Kreis Olpe. Allerdings steigt die Gefahr von Windwurf. Ein Pilz wird zum Gehilfen der Förster. Forstunternehmer müssen auf Trockenheit warten.

Der anhaltende Regen sorgt bei den meisten Menschen für Stirnrunzeln. Flüsse steigen an, die Talsperren sind voll, schon mancher Keller wurde leergepumpt. Dennoch gibt es auch Menschen, die sich über jeden Tropfen freuen, der vom Himmel fällt. Dazu gehören die Waldbesitzer und Förster. Denn die anhaltende Nässe erweist sich als mächtiger Helfer gegen einen hartnäckigen Feind: den Borkenkäfer.

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Wie der neue Leiter des Forstamts Kurkölnisches Sauerland in Olpe, Marlon Ohms, in einem Rundbrief an die Mitarbeiter schreibt, hat das gesamte Jahr 2023 durch seine feuchte Witterung schon dafür gesorgt, dass der malträtierte Wald, so Ohms, „einmal die Gelegenheit durchzuatmen“ hatte. Der Forstamtsleiter: „Auch wenn wir im Forstamtsbereich in den letzten Jahren leider bereits ca. 50 Prozent der Fichtenfläche verloren haben, spielt die Bekämpfung des Borkenkäfers insbesondere im nördlichen und östlichen Kreisgebiet weiter eine entscheidende Rolle.“ Im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt Ohms, dass der westliche und südliche Bereich des Kreises durch die Borkenkäferkalamität praktisch frei von Fichten sei. „Richtung Heinsberg und Oberhundem sieht das noch anders aus“, so Ohms, und durch die anhaltend feuchte Witterung bestehe nun die Chance, dass es zumindest mittelfristig im Kreis Olpe noch Fichten geben wird.

Marlon Ohms, Leiter des Forstamts Kurkölnisches Sauerland in Olpe.
Marlon Ohms, Leiter des Forstamts Kurkölnisches Sauerland in Olpe. © Jörg Winkel | Jörg Winkel

Denn eine gesunde Fichte könne rund 100 Käferangriffe abwehren: Der Baum produziert an den Stellen, an denen die Käfer die Borke anbohren, gezielt viel Harz und „kleistert“ den Angreifer ein. In den vergangenen Jahren kam es zu einem Teufelskreis: Durch Trockenheit schafften die Bäume es nicht, genug Harz zu produzieren, die Käfer konnten sich erfolgreich unter die Rinde bohren und sich dort in großer Zahl vermehren. Lange Sommer ließen eine Generation mehr Käfer heranreifen als im Durchschnitt, sodass so viele Käfer auf die Bäume losgingen, dass auch eine gesunde Fichte nicht mehr genug Harz produzieren konnte – mit den bekannten Folgen.

Pilz gedeiht bei feuchter Wärme

Und ein unsichtbarer kleiner Helfer ist ebenfalls dabei, die Försterinnen und Förster bei ihrer Arbeit zu helfen. Beauveria bassiana ist der wissenschaftliche Name eines Pilzes, der als Parasit bestimmte Insekten befällt, darunter eben auch den Borkenkäfer. Insbesondere die Brut der Käfer ist dem Pilz eine willkommene Nahrungs- und Wachstumsgrundlage, aber auch adulte Tiere sterben, wenn Beauveria bassiana die Chance hat, sich zu entwickeln, und dies ist insbesondere bei feuchter und warmer Witterung der Fall. Daher freuen sich die Forstfachleute derzeit über diese Pilzernte der besonderen Art, weil insbesondere eine Reduktion der im Boden überwinternden Käferbrut die bislang exponentielle Zunahme von Buchdrucker und Kupferstecher verhindern kann.

Flache Wurzeln bieten wenig Halt

Allerdings sind alle Prognosen, das betont Ohms, ein „Blick in die Glaskugel“. Denn mit jedem weiteren Aufweichen des Waldbodens verlieren die flachwurzelnden Fichten an Halt. Und das könnte bei einem Sturm für Windwurf sorgen und damit die Bäume auf andere Weise vernichten.

Meine Rückemaschinen stehen seit dem 26. Oktober praktisch still
Michael Alterauge - Forstunternehmer

Forstunternehmer Michael Alterauge aus Drolshagen sieht die derzeitige Witterung mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Lachend, weil er sich über die für den Wald nachhaltigen Folgen freut. Weinend, weil er derzeit fast nicht arbeiten kann. „Meine Rückemaschinen stehen seit dem 26. Oktober praktisch still“, so Alterauge: In der Zeit, in der sonst auf gefrorenen Waldböden große Mengen Holz abgefahren werden können, ohne den Boden groß zu zerstören, könne derzeit gar nicht gerückt werden. „Wir würden den Waldboden regelrecht kaputtfahren“, so Alterauge. Und inzwischen hat er auch die Arbeit mit den Vollerntemaschinen eingestellt, den sogenannten Harvestern. Diese können eigentlich auch auf nassen Böden arbeiten: Sie fahren auf Rückegassen in den Wald, greifen seitlich in die Bestände, fällen und entasten Bäume und legen das Astwerk so aus, dass die Maschine darauf fahren kann. So wird der ohnehin durch Ballonreifen minimale Bodendruck noch weiter verteilt.

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Allerdings habe er nun auch die Arbeit mit den Harvestern eingestellt: „Wir haben zum Beispiel in Hünsborn versucht, ein paar Waldwege freizuräumen. Die Bäume stehen da ja fast wie auf Wackelpudding, so weich ist der Boden, und da es derzeit immer wieder Windböen gibt, wären meine Leute dann in Gefahr, daher bleiben diese Maschinen nun auch stehen.“ Diesbezüglich staue sich nun eine Menge Arbeit auf, die erst nach einer längeren Regenpause angegangen werden könne – mit Folgen: „Ich hörte von ersten Sägewerken, die jetzt trockenlaufen, weil sie kein Holz mehr aufs Gatter bekommen“, so der erfahrene Forstunternehmer. Mit anderen Worten: Für irgendwen ist jedes Wetter schlecht.