Lennestadt. Mehrere Meter hoch sind die Baumstümpfe im Bereich Hohe Bracht. Viele fragen sich, was es damit auf sich hat. Jetzt ist das Geheimnis gelüftet.

Es hat einige Zeit gedauert, aber jetzt ist das Geheimnis über die mehrere Meter hohen Baumstümpfe im Bereich Hohe Bracht gelüftet. Es handelt sich um eine Naturschutzmaßnahme.

Viele Wanderer und Spaziergänge im Waldgebiet an der Hohen Bracht und in Richtung Benolper Kreuz wunderten sich in den letzten Monaten über hohe Baumstümpfe, die in dem abgeholzten Waldgebiet bewusst nicht in Bodennähe abgeholzt wurden, sondern erst in vier bis fünf Metern Höhe. Niemand konnte sich einen Reim darauf machen, was dieses ungewöhnliche Prozedere für einen Sinn haben sollte.

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Aber im Ökosystem Wald geht es nicht nur um die Bäume, sondern um viele andere Lebewesen, für die die passenden Grundlagen zum Überleben geschaffen werden müssen. „Es gibt viele, viele Lebewesen, die darauf angewiesen sind, dass es im Wald stehendes Totholz gibt, in dem sie sich entwickeln können“, erklärt Jürgen Messerschmidt, Leiter des Regionalforstamts Kurkölnisches Sauerland in Olpe. Deshalb verzichten die Förster im Staatswald darauf, nach einem Kahlschlag das gesamte Areal mit schwerem Gerät zu mulchen, sondern lassen eine gewisse Menge an Totholz stehen. Diese Taktik ist nicht neu. „Wir haben in vielen Bereichen ganze Bäume stehen lassen, davon sind wir in Teilen aber abgerückt, wir lassen nur noch einzelne Stümpfe stehen“, erklärt Messerschmidt.

Frühere Praxis sorgte für Ärger

Die frühere Vorgehensweise des Forstamts, die befallenen, braunen Fichten einfach stehen zu lassen, statt so schnell wie möglich aus dem Wald zu entfernen um so ein Überspringen des Käfers auf benachbarte Wälder zu verhindern, hatte seinerzeit viele privaten Waldbesitzer verärgert. Das Forstamt würde so die Ausbreitung des Borkenkäfers geradezu fördern (wir berichteten).

Die toten Stammreste haben aber durchaus ihren Sinn und Zweck. „Die Stämme verrotten im Laufe der Jahre. Wenn sie dann umfallen, finden sich in liegendem Totholz wieder ganz andere Lebensgemeinschaften ein, Pilze und Käfer zum Beispiel“, sagt der Forstamtsleiter. Den weiteren Effekt, dass die verbliebenen Stämme in den trockenen und heißen Monaten jungen Pflanzen in der Nachbarschaft Schatten spenden, will der Fachmann nicht ausschließen. „Ja, es ist ein gewisser, wenn auch nur kurzzeitiger Schatteneffekt für die neuen Waldbestände gegeben.“

Wie Marterpfähle sehen sie auch die, die vier bis fünf Meter hohe Baumreste am Benolper Kreuz. Das
Wie Marterpfähle sehen sie auch die, die vier bis fünf Meter hohe Baumreste am Benolper Kreuz. Das "stehende Totholz" soll Insekten und Kleinlebewesen als Lebensraum dienen.  © Volker Eberts

Bei der Wiederanpflanzung der Kalamitätsflächen, auf denen der Borkenkäfer alle Bäume, in erster Linie Fichten, vernichtet hat, lassen die Staatsförster zunächst der Natur den Vorrang. „Birken, Ebereschen und Lärchen, wenn sie in der Nähe sind, und auch wieder Fichten werden sich einfinden, es ist ja genügend Samen im Boden vorhanden“, so Jürgen Messerschmidt. Wo diese Naturverjüngung nicht funktioniert, greift der Mensch bzw. der Förster ein. „Dann werden wir angepasste Baumarten dazwischenpflanzen. Letztendlich haben auch wir, wie jeder Grundeigentümer, eine Verpflichtung, Kahlflächen wieder aufzuforsten oder in Verjüngung zu bringen, so sieht es das Forstgesetz vor“, so Messerschmidt.

Frist wurde verlängert

Allerdings hat der Gesetzgeber die Frist, bis wann Kahlflächen wieder aufgeforstet werden müssen, verlängert. „Wir haben die Ermächtigung, das nicht sofort zu tun, sondern wegen der Menge der Flächen ein oder zwei Jahre draufzupacken“, erklärt der Forstamtsleiter. Auch, weil die neuen Pflanzen knapp sind. „Die Baumschulen schaffen es nicht, die benötigten Pflanzen zu liefern, um alle Flächen in der gesetzlichen Frist wieder aufzuforsten.“ Nach spätestens fünf Jahre sollten aber alle Kahlflächen wieder in der Verjüngung oder aufgeforstet sein. Ob die Naturverjüngung funktioniert oder nicht, das könne man meistens bereits im ersten Jahr sehen.

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Werkzeug zum Aufforsten

Über die Frage, was der beste Baumarten-Mix angesichts des Klimawandels ist, wurde lange diskutiert. Jetzt gibt es mittlerweile neue Erkenntnisse und Empfehlungen. Hier bietet der Landesbetrieb Wald und Holz unter waldinfo.nrw.de ein relativ einfaches digitales Werkzeug, mit dem sich jeder Waldbesitzer die richtige, klimaresistente Mischung für seinen Waldstandort anzeigen lassen kann. Dabei kann er sogar zwischen den beiden Szenarien Starker und Gemäßigter Klimawandel auswählen. Denn die Auswahl der Baumarten-Zusammensetzung hängt von viele Standortfaktoren wie Gestein, Hanglage, prognostizierte Niederschlagsmenge etc. ab.

Auch, wenn viele hierzulande das Gefühl haben, in Sachen Borken­käfer sei mittlerweile das Schlimmste überstanden, kann der Forst­amtsleiter keine Entwarnung geben. Nach wie vor sei der Borkenkäfer aktiv, so Jürgen Messerschmidt. Im Winter seien viele Käfer abgestorben, „aber die Witterung der letzten Wochen war wieder sehr gut für ihn und im Norden und Osten des Forstamtsbezirks existieren noch viele Hektar Fichtenwald.“ Dass der Borkenkäfer um diese einen Bogen macht, ist nicht zu erwarten.