Rüblinghausen. Breitschmiede gibt es schon lange nicht mehr – eine von ihnen begründete Tradition lebt fort. Bisher bei Thyssen-Krupp, nun bei Kemper.
Die heilige Katharina von Alexandrien gehört zu den bekanntesten Heiligen und wird in der katholischen wie der orthodoxen Kirche als Märtyrerin verehrt. Dabei hat es sie nach aktuellem Forschungsstand nie gegeben – und doch gibt es kaum eine Heiligenfigur, die so viele Volks- und Berufsgruppen beschützen soll wie Katharina. Laut Internet-Enzyklopädie Wikipedia berufen sich unter anderem Philosophen, Theologen, Gelehrte, Lehrer, Studenten, Anwälte und Notare sowie die Handwerksberufe Wagner, Müller, Bäcker, Töpfer, Gerber, Spinner, Tuchhändler, Seiler, Schiffer, Buchdrucker, Waffenschmiede, Schuhmacher, Frisöre, Näherinnen und Scherenschleifer auf ihren Schutz. Und weil sie angeblich am furchtbaren Folterinstrument Rad ermordet werden sollte, auch alle Berufe, die auf irgendeine Weise mit dem Rad zu tun haben.
So kam es zu einer Tradition, die in Olpe vor über 300 Jahren begann und die bis heute fortgeführt wurde. Es waren ursprünglich die Breitschmiede, die eine jährliche Messe zu Ehren der heiligen Katharina feiern ließen. Mit dem Rad waren sie insofern verbunden, dass die Wasserräder an Olpe und Bigge die Kraft für ihre Schmiedehämmer lieferten.
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Das Handwerk der Breitschmiede ging in der Industrie auf, doch die Katharinenmesse blieb. Ursprünglich in der Olper Martinuskirche gefeiert, sorgte der Lütringhauser Hammerwerksbetreiber Ruegenberg dafür, dass die Messe in der nahe dem Werk befindlichen Kapelle „Maria vom guten Rat“ gefeiert wurde, was den Eigentümerwechsel von der Familie Ruegenberg über den Hoesch-Konzern zu Thyssen-Krupp überstand.
Vor zwei Jahren wurde die letzte Katharinenmesse in Lütringhausen gefeiert – das Werk schloss seine Tore. Im vergangenen Jahr dann war Premiere: Erstmals wurde die Katharinenmesse am anderen Ende der Stadt, in Rüblinghausen, gefeiert. Nicht in einer Kapelle, sondern im hochmodernen „Technikum“, dem Fortbildungs- und Veranstaltungsgebäude der Metallwerke Gebrüder Kemper. Und am Montag fand diese Tradition ebendort ihre zweite Fortsetzung. Viele Ehemalige des Lütringhauser Hammerwerks waren gekommen, darunter zwei ehemalige Betriebsratsvorsitzende, dazu Pensionäre, aber auch Kemper-Mitarbeiter, Gewerkschafter, Vertreter von KAB und auch Bürgermeister Peter Weber.
Der 1. Bevollmächtigte der IG Metall im Kreis Olpe und Vorsitzende des Kreisverbands des Deutschen Gewerkschaftsbundes, André Arenz, übernahm die Begüßung. Zelebrant war Prof. Dr. Wolfgang Werner, aus Lütringhausen stammender Geistlicher, der Katharinenmesse und dem ehemaligen Hammerwerk seit frühester Jugend verbunden. Die Messe wurde im Gedenken an einen verstorbenen Mitarbeiter der Firma Kemper gelesen und ebenso in Erinnerung an den kürzlich verstorbenen langjährigen Vorsitzender des DGB im Kreis Olpe, Karl-Heinz Vorbrücken. Die Arbeit sei für den Menschen da, nicht der Mensch für die Arbeit, betonte Prof. Dr. Wolfgang Werner in seiner Predigt und griff den in jüngster Zeit zu einem Schlagwort gewordenen Begriff Resilienz auf. Dieses eigentlich wichtige Wort stehe für iInnere Stärke, eine Auffassung, die „mich so stark macht, dass ich auch Niederlagen überstehe“. Das gewählte Matthäus-Evangelium sei ein Beitrag dazu und solle als Aufruf verstanden sein, sich nicht von Angst ersticken zu lassen und die Ziele des Lebens auch in Krisen nicht zu vergessen.
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Im Anschluss an die Messe sang ein Chor der Max-von-der-Grün-Schule Lieder, die auf die Adventszeit einstimmten. Abschließend stand ein Vortrag von Bürgermeister Weber an, der über aktuelle Herausforderungen für die Kommune sprechen sollte. Er griff den derzeit den Alltag bestimmenden Angriff auf den IT-Dienstleister der Kommunen, die Südwestfalen-IT, auf und schloss dabei einen Kreis zum Thema Arbeit: Er stelle derzeit im Rathaus fest, wie belastend es für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sei, nicht regulär arbeiten zu können. „Die einen legen einfach los und sehen zu, dass sie bestmöglich Dinge erledigen können. Aber für andere ist es eine enorme Belastung, zu wissen, dass sie ihre eigentliche Arbeit nicht erledigen können. Auch entstehen Ängste durch das Wissen, dass sich natürlich durch alles, was derzeit liegenbleiben muss, ein enormer Berg auftürmt, der nachher abzuarbeiten sein wird.“
Weiterhin berichtete er über die Pläne der Stadt für das ehemalige Thyssen-Krupp-Gelände: Seit Oktober ist die Stadt Olpe Eigentümerin des Areals. „Wir kümmern uns jetzt darum, wie es weitergeht. Bis zum Ortsausgang sehen wir auch eine gewerbliche Nutzung auf dem Gelände möglich, Richtung Stachelau werden wir wohl die Gebäude abreißen, um Retentionsräume für die vorbeifließende Olpe zu schaffen. Auch Wohnbauflächen sollten trotz aller Schwierigkeiten möglich sein.“ Weiterhin ging er auf aktuelle Themen der Stadtpolitik ein, etwa die Anstrengungen zur Schaffung von Wohnraum für Geflüchtete, die Bemühungen um kostensparende Wohnungen, die Erschließung von Industrie- und Gewerbeflächen und die Bewältigung immer höherer Kosten, die der Stadt von außen auferlegt werden. Insgesamt sei die Situation spannend, vieles sei mit Sorge zu betrachten, andererseits seien Politik und Verwaltung derzeit gefragt auf Feldern, auf denen man gestalten könne.