Kreis Olpe. Bürger aus der Gemeinde Wenden haben einen wütenden Brandbrief unterzeichnet, in dem sie die FDP auffordern, die Ampel platzen zu lassen.
An Deutlichkeit lässt der Brandbrief, den der Wendener Unternehmer Reinhard Schönauer initiiert hat und den ein Dutzend Gleichgesinnte unterschrieben haben, nicht zu wünschen übrig. Kostprobe: „Zusammenfassend fordern wir im Rahmen unserer sehr bescheidenen demokratischen Möglichkeiten das Ende der Ampelkoaltition als Brandbeschleuniger des pseudoliberalen Sozialismus und größte Gefahr unserer Demokratie.“ Und weiter: „Der unzweifelhafte Niedergang Deutschlands als weltweit einziger Staat in einer Rezession ist ausschließlich das Ergebnis des ideologischen Wahnsinns der Ampelkoalition.“ Reinhard Schönauer ist Unternehmer und führt eine Zeitarbeitsfirma. Er war viele Jahre Mitglied der SPD und des CDU-Wirtschaftsrates. Aus beiden Gremien hat er sich verabschiedet. Wie alle anderen Mitunterzeichner des Briefes, so versichert er auf Anfrage unserer Redaktion, sei er jetzt parteilos.
Die Unterzeichner des Briefes sind teilweise bekannte Persönlichkeiten aus der Gemeinde Wenden – unter anderem der Allgemeinmediziner Stefan Spieren aus Hünsborn, die ehemalige SPD-Ikone Jochen Sauermann, Apotheker Markus Brinker, aber auch Chorleiter und Gesamtschullehrer Volker Arns (Elben).
Brüder im Geiste
„Wir sind, wenn man so will, Brüder im Geiste“, freut sich Reinhard Schönauer, „uns verbindet das gemeinsame Ziel, für einen Politikwechsel in Deutschland die Stimme zu erheben.“ So wie bisher könne und dürfe es nicht weitergehen. Deshalb habe er als Initiator des Briefes etwa 40 Bekannte seines Umfeldes von seiner Idee in Kenntnis gesetzt und ein Dutzend positive Rückmeldungen erhalten: „Das sind ganz normale Bürger aus der Mitte der Gesellschaft“, versichert Schönauer, fernab jeder Form von Extremismus. Die Unterzeichner seien weder Antidemokraten noch Ausländerfeinde, Rassisten oder Faschisten. Aber einig darin, dass die FDP jetzt das Ende des Elends herbeiführen müsse. Weiteres Zitat aus dem Protestbrief: „Sie (die FDP) sind Deutschlands letzte Hoffnung auf eine Zukunft, (...) Sie entscheiden, ob Deutschland mit der Ampel in den Abgrund stürzt, was unzweifelhaft kommen würde (...).“
Rentner Jochen Sauermann, viele Jahre die tragende Figur der Wendener SPD, der er den Rücken gekehrt hat, begründet seine Mitwirkung an dem Brief mit Zukunftsangst: „Ich habe vier Töchter und zwei Enkel und habe Angst für die nächste Generation. Deutschland befindet sich auf einem schlechten Weg, die Not wird immer größer.“ Ein Phänomen, das sich bis in den Mittelstand ziehe. Sauermann: „Besonders von den Grünen und der FDP bin ich heftig enttäuscht.“ Das Heizungsgesetz der Grünen habe das Fass zum Überlaufen gebracht. Die Grünen stünden für eine Meinungs-Diktatur. Der Aufschwung der AfD sei für ihn keine Überraschung: „Die Menschen sind mit den Parteien, die sie bisher gewählt haben, völlig unzufrieden.“ Eine Bundesregierung, die laut Umfragen nur noch einen Rückhalt von gut 30 Prozent in der Wählerschaft habe – alle drei Parteien zusammengenommen – habe keine Legitimität mehr. Egal, was nach der Ampel komme: „Es kann nur besser werden.“ Es sei zwar schwer vorstellbar, aber selbst als ehemaliger SPD-Mann wünsche er sich derzeit eine absolute Mehrheit der CDU.
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Auch Volker Arns, unter anderem Dirigent des kreisweit bekannten Chores BIGGEsang, bestätigt eine große Unzufriedenheit in der Bevölkerung, die sich teilweise getäuscht fühle. Arns: „Vieles passt einfach nicht zusammen.“ Die Politik passe nicht zu den bestehenden Fakten, wirke irreal. Er stehe hinter dem, was der Brief transportiere. Sollte die FDP die Ampel verlassen, tendiere er zu einer Neuwahl.
Eine Neuwahl sei auch für alle anderen Unterzeichner des Briefes der beste Weg, beteuert Initiator Reinhard Schönauer: „Wie eine neue Konstellation aussehen könnte, wissen wir natürlich nicht. Auf jeden Fall sollte es eine Koalition ohne die Grünen sein. Da sind wir uns alle einig.“ Für Schönauer könnte auch eine CDU-geführte Minderheitsregierung eine Möglichkeit sein: „Minderheitsregierungen sind in Skandinavien fast schon eine Tradition.“
Vergeblich habe er sich, so Schönauer, darum bemüht, eine Stellungnahme des heimischen FDP-Promis Johannes Vogel zu bekommen. Vogel ist Olper Kreisvorsitzender der FDP, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion und Bundestagsabgeordneter. Auf unsere telefonische Anfrage antwortete Vogel mit dem Verweis, er sei dieses Jahr nicht mehr im Dienst, die Redaktion möge sich an sein persönliches Büro wenden.
Die Unterzeichner
Unterschrieben haben den Brief an die FDP-Verbände: Michael Arens (Steuerberater, Wenden), Volker Arns (Gesamtschulehrer, Elben), Markus Brinker (Apotheker, Wenden), Peter Gerold (Rentner, Hünsborn), Dirk Godon (Unternehmer, Freudenberg), Thomas Holterhoff (Unternehmer, Hünsborn), Holger Jahn (Arbeitnehmer, Hünsborn), Jochen Sauermann (Rentner, Wenden), Markus Schönauer (Kundenberater, Wenden), Reinhard Schönauer (Unternehmer, Wenden), André Schrage (Unternehmer, Hünsborn), Stefan Spieren (Allgemeinmediziner, Hünsborn) und Christoph Stahl (Lehrer, Hünsborn).