Grevenbrück. Janina Müller hat eine neue Ergotherapie-Praxis in Grevenbrück eröffnet. Besonders kleine Patienten liegen ihr am Herzen.

Das medizinische bzw. therapeutische Angebot in Grevenbrück wächst weiter. Nach der Eröffnung des Hausarztzentrums Sauerland vor vier Wochen gibt es jetzt die nächste Neueröffnung im Ort. Janina Müller startet am 1. Februar mit ihrer neuen Praxis für Ergotherapie in der Kölner Straße 119. Kleinen und großen Patienten, also vom Säuglings- bis zum Seniorenalter, möchte sie nach Erkrankungen, Unfällen, also dann, wenn die Handlungsfähigkeit im Alltag eingeschränkt ist, etc. wieder eine bessere Lebensqualität verschaffen. Einer der besonderen Schwerpunkte der Praxis ist die Behandlung von Kindern.

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Es riecht noch ganz frisch in den renovierten Räumen in der Kölner Straße, wo bis Herbst letzten Jahres noch eine Praxis für Physiotherapie zu Hause war. In den letzten Wochen hatten hier die Handwerker das Sagen, alle Räume wurden renoviert, bekamen neue Böden und Möbel. Jetzt, kurz vor dem Start, ist auf den 110 Quadratmetern alles an seinem Platz. Die 31-Jährige freut sich auf den Neustart in der eigenen Praxis. Schon seit 2018 praktizierte die staatlich anerkannte Ergotherapeutin im Therapiezentrum Müller in Elspe, wo ihr Stiefvater Wolfgang Müller seit 40 Jahren eine Praxis für Physiotherapie betreibt.

Doch dort reichte der Platz für das immer größere Behandlungsspektrum nicht mehr aus. Mit wachsender Patientenzahl wurde auch die Warteliste immer länger „und es tut einem leid, wenn man die Leute vertrösten muss“, sagt die Mutter einer vierjährigen Tochter, die in Grevenbrück und Elspe aufgewachsen ist, in Lennestadt zur Schule ging und mit 17 Jahren ihre Ausbildung zur Ergotherapeutin in Bestwig begann. Nach dem Abschluss 2014 folgten Anstellungen in Bad Fredeburg (Tagesklinik) und Eslohe sowie viele Aus- und Weiterbildungen, u. a. zur Fachtherapeutin der Rheumatologie und in Pädiatrie, also der Behandlung von Kindern, ihr großes Steckenpferd.

Zu wenige Ergotherapeuten

Im Kreis Olpe gibt es rund ein Dutzend Praxen für Ergotherapie, die den großen Bedarf nicht decken können. Nicht nur Janina Müller muss Wartelisten führen. Vor wenigen Jahren noch mussten Ergotherapeuten ihre Ausbildung selbst zahlen. Heute gibt es „Schulgeld“ vom Land Nordrhein-Westfalen. Seitdem steigen die Ausbildungszahlen an.

Im Zeitraum von 2018 bis 2022 sind laut Gesundheitsministerium NRW die Ausbildungszahlen um 86 Prozent gestiegen. Für die Schulgeldfreiheit in allen Gesundheitsberufen (Logopädie, Physiotherapie und Ergotherapie) stellte das Land in 2023 mehr als 63 Millionen Euro zur Verfügung. „Den Therapieberufen kommt eine wichtige Rolle bei der Versorgung der Bevölkerung zu“, betont Minister Karl-Josef Laumann.

Für alle Interessierten, die in die neuen Praxisräume hineinschnuppern möchten, ist die Ergotherapie-Praxis Janina Müller am Sonntag, 4. Februar, von 13 bis 16 Uhr, geöffnet. Infos unter www.ergotherapie-müller.de.

Die Ausbildung als Ergotherapeut findet an staatlich anerkannten Schulen statt und ist durch Bundesgesetz und die dazu erlassene Ausbildungs- und Prüfungsordnung geregelt. Weitere Infos dazu finden Sie auf der Internetseite der Bezirksregierung Arnsberg unter www.bra.nrw.de.

Was viele nicht wissen: Bereits im Kleinkind- und Vorschulalter benötigen viele Kinder ergotherapeutische Unterstützung. „Ich habe auf der Warteliste rund 20 Kinder“, sagt Janina Müller. Diagnosen sind ADS oder ADHS, Probleme bei Fein- und Grobmotorik, Lernstörungen, Wahrnehmungsstörungen, Störungen im Sozialverhalten bis hin zu Entwicklungsstörungen. „Es fällt oft erst im Kindergarten oder in der Schule auf, dass einige Kinder sich beim Malen, Schreiben oder in sozialen Interaktionen schwer tun“, so die Ergotherapeutin. Natürlich sei dies oft völlig normal, „aber es gibt Zeitfenster, in denen bestimmte Entwicklungen stattfinden sollten.“ Erzieherinnen und Lehrer seien heute dafür viel sensibilisierter und gingen viel mehr darauf ein. Eltern entwickelten oft ein „Bauchgefühl“ dafür, ob ihr Kind Defizite hat. „Dann sollten die Eltern mit ihrem Kinderarzt sprechen“, empfiehlt Janina Müller. Der Arzt kann eine ergotherapeutische Therapie verordnen.

Je früher man mit der Therapie startet, desto größer sind die Erfolgsaussichten.
Janina Müller, Ergotherapeutin

„Klassiker“ bei Defiziten von Kindern seien zum Beispiel „falsche“ Stifthaltung oder motorische Unruhe, „viele haben auch Defizite bei Konzentration und Organisation.“ Mit richtiger Ergotherapie lassen sich viele Defizite beheben. „Je früher man startet, desto größer sind die Erfolgsaussichten“, sagt die 31-Jährige. Ganz wichtig sei die Elternarbeit und auch der Austausch mit Erzieherinnen bzw. Pädagogen in Kita und Schule. „Das ist der Dreh- und Angelpunkt der Kinder“, sagt die Praxisinhaberin, die auch Hausbesuche anbietet.

Genauso wichtig sei, dass die Eltern zu Hause mitarbeiten. Das sei manchmal schwierig zu vermitteln. „Viele können mit Ergotherapie nicht viel anfangen und meinen, das bringe nichts.“ Ergotherapie bei Kindern sehe manchmal recht spielerisch aus, aber dahinter stecke viel mehr, erklärt die Therapeutin. Im Sinne des Alltagstransfers arbeite man heute an konkreten Zielen, um Alltagsschwierigkeiten bestmöglich zu beheben. Wichtig sei die Aufklärung der Eltern, wieso, weshalb und warum man etwas tue. Ursache einer Konzentrationsschwierigkeit könne eine mangelnde Körperwahrnehmung, visuelle Wahrnehmungsstörung, fehlende Körperspannung oder schlichtweg ein unpassendes Lern- und Hausaufgabenumfeld sein. „Deshalb schauen wir uns zu Beginn der Therapie auch den Alltag an.“