Heggen. Der Traditionsgaststätte Schriener aus Heggen drohte im Frühjahr 2024 das Aus. Doch nun übernimmt Andre Wilmes von seinem Vater Hubert.
Immer weniger Dörfer im ländlichen Raum genießen das Privileg, noch eine Gaststätte im Ort zu haben. Beinahe flächendeckend scheiden Gastronomen aus Alters- und Gesundheitsgründen oder aufgrund wirtschaftlicher Zwänge aus und schließen ihre Kneipen – zum Leidwesen vieler Dorfbewohner. Denn Nachfolger finden sie in aller Regel nicht. Doch es gibt erfreuliche Ausnahmen, wie das Beispiel der Traditionsgaststätte Schriener aus Heggen zeigt: Die im Jahr 1886 gegründete und seit jeher im Besitz der Familie Wilmes befindliche Gastwirtschaft wird über das Frühjahr 2024 hinaus geöffnet bleiben. Senior Hubert Wilmes (69), der im Jahr 1982 von seinen Eltern übernahm, gibt den Staffelstab zum Jahreswechsel an seinen Sohn Andre (26) weiter. Seit wenigen Tagen besitzt der Junior die notwendige Genehmigung.
Dabei war lange Zeit unklar, ob der Sohnemann vom Vater, der spätestens nach den umsatzstarken Karnevalstagen Ende März 2024 aufgehört hätte, übernehmen würde. Immerhin arbeitet der 26-Jährige im Hauptberuf als Fahrlehrer, zudem hängt sein Herz seit Kindestagen an der Feuerwehr, in der er alsbald zum stellvertretenden Jugendfeuerwehrwart der Gemeinde Finnentrop bestellt wird. Zeit ist rar. Doch genau dieser Umstand, dass Andre Wilmes seit 2020 Jugendlichen das Autofahren beibringt und nicht mehr als Verkäufer arbeitet, kommt ihm nun zugute: „Mein Job als Fahrlehrer gibt mir die Flexibilität, um parallel den Gasthof weiterzubetreiben“, betont der junge Mann, der diese Entscheidung natürlich mit seinem Arbeitgeber abgesprochen habe. „Außerdem feiern wir im Jahr 2026 den 140. Geburtstag vom Gasthof Schriener, so eine lange Tradition wirft man nicht einfach weg. Ich möchte das bewahren, was wir im Dorf noch haben“, fühlt sich Andre ein Stück weit dazu verpflichtet, in die Fußstapfen seiner Eltern, Großeltern und Urgroßeltern zu treten.
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Sein Vater Hubert habe ihn dazu aber nie gezwungen. Die erfolgreichen Zeiten der 1990er-Jahre, in denen unendlich viel Bier im Schriener gezapft wurde, hat der 69-Jährige genauso miterlebt wie die vergangenen Jahre, „in denen es eine ganze Ecke ruhiger geworden ist“. Er weiß also um die Herausforderungen, die sein Sohn in den nächsten Monaten und Jahren zu meistern hat, in Zeiten von Personalknappheit, Inflation und Energiekrise.
Die mittelfristige Zukunft des urigen Lokals steht und fällt daher mit den Gästen, die freitags bis sonntags sowie alle zwei Wochen donnerstags ab 17 Uhr vorbeikommen. Die Öffnungszeiten bleiben also nahezu unverändert. Und die, sofern sie vorbestellen, auch wieder etwas auf die Gabel bekommen werden. Das war in den vergangenen Jahren immer seltener der Fall, der Koch sprang schon vor geraumer Zeit ab, der Gasthof war seitdem eine reine Bierkneipe. Er blieb in all diesen Jahren aber auch Ort für Trauerfeiern, Geburtstage, Generalversammlungen oder Vorstandssitzungen der örtlichen Vereine. Zudem gibt es hier eine Kegelbahn und bei schönem Wetter können die Gäste auf der Terrasse sitzen. Daran soll und wird sich nichts ändern.
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Überhaupt, mit großen Veränderungen plant Andre Wilmes nicht. Er sagt: „Ich arbeite mit dem, was ich habe.“ Damit meint er nicht nur das Interieur, sondern auch „sein“ Personal. Eine Servicekraft steht ihm zur Seite, vor allem an den beiden Donnerstagen im Monat. Freitags und samstags steht er dann selbst am Zapfhahn, sonntags übernimmt sein Vater Hubert, der sich also nicht komplett verabschiedet. Auf seine Familie kann er sich verlassen. Der Senior weiß, dass sich sein Sohn viel vornimmt und er hofft dabei auf die Unterstützung aus dem Dorf. Immerhin: „Ich bin schon mehrfach angesprochen worden von Bürgern aus Heggen, die gehört haben, dass Andre weitermacht und sich darüber freuen.“ Somit wird das Dorf Heggen auch weiterhin das Privileg genießen, noch eine Gaststätte im Ort zu haben.