Drolshagen/Kreis Olpe. Bisher bekommen die 31 Ortsvorsteher 50 Euro im Monat. Laut Gesetz müssen es 260 Euro sein. Deshalb hat die Stadt jetzt reagiert.

In zumindest einer Disziplin ist die kleine Stadt Drolshagen im Kreis Olpe Spitzenreiter: Und zwar, wenn es um die Zahl der Ortsvorsteher geht. 31 an der Zahl - das ist uneinholbarer Rekord zwischen Hundem, Lenne, Bigge und Lister. Dabei soll nicht verschwiegen werden, dass Drolshagen eine typische Sauerländer „Dörferstadt“ ist - mit insgesamt über 58 Ortschaften

Die Gemeinde Wenden hat 18 Ortsvorsteher, Olpe 15, in Kirchhundem tun 7 ihren Dienst. Attendorn, Lennestadt und Finnentrop sparen sich die Positionen. Wobei der Begriff „Sparen“ schnurgerade in das Thema führt, was kurz vor Heiligabend, genauer gesagt am Donnerstag, 21. Dezember, zu einer Sondersitzung des Stadtrates Drolshagen führte. Denn Bürgermeister Uli Berghof wollte den Status Quo nicht beibehalten - angesichts einer für Drolshagen fatalen Gesetzesänderung. Bisher zahlte Drolshagen seinen 31 Ortsvorstehern jeweils dasselbe - 50 Euro im Monat. Machte unterm Strich 18.600 Euro jährlich für die Stadtkasse. Doch mit dem 1. Januar 2024 tritt ein neues Gesetz in Kraft: Dort wird vorgeschrieben, dass Ortsvorsteher künftig 260,10 Euro monatlich zu überweisen sind, ohne Wenn und Aber. Hätte Drolshagen diese Verordnung umgesetzt, wären aus den bisherigen 18.600 Euro fast 100.000 Euro geworden - exakt 96.757,20 Euro. Eine Summe, die die Kinnlade des Bürgermeisters herunterklappen ließ: „Das können wir so nicht verantworten. Deshalb hatten wir dem Stadtrat vorgeschlagen, die derzeitigen Ortsvorsteher abzuberufen, die städtische Hauptsatzung zu ändern und künftig Ortssprecher zu installieren.“

Genau diesem Vorschlag folgte der Stadtrat am Donnerstag Abend einstimmig. Drolshagen hat folglich jetzt 31 Ortssprecher - bei weiterhin 50 Euro pro Monat.

Die Bezüge der Ortsvorsteher und Ratsvertreter

Die gesetzliche Grundlage für die Bezüge der Ortsvorsteher in NRW fußt auf der „Verordnung über die Entschädigung der Mitglieder kommunaler Vertretungen und Ausschüsse“.

Bisher erhielten Ortsvorsteher 255 Euro monatlich - die Städte und Gemeinden hatten aber die Möglichkeit, in ihrer Hauptsatzung abweichend zu regeln, dass die Entlohnung an die Größe der Ortsvorsteherbezirke gekoppelt war. 155 Euro für Bezirke von 1 bis 500 Einwohnern, 175 Euro für 501 bis 1.000 Einwohner, 200 Euro für 1001 bis 1.500 Einwohner, 220 Euro für 1501 bis 2.000 Einwohner, 235 Euro für 2.001 bis 3.000 Einwohner und 255 Euro für über 3.000 Einwohner starke Bezirke.

Ab dem 1. Januar 2024 gilt: Ortsvorsteher erhalten alle eine monatliche Aufwandsentschädigung von 260,10 Euro, die bisherige Kann-Regelung entfällt.

Ratsvertreter in Städten und Gemeinden bis 20.000 Einwohnern erhalten ab 2024 280 Euro monatlich. Das gilt also für Drolshagen, Kirchhundem, Finnentrop und Wenden. In Städten mit 20.000 bis 30.000 Einwohnern - im Kreis Olpe Lennestadt, Attendorn und Olpe - sind das schon 326 Euro monatlich.

Noch lukrativer ist der Sitz im Kreistag Olpe. Kreitagsmitglieder erhalten hier 387 Euro.

Der dienstälteste Ratsherr im Stadtparlament Drolshagen, CDU-Fraktions-Chef Georg Melcher, erklärt den historischen Hintergrund: „Unsere bisherige Regelung lief eigentlich schon an den vorgeschriebenen Verordnungen vorbei. Sie stammte aber aus den 60-er oder 70-er Jahren, vermutlich aus der Zeit der kommunalen Neugliederung.“ Denn nach den Vorgaben des Landes hätten Ortsvorsteher nur dort installiert werden dürfen, wo es Stimmbezirke gebe. Das Vorschlagsrecht hätte dann die Partei gehabt, die in dem Stimmbezirk bei der Kommunalwahl die Mehrheit erzielt hätte. Hieße für Drolshagen: 16 Stimmbezirke, 16 Ortsvorsteher. Aus welchen Gründen auch immer, entschieden sich die früheren Ratsvertreter für das heute immer noch geltende System. Melcher: „Die 31 Ortsvorsteher gab es immer schon.“ Mit der Gesetzesänderung zum 1. Januar 2024 will Bürgermeister Berghof aber eine rechtssichere und belastbare Regelung, ohne die praktizierten Ortsvorsteherbezirke auflösen zu müssen. Während einer eigens anberaumten Versammlung mit den meisten Ortsvorstehern und Vertretern aller Fraktionen war bereits Einmütigkeit erzielt worden, so Berghof: „Die Leute wollen ihre Dörfer vertreten, es geht ihnen nicht um die 260 Euro.“

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Die für jeden Ortsvorsteher gleich hohe Bezahlung trifft auf unterschiedlichste Größenverhältnisse: So betreut die Ortsvorsteherin von Hützemert/Hustert, Anja Wigger, fast 1.100 Bürger (der größte Bezirk), während der Bezirk Schützenbruch kaum mehr als 20 Einwohner hat. Im Bezirk Iseringhauser Grund leben fast 700 Einwohner, im Bezirk Wintersohl/Fahrenschotten etwa 35. Und diese immensen Unterschiede ziehen sich wie ein Roter Faden durch das ländliche Drolshagen.

Was machen die anderen Städte und Gemeinden?

Wie aber reagiert man in den übrigen Städten und Gemeinde im Kreis Olpe, die Ortsvorsteher haben?

In der Gemeinde Wenden wurde die Gesetzesänderung unter Beibehaltung der Ortsvorsteher umgesetzt. 18 Ortsvorsteher verursachten bisher jährlich Kosten von 41.940 Euro, nach der neuen Verordnung werden es 56.181 Euro sein. Bisher spielt in Wenden die Größe der Bezirke eine Rolle bei der Höhe der Vergütung. Die Spanne reicht von 155 Euro pro Monat bis 255 Euro. Jetzt werden es überall 260 Euro sein.

In der Kreisstadt Olpe wird ebenso verfahren, wie Tobias Schulte (Hauptamtsleiter) auf Anfrage bestätigt: „Die Stadt Olpe hat 15 Ortsvorsteher, die nach den gesetzlichen Regelungen zwischen 155 und 220 Euro pro Monat erhalten. Das verursachte bisher Gesamtkosten von rund 30.000 Euro pro Jahr und steigert sich in 2024 auf rund 47.000 Euro.“

Die Gemeinde Kirchhundem ist in 12 Bezirke unterteilt, aber nur sieben davon haben derzeit einen Ortsvorsteher. Die allesamt kostenlos für ihre Dörfer tätig seien, teilt Christina Rump mit, im Kirchhundemer Rathaus für das Thema zuständig. Rückblick: Während einer früheren Wahlperiode waren die Ortsvorsteher sogar schon einmal ganz abgeschafft, dann aber wieder installiert worden, nachdem sich heftiger Protest in den Dörfern geregt hatte. Die derzeit kostenneutrale Regelung, so Christina Rump, sei per Ratsbeschluss abgesegnet worden. Die Kirchhundemer Ortsvorsteher würden nicht als Ehrenbeamte eingestuft, wären auch nicht mit Geschäften der laufenden Verwaltung betraut. Für sie gelte weder die alte, noch die neue Verordnung aus Düsseldorf.

Einer der altgedientesten Ratsherren in Kirchhundem und Ortsvorsteher von Würdinghausen ist Karl-Josef Cordes (CDU): „Die Ortsvorsteher sind mit CDU-Mehrheit damals wieder eingesetzt worden, aber kostenneutral. Ich jedenfalls würde diese 260 Euro auf keinen Fall annehmen.“