmung. Eine komplexe Gemengelage zahlreicher Risiken belaste die Unternehmen, so IHK-Präsident Walter Viegener. Wie ernst die Lage sei, zeige die Tatsache, dass in der langen Reihe der IHK-Konjunkturumfragen noch nie eine so schlechte Beurteilung für die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen erfolgt sei. Die Folge: Investitionen würden aufgeschoben oder sogar ganz gestrichen, „und das ist schlecht, denn Stillstand ist Rückschritt, weil sich die Welt ja weiterdreht und anderswo investiert wird“, so IHK-Geschäftsführer Hans-Peter Langer.

Dass die Probleme den heimischen Unternehmen auf den Nägeln brenne, zeige auch die hohe Beteiligungsquote von gut 28 Prozent. Insgesamt, so Viegener, hätten 509 Unternehmen an der Umfrage teilgenommen, die für 38.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sprächen.

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Der Konjunkturklimaindex, der Lagebeurteilung und Erwartung zusammenfasst, ist zwar leicht auf einen Stand von 88 gestiegen, liegt damit aber weit unter dem Mittelwert der vergangenen 20 Jahre, der bei 107 liegt. Lediglich 14 Prozent der antwortenden Firmen gehen von einer Erholung des wirtschaftlichen Klimas in den kommenden Monaten aus, 34 Prozent befürchten das Gegenteil. Viegener: „Was fehlt, sind verlässliche Rahmenbedingungen, mehr Zuversicht, steigende Planungssicherheit und weniger bürokratische Bremsklötze.“

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Nachdem über Jahre der Fachkräftemangel vorherrschendes Problem war, haben dies nun die hohen Energie- und Rohstoffpreise als größtes Risiko abgelöst. Auf den Plätzen dahinter folgen die wirtschaftpolitischen Rahmenbedingungen, die Inlandsnachfrage und erst dann der Fachkräftemangel. Langer: „Das Vertrauen in die Bundesregierung schwindet merklich. Es herrscht der Eindruck vor, dass sich die politischen Entscheider im lähmenden Kleinklein verzetteln.“

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Analog zu den Erwartungen verlaufen die Beschäftigungspläne der Unternehmer. Lediglich 13 Prozent rechnen mit einem Anstieg der Mitarbeiterzahl, 23 Prozent gehen von einem Rückgang aus. Doch auch ein wenig Licht im Dunkel ist zu sehen: Die finanzielle Lage der heimischen Unternehmen bleibe in weiten Teilen stabil und robust.

Die Brücken sind nicht in anderthalb Jahren kaputtgegangen.
Walter Viegener - IHK-Präsident

Bei der Industrie sieht die Lage weniger dunkel aus als beim Handel. Und ein kleiner Unterschied unter den beiden Kreisen: In Siegen-Wittgenstein sorgt der hier deutlich stärkere Maschinenbau mit vergleichsweise besseren Prognosen für etwas bessere Stimmung als im Kreis Olpe mit seinen energieintensiven Firmen. Die Baubranche meldet noch eine gute Geschäftslage, indes düstere Aussichten. Tief- und Ausbau vermelden noch einen zumindest zufriedenstellenden Auftragsbestand, das sieht bei Hoch- und Wohnungsbau ganz anders aus. Der Handel leidet unter Konsumzurückhaltung, ganz besonders betroffen: der Fahrzeughandel.

Einzig der Bereich Dienstleistung sticht positiv hervor; hier hat sich die Anzahl der Unternehmen mit guter Geschäftslage im Vergleich zum Herbst auf 37 Prozent geradezu verdoppelt. Verkehrs- und Transportgewerbe freilich bleiben hier außen vor, ächzend unter hohen Kraftstoff- und gestiegenen Mautkosten. Deutlich eingetrübt auch die Stimmung im Gastgewerbe, sowohl, was den touristischen als auch den Geschäftskundenbetrieb angeht. Häger: „Neben den hohen Energie- und Rohstoffpreisen schlägt die Mehrwertsteuererhöhung bei zahlreichen Gastronomen nun voll ins Kontor. Die Finanzlage ist bereits bei mehr als der Hälfte der Befragten angespannt.“

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Viegener berichtet, bei den zahlreichen regelmäßigen Hintergrundgesprächen zwischen IHK und heimischen Abgeordneten spüre er Verständnis und Einsehen bei Vertretern aller politischen Kräfte, doch könne der einzelne nichts ändern. „Wir brauchen auf breiter Basis die Einsicht, dass wir Bürokratieabbau dringend brauchen, das ist ein Hemmschuh für unsere Entwicklung“, so Viegener, der einräumte, dass die aktuellen Probleme zum Großteil nicht erst seit dem Amtsantritt der „Ampel“ in Berlin entstanden seien. „Die Brücken sind nicht in anderthalb Jahren kaputtgegangen. Das Beispiel Verkehrsinfrastruktur zeigt, dass schon seit Jahren in vielen Bereichen und von allen Seiten falsche Prioritäten gesetzt worden sind“, so Walter Viegener. „Und das trifft ja nicht nur die Autobahnen, sondern im zunehmenden Maße auch die Umgehungsstraßen. Wir appellieren nach Berlin wie nach Düsseldorf, und uns wird auch gesagt, dass man verstanden hat. Ich persönlich freue mich über jede Autobahnbaustelle, weil man da merkt, dass etwas getan wird.“ Ganz fatal, so Viegener, wäre es, wenn vermehrt Menschen das Heil auf der links- oder der rechtsextremen Seite suchen. „Die Menschen haben Sehnsucht nach Verlässlichkeit, und die bekommen wir nicht, wenn wir die Wurzeln an die Demokratie legen.“ Daher hoffe er, dass die Proteste der Menschen gegen das Erstarken der extremen Rechten nicht nachlassen.