Kreis Olpe. Die Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände ist unzufrieden mit Plänen des Kreises Olpe. Die Diskussion im Ausschuss wurde vertagt.

Es ist wahrlich keine leichte Lektüre, die die Olper Kreisverwaltung den Mitgliedern des Sozial- und Gesundheitsausschusses zumuten muss. Das Thema „Pflegebedarfsplanung“ indes ist extrem komplex und nicht leicht zu durchschauen. Da verwundert es nicht, dass der Entwurf für den Pflegebedarfsplan für 2024 bis 2026 ganze 84 Seiten umfasst – ergänzt um einen Anhang von 25 Seiten, der die aktuellen stationären und mobilen Angebote der Altenhilfe aufführt. Das, was die Kreisverwaltung dort zusammengestellt hat, gibt Anlass zur Sorge. In der Zusammenfassung heißt es klipp und klar: „Im Kreis Olpe können die identifizierten Bedarfe aufgrund des Personalmangels perspektivisch nicht vollständig gedeckt werden, weil weder quantitativ noch qualitativ ausreichend Personal verfügbar ist. Für alle bestehenden und neuen Angebote im pflegerischen Versorgungssystem ist das fehlende Pflegepersonal der limitierende Faktor. (...) Es wird zunehmend schwieriger, vorhandene Angebote und Standards aufrechtzuerhalten.“ Die Kreisverwaltung beschreibt einen einzigen Ausweg: „Die Gewinnung von ausländischen Pflegekräften ist erforderlich. Der Erfolg der Anwerbungen der ausländischen Arbeitskräfte wird maßgeblich von einer gelingenden Integration abhängen. Deshalb wird ein wirksames Integrationsmanagement erforderlich sein.“ Nach derzeitigen Berechnungen werde es im Jahr 2030 im Kreis Olpe 525 pflegebedürftige Menschen mehr geben als 2021. Ein Mangel werde insbesondere bei vollstationären Dauerpflegeplätzen auftreten, die um 100 aufzustocken seien. Gar keine Lösung sieht die Kreisverwaltung bei der Behebung des Mangels an Kurzzeitpflegeplätzen.

Es wird zunehmend schwieriger, vorhandene Angebote und Standards aufrechtzuerhalten.
Beschlussvorlage der Kreisverwaltung

Die Schlüsse, die die Kreisverwaltung aus diesem Papier zieht, hat wiederum die Arbeitsgemeinschaft (AG) Wohlfahrtspflege in Rage gebracht. In dieser sind, unter Führung des Caritasverbandes, auch Arbeiterwohlfahrt, Diakonie, der Paritätische Wohlfahrtsverband und das Deutsche Rote Kreuz zusammengefasst. In einem ausführlichen Schreiben, das im Ausschuss als Tischvorlage verteilt wurde, übt die AG Kritik daran, dass der Entwurf nicht ausreichend das aufgreife, was in der Kommunalen Konferenz für Gesundheit, Alter und Pflege (KKGAP) energisch und heftig diskutiert worden sei. Die Verbände der Wohlfahrtspflege schlagen vor, den Pflegebedarfsplan wesentlich zu ergänzen und insbesondere die Gewinnung und Qualifizierung von Pflege- und Betreuungspersonal zu konkretisieren. Unter anderem soll ein Budget von mindestens 100.000 Euro jährlich zuzüglich noch zu definierender projektbezogener Mittel sowie fachlich-personelle Ressourcen bei der Kreisverwaltung bereitgestellt werden, um konkrete Projekte zur Pflegepersonalgewinnung zu realisieren. Es genüge nicht, Probleme und Herausforderungen zu benennen, es müsse darum gehen, „diese Herausforderungen aktiv anzunehmen und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten“, so die AG in ihrem Schreiben. Caritas-Chef Christoph Becker, Sprecher der AG, führte im Ausschuss ergänzend aus, das Papier der Kreisverwaltung sei nicht mehr als eine Ohnmachtserklärung.

Vielleicht haben wir es versäumt, diese Haltung und Perspektive in die Vorlage aufzunehmen.
Michael Färber, Fachbereichsleiter Kreis Olpe

Bei Hildegund Hennrichs von der SPD stieß er damit auf offene Ohren. Diese erklärte, ihre Fraktion sehe nach der Eingabe der AG dringenden internen Diskussionsbedarf und beantragte daher, den Entwurf nicht im Fachausschuss, sondern erst im Kreisausschuss zur Diskussion und Abstimmung zu stellen. Fachbereichsleiter Michael Färber antwortete Becker: Die Kreisverwaltung danke für das Schreiben, das „jede Menge Anregungen und Ideen“ enthalte. Der Pflegebedarfsplan sei „kein starres Gebilde, wir sind in einem flexiblen Prozess“. Auch sei der Plan kein „Steuerungsinstrument, um auf Über- oder Unterversorgung reagieren zu können“. Vielmehr sei das Instrument des Pflegebedarfsplans einst eingeführt worden in Zeiten, als stationäre Träger mit den Städten und Gemeinden Einrichtungen errichten wollten und man einer Überversorgung entgegenwirken wollte. „Jetzt haben wir diese Situation nicht, sondern gehen auf eine Unterversorgung zu. Daher dient der Plan den Akteuren im Pflegebereich als Orientierungshilfe. Auf seiner Basis sollen Maßnahmen ergriffen werden, um Bedarfe zu befriedigen.“ Es sei keine Ohnmachtserklärung, sondern wie er schon in der Kommunalen Konferenz erklärt habe, sei der Kreis sehr wohl bereit, mit allen Trägern und der Uni Siegen Ideen für Verbesserungsmöglichkeiten und entsprechende Projekte zu entwickeln. „Das erkennbare Engagement der Träger zum Einstieg in den Gestaltungsprozess ist ausdrücklich zu begrüßen. Vielleicht haben wir es versäumt, diese Haltung und Perspektive in die Vorlage aufzunehmen. Wir können dies aber gern ins Protokoll aufnehmen, damit es deutlich wird. Das Thema können wir nur gemeinsam annehmen.“

Die SPD ergänzte ihren Antrag: Das Schreiben der AG Wohlfahrtspflege wie auch Färbers Erklärung solle ergänzend in die Beschlussvorlage aufgenommen und das Ganze an den Kreisausschuss verwiesen werden. Wolfgang Hesse von der CDU machte klar: „Die CDU wird dem Beschlussvorschlag der Verwaltung zustimmen“, aber nicht ergänzt um die Forderungen der AG. Einer Verweisung in den Kreisausschuss werde die Mehrheitsfraktion sich aber nicht verschließen.

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Bei acht Enthaltungen wurde der Antrag der SPD daher von ihr selbst und den Grünen mit fünf Stimmen ohne Gegenstimme angenommen. Das komplexe Thema wird also im Kreisausschuss ausführlich diskutiert werden, der am 20. November öffentlich tagt.