Brachthausen. Zwei Tüftler-Freunde aus Brachthausen haben ein neuartiges System zur Ladesicherung bei Holzabfuhren entwickelt – so funktioniert das System.

Das Ding sieht aus wie eine einfache Kabeltrommel, aber es kann schwere Verkehrsunfälle vermeiden und dadurch sogar Leben retten. In mühevoller Detailarbeit entwickelten die beiden Brachthauser Michael Hille (39) und Tobias Jaspers (45) ein neuartiges Leuchtband, um schwere Langholzabfuhren sicherer zu machen. Jetzt ist die Erfindung serienreif.

Fast täglich holen schwere Lkw in diesen Zeiten lange Holzstämme aus dem Wald, und das oft in den frühen Morgen- und den späten Abendstunden. Und oft kommt es dabei zu brenzligen Situationen, wenn die schweren und langen Lastzüge langsam aus einem Feldweg auf eine befahrene Straße einbiegen müssen. So wie 2019, als ein Holztransporter des elterlichen Holzfuhrunternehmens von Michael Hille, beladen mit 19 Meter langen Holzstämmen im 90-Grad-Winkel in eine Straße einbog. Ein entgegenkommender Pkw krachte in die Vorderachse des Nachläufers. Zum Glück blieb der Pkw-Fahrer bei dem Unfall unverletzt. Später sagte er aus, dass er den Lkw gar nicht gesehen habe. Das ist gut möglich, denn zwischen den Rücklichtern der Zugmaschine und des Nachläufers ist keine aktive Beleuchtung vorgeschrieben, sondern nur reflektierende Streifen oder Bänder, die im harten Waldeinsatz schnell verschmutzt oder beschädigt werden. Die schweren Holzstämme sind deshalb bei schlechten Sichtverhältnissen erst sehr spät zu erkennen, manchmal vielleicht zu spät.

Bei schlechten Sichtverhältnissen ist das neue „Leuchtband zur seitlichen Sicherung von langer Ladung“, entwickelt von einem Startup-Unternehmen aus Brachthausen, sehr sinnvoll. Das zugelassene Produkt darf im Straßenverkehr eingesetzt werden.
Bei schlechten Sichtverhältnissen ist das neue „Leuchtband zur seitlichen Sicherung von langer Ladung“, entwickelt von einem Startup-Unternehmen aus Brachthausen, sehr sinnvoll. Das zugelassene Produkt darf im Straßenverkehr eingesetzt werden. © WP | Privat

Den Unfall – sicherlich kein Einzelfall – nahmen die beiden Tüftler zum Anlass, ein LED-Leuchtband zu entwickeln, das zwischen Zugmaschine und Nachläufer gespannt wird und so die Länge des Fahrzeugs signalisiert. „Es sollte einfach und schnell anzubringen und robust sein“, so Tobias Jaspers. Das Duo entschied sich für ein stabiles Gehäuse in Form einer Kabeltrommel mit Bandaufroller, um das Leuchtband auf- und abzurollen. Das Leuchtband selbst ist ein 13 Meter langer, lichtdurchlässiger Kunststoffschlauch, in dem eine Lichterkette mit 200 LEDs, eine Platine und ein Zug- und Sicherungsseil spritzwassergeschützt verbaut ist. Die Trommel wird fest an der Zugmaschine montiert und das Leuchtband an die Beleuchtung des Zugfahrzeugs angeschlossen. Nach dem Verladen der Holzstämme wird das Leuchtband vom Fahrer von vorn nach hinten ausgezogen, mit einem Karabinerhaken am Nachläufer eingehakt und mit Klettbändern gegen zu starkes Durchhängen gesichert. Fertig.

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Klingt simpel, war es aber nicht. Zunächst bauten die beiden Techniker – Michael Hille ist Maschinenbautechniker, Tobias Jaspers Elektrotechniker von Beruf – die ersten Prototypen und testeten sie in der Praxis. Das war 2019. Ein Jahr später haben sie für das System mit dem Namen H22J-SM den Gebrauchsmusterschutz, also eine Art Patent, beantragt und am 5. August 2020 eingetragen. Im April gründeten die beiden die Hille & Jaspers GbR.

Es sollte einfach und schnell anzubringen und robust sein.
Tobias Jaspers, Entwickler des Leuchtbandes

Dann wurde es kompliziert. „Das Problem war die Zulassung“, so Jaspers. Denn das Leuchtband musste eine bestimmte Farbe und Helligkeit haben und die elektromagnetische Verträglichkeit vorweisen können. Zigmal wurden neue Schläuche bei der EMC-Testhaus GmbH in Siegen ausprobiert, um die Anforderungen zu erfüllen. Ein Techniker des TÜV Rheinland unterstützte die Brachthauser dabei, und im Frühjahr dieses Jahres war endlich die richtige Lichtstärke gefunden und damit die Voraussetzung für die offizielle Zulassung geschaffen. Im August 2023 wurde der Gesamtantrag an das Kraftfahrtbundesamt (KBA) übermittelt. Die finale „Bauartgenehmigung des Leuchtbands H22J-SM zur seitlichen Sicherung von (langer) Ladung“ haben die Erfinder seit wenigen Wochen in der Tasche. Dafür wurde sogar die technische Anforderung „TA Nr. 16“ der Straßenverkehrsordnung StZVO geändert.

Das neue, ausziehbare Leuchtband lässt sich leicht an jedem Holzabfuhr-Lkw anbringen.
Das neue, ausziehbare Leuchtband lässt sich leicht an jedem Holzabfuhr-Lkw anbringen. © WP | Privat

Nun geht es für die beiden darum, den Markt von den Vorzügen von H22J-SM zu überzeugen. Über Fachmagazine, Fahrzeugausrüster, etc. soll das System bekanntgemacht werden. „Die erste Resonanz ist super“, sagt Tobias Jaspers, der die Leuchteinheit mit seinem Kumpel in Handarbeit selbst zusammenbaut. Es gebe bereits reichlich Anfragen. Zum Verkaufspreis will sich das Duo noch nicht äußern, man befinde sich noch in der Marktsondierung. Klar ist, dass es dieses professionelle Gerät nicht zum Baumarktpreis geben wird. Dass die Brachthauser Ladungssicherung eine tolle Idee ist, ist unbestritten. Auf die Frage, ob der Gesetzgeber H22J-SM zur Pflichtausrüstung für Langholzwagen machen sollte, grinst Tobias Jaspers: „Wir hätten nichts dagegen.“