Olpe/Ottfingen. Marlon Ohms ist 31 Jahre alt und neuer Leiter des Forstamts in Olpe. Im Interview erzählt er, warum die Lärche einer seiner Lieblingsbäume ist.

Das Forstamt Kurkölnisches Sauerland in Olpe steht seit dem 1. August unter neuer Leitung: Marlon Ohms, bisheriger Stellvertreter von Jürgen Messerschmidt, hat seinen Chef abgelöst. Ohms übernimmt in bewegten Zeiten: Die Borkenkäferkalamität in Verbindung mit immer häufigeren Unwettern beschleunigen den Waldumbau hin zu einem klimastabilen Kohlendioxid- und Wasserspeicher, der gleichzeitig Rohstofflieferant ist. Marlon Ohms stand uns im Interview Rede und Antwort.

Wie sind Sie beruflich mit dem Thema Forst in Verbindung gekommen?

Ich hatte schon als Kind großes Interesse an der Natur. Ich wurde groß in einem Zimmereibetrieb mit angeschlossenem Sägewerk, da wurde das Holz auch noch selbst eingeschnitten. Darüber habe ich erste Praktika begonnen, und nach dem ersten Tag Forstpraktikum war für mich eigentlich alles klar.

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Seit wann sind Sie in Olpe?

Ich komme gebürtig aus Ostwestfalen, genauer: aus Lügde. Ich habe in Göttingen studiert, und nach Bachelor und Master bin ich nach Nordrhein-Westfalen zurückgekehrt. Mein Referendariat habe ich in Minden absolviert, einen kleinen Umweg über Ostwestfalen-Lippe nach Arnsberg genommen, wo ich das Thema Forsteinrichtung vertieft habe. Seit 2020 bin ich in Olpe, war dort bisher verantwortlich für den Bereich Staatswald und auch stellvertretender Forstamtsleiter.

Mit 31 Jahren sind Sie der jüngste Forstamtsleiter in Westfalen. Ein Generationswechsel?

Ja, das ist wohl einer. Zunächst ist es für mich eine Ehre, in so jungen Jahren schon so viel Verantwortung zugesprochen zu bekommen. Es ist in der Forstverwaltung nicht anders als in anderen Verwaltungen und vielen Firmen: In den nächsten Jahren steht eine gewaltige Pensionierungswelle bevor. Im Wald würde man von einer „relativ ungesunden Alterklassenstruktur“ sprechen. Das Nachbesetzen ist keine leichte Aufgabe, von den Verwaltungsstellen bis in die Reviere und die Forstwirte, die wir ja auch ausbilden. Allein um Bewerbungen zu bekommen, früher ein Selbstläufer, müssen wir enormen Input leisten.

Wenn Sie vor die Tür des Forstamts treten, sehen sie zwei Baukrane. Genau gegenüber entsteht der Neubau ihres Amtsgebäudes. Ist das eine Last?

Es ist zumindest eine zusätzliche Aufgabe, draufgesattelt auf all das, was durch Klimawandel und Energiewende ohnehin zu tun ist. Aber es ist natürlich auch eine schöne Aufgabe. Geplant wird das neue Forstamt ja schon praktisch seit 20 Jahren. Es wird ein Holzbau, mit Solarzellen und einer Hackschnitzelheizung, also ein Gebäude, das unsere Philosophie widerspiegelt. Dazu die Waldwerkstatt im Keller, die unseren „Waldweg grenzenlos“ ergänzt. Zudem ist es das erste Forstamt, das der Landesbetrieb Wald und Holz selbst baut und das wieder uns gehören wird und nicht dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes – das ist spannend und macht auch Spaß, mit dafür zu sorgen, dass die Kolleginnen und Kollegen einen modernen und tollen Arbeitsplatz bekommen werden. Manche haben ja schon nicht mehr geglaubt, dass je gebaut wird, aber die Haselmaus hat ihr Ersatzhabitat angenommen, alle Hürden sind aus dem Weg geräumt und inzwischen ist die Bodenplatte gegossen. Wir hoffen, dass noch im August das Kellergeschoss fertig ist.

Wer die heimischen Wälder besuchen will, steht oft vor leeren Hängen. Hätten Sie sich so etwas wie die Käferkalamität im Studium vorstellen können?

Nein, in diesem Ausmaß nicht. Klar war der Borkenkäfer im Studium immer ein Thema. Es gab ja auch in der Vergangenheit immer wieder Käferschäden. Aber in dieser geballten Härte und Geschwindigkeit, wie wir das zu spüren bekommen, hätte ich mir das nicht vorstellen können. Es war ja schon lange klar, dass die Fichte hier im Mittelgebirge nicht den besten Standort hat und der Waldumbau in Richtung Klimabeständigkeit hatte längst begonnen. Dass uns das so einholt, war für mich nicht vorstellbar.

Beim Thema Waldbau herrscht ein Streit der Experten. Die einen sagen: Lasst wachsen, was kommt, die anderen suchen auf der ganzen Welt nach Baumarten, die besser mit Hitze und Trockenheit umgehen können. Was ist Ihr Rezept?

Die allergrößte Rolle muss spielen, dass wir mischen. Was die Baumarten angeht, darf man nicht auf wenige Sorten setzen. Wir wissen ja nicht, was mit dem weiteren Klimawandel für Schädlinge nachkommen. Wir müssen eines erreichen: dass wir nie wieder vor solchen Kahlflächen stehen. Ich kann mir praktisch gesehen gut vorstellen, das, was wie Birke und Erle an natürlichen Vorwäldern entsteht, als Grundlage zu nutzen und mit klimastabilen Bäumen auszubauen. Das ist eine Aufgabe, die nicht in fünf Jahren zu bewältigen ist – vermutlich werde ich bis zum Ruhestand nicht sagen können, es ist geschafft.

Viele Ihrer Kolleginnen und Kollegen leiden regelrecht unter den Waldschäden und der Kalamität. Was sagen Sie denen?

Die Käferkalamität ist nicht nur ein immenser materieller Schaden für die Waldbesitzer, sondern auch eine mentale Geschichte. Unsere Revierleiter haben ja alles versucht, gegen den Käfer anzukämpfen, befallene Bäume in Hochgeschwindigkeit aus dem Wald gebracht. Aber die Lage war so schlimm, dass wir mit unseren Mitteln einfach nicht zum erwünschten Ziel kamen. Das belastet. Ich sage ihnen: Wir dürfen den Kopf nicht in den Sand stecken. Nicht der Blick zurück ist wichtig, sondern wir müssen nach vorn, in die Zukunft, schauen und die Krise auch als Chance begreifen. Denn wenn die Kalamität etwas Gutes hat, dann dass wir Dinge umsetzen können, die früher gar nicht vorstellbar gewesen wären.

Immer noch ein Streitpunkt ist das Thema Windkraft im Wald. Wie stehen Sie dazu?

Die Politik hat es möglich gemacht und Kalamitätsflächen für den Bau von Windenergieanlagen geöffnet. Das ist gut: Zum einen brauchen wir die Windenergie für die angestrebte Energiewende. Zum anderen ist sie eine wichtige Einnahmequelle für die Waldbesitzer, denen ihr eigentliches Kapital genommen wurde. Ich bin aber auch der Meinung, dass bei der Planung wohldosiert vorgegangen werden muss. Wir dürfen in Südwestfalen nicht von einem Extrem ins andere fallen.

Wird es auch Windräder auf forstamtseigenen Flächen, also Staatswald, geben?

Nahe der Kreisgrenze, bei Lieberhausen, gibt es schon ein Windrad auf Staatswaldgebiet. Und derzeit werden mehrere Projekte im Kreis geplant, wo auch Staatswaldflächen einbezogen werden.

Das Forstamt Kurkölnisches Sauerland in Olpe hat mit dem „Waldweg grenzenlos“ eine Besonderheit. Was bedeutet er für Sie?

Wie das Thema Bildung für das Forstamt insgesamt eine ganz wichtige Sache. So wichtig die Digitalisierung ist, so wichtig bleibt es aber auch, dass Kinder mit der Natur verbunden sind. Der „Waldweg grenzenlos“ und auch unsere geplante Waldwerkstatt haben das Ziel, den Wald erlebbar zu machen. Ich möchte, dass wir den Waldweg weiterpflegen und auch weiterentwickeln. Das Blindenleitsystem und einige Stände sind in die Jahre gekommen und müssen überarbeitet werden, das ist in Arbeit. In jüngerer Vergangenheit wurde ja schon einiges getan, sodass man auch wieder mit Rollstühlen darüberfahren kann. Das ist schon etwas anspruchsvoller als normaler Waldwegebau.

Haben Sie einen Lieblingsbaum?

(überlegt lange) Zu meinen Lieblingsbäumen gehört definitiv die Lärche. Sie hat wunderschönes, widerstandsfähiges Holz, bislang hält sie auch einigermaßen im Kampf gegen den Käfer durch. Das ist ein Baum mit einem unglaublichen Verjüngungspotenzial.

Die Birke galt lange als Unkraut, wird nun aber ganz anders gesehen. Mit Recht?

Ich dachte eigentlich, das sei längst schon vorbei damit, aber tatsächlich denkt mancher alte Waldbesitzer immer noch so. Dabei wird Birkenholz inzwischen immer öfter nutzbar gemacht, beispielsweise auch für Furniere.

Im Zuge der Heizungsdebatte wurde die Forderung energisch diskutiert, das Heizen mit Holz zu unterbinden. Was halten sie davon?

Auf EU-Ebene wird das ja immer noch diskutiert, aber das Ganze hat sich beruhigt. Und das ist auch gut so. Holz, das energetisch verwendet wird, ist ja minderwertiges Holz, das sich für eine andere Nutzung nicht eignet. Da ist es doch besser, es energetisch zu verwerten als gar nicht.

Forst und Jagd sind eng verzahnt. Für Sie auch?

Derzeit leider nicht, es ist oft zeitlich schwierig. Aber in einigen Wochen werde ich einen Hund kaufen, den ich auch jagdlich ausbilden will, und dann werde ich mir wieder mehr Zeit nehmen. Ich erfülle dann zumindest in einem Punkt ein Klischee, denn wie in alten Bilderbüchern bin ich dann Förster mit Rauhaardackel. Und beruflich werde ich Jürgen Messerschmidt im Jagdbeirat beim Kreis als Untere Jagdbehörde ablösen. Das Zusammenspiel von Forst und Jagd ist ein wichtiges Thema.

Auch beim Wolf?

Das Thema Wolf ist für uns als Förster zumindest hier in Südwestfalen tatsächlich weniger entscheidend als für die Landwirtschaft und die Bevölkerung. Er fällt ja bislang nicht unter das Jagdrecht, sondern den Naturschutz. Ich halte es aber für wichtig, dass wir die Frage klären, ob unsere Kulturlandschaft den Platz für ihn hergibt. Darüber müssen wir uns intensive Gedanken machen.