Kreis Olpe. Der Platz in einem Pflegeheim ist teuer. Auch im Kreis Olpe. Schon bald könnten die Kosten für Pflegebedürftige ansteigen – deutlich.

Die Zahl der Pflegeheime, die aufgrund hoher wirtschaftlicher Zwänge in Schieflage geraten und im schlimmsten Fall Insolvenz anmelden müssen, nimmt landes- und bundesweit dramatisch zu. Die Gründe dafür sind vielschichtig: Viele Betreiber spüren nicht nur Tarifsteigerungen und Inflation, sondern finden kaum noch ausgebildetes Fachpersonal. Die gute Nachricht: Den Pflegeheimen im Kreis Olpe droht (noch) nicht der finanzielle Kollaps, wie eine stichprobenartige Umfrage dieser Redaktion ergab. Allerdings bedrohen die Heime auch andere Probleme, die nicht mit der Wirtschaftlichkeit an sich, sondern Folgen der Überbürokratisierung zu tun haben.

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WohnGut Olpe und Saalhausen

Der private Betreiber „WohnGut“ unterhält zwei Häuser im Kreis Olpe, in Olpe und Saalhausen. Natürlich liest und hört Geschäftsführer Michael Korn von den immensen Problemen anderer Betreiber, die er in diesem Ausmaß bislang nicht zu spüren bekommt und dafür auch einen Grund nennt: „Wir arbeiten mit einem komplett anderen Konzept als das klassische Pflegeheim“, sagt Korn und meint damit den Angebotsmix von der Tagespflege über das Gemeinschaftswohnen bis hin zum Landhauswohnen. Korn: „Das bietet unseren Bewohnern eine ganz andere Sicherheit.“ Und auch mit Blick aufs eigene Personal wird dem Geschäftsführer nicht Angst und Bange, bisweilen seien genug Mitarbeiter für die rund 250 Bewohner in Olpe und Saalhausen vorhanden. In Sachen Personalgewinnung will das „WohnGut“ gemeinsam mit der Volksbank aktiv werden und eine eigene Pflegeakademie einrichten. Wo und wann, steht allerdings noch nicht fest.

Haus Westfalenhöhe

Stefan Weber ist Geschäftsführender Gesellschafter sowie Einrichtungs- und Pflegedienstleitung im privaten Seniorenheim „Haus Westfalenhöhe“ in Wegeringhausen. Er spürt in seiner Einrichtung deutlich, warum andere Heime sogar schon aufgeben mussten. „Das Ganze ist ein rein bürokratisches Problem.“ Es geht um die Fälle, in denen Heimbewohner die Kosten nicht selbst tragen können und daher Sozialhilfe in Anspruch genommen werden muss. „Am Tag der Aufnahme kann der Antrag gestellt werden. Früher dauerte es von der Antragstellung bis zur ersten Zahlung meist drei Monate. Inzwischen vergeht locker ein halbes Jahr.“ Sechs Monate, in denen das Heim die laufenden Kosten vorfinanzieren muss, und das sind je nach Situation 2500 bis 3200 Euro pro Monat. „Wenn man das bei zehn Fällen hat, können Sie sich ausrechnen, über welche Summen wir hier reden.“ Ganz ähnlich laufe es bei den Pflegekassen. „Die Bearbeitungszeit muss schlicht und einfach verkürzt werden, und das kann nur durch Entbürokratisierung gehen. Ansonsten wird die Folge sein, dass irgendwann nur noch Leute in Senioreneinrichtungen aufgenommen werden, die es selbst bezahlen können. Und das kann ja wohl nicht sein.“

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Caritas für den Kreis Olpe

Das bestätigt Dirk Schürmann, bei der Caritas zuständiger Leiter der ambulanten wie stationären Pflegedienste in Lennestadt, zu denen unter anderem das Seniorenheim St. Franziskus in Elspe gehört. „Es ist ein generelles Problem mit Bearbeitungszeiten, auch bei den Kassen. Ich kann ja verstehen, dass es nötig ist, gründlich zu prüfen, ob die Sozialhilfe einspringen muss oder nicht doch privates Vermögen da ist. Aber inzwischen dauert das so lange, dass wir Träger praktisch zu einer Art temporären Bank geworden sind, die monatelang in Vorleistung treten müssen und zusehen, dass sie an ihr Geld kommen.“

Gemeinnützige Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe

Ronald Buchmann ist Leiter der Senioren-Pflegeeinrichtungen der Gemeinnützigen Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe (GFO). Er rechnet für das nächste Jahr mit einer spürbaren Erhöhung des Eigenanteils für Pflegebedürftige und deren Angehörige: „Allein die Personalkosten schlagen mit etwa 10 Prozent mehr zu Buche, insgesamt rechne ich mit bis zu 15 Prozent.“ In Zahlen: Betrage der Eigenanteil in einem GFO-Seniorenhaus zum Beispiel für Patienten des mittleren Pflegegrades III in diesem Jahr noch rund 3200 Euro, dürften es nächstes Jahr mehr als 3500 Euro sein. Die Gesamtkosten für den Pflegeplatz im Pflegegrad III lägen dann vermutlich bei über 5000 Euro. Die Pflegebedürftigkeit werde in fünf Pflegegrade eingeteilt. die meisten Bewohner der Seniorenhäuser der GFO fielen in die mittleren Pflegegrade III und IV.

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Die grundsätzliche Situation der Pflegeheime sei besonders kritisch, wenn kein finanzstarker großer Träger im Hintergrund agiere. Für die GFO-Häuser im Kreis Olpe könne er eine Insolvenz ausschließen. Kleinere Häuser, die 2022 vor der Ukraine-Krise, vor den explodierenden Energiekosten und der Inflation Pflegesätze mit der Pflegekasse abgeschlossen hätten, seien 2023 dringend auf neue, deutlich höhere Sätze angewiesen. Wenn sich der Abschluss dieser Vereinbarungen verzögere, weil Pflegekassen wegen Personalmangel und Arbeitsverdichtung nicht mehr nachkämen, entstehe ein gefährliches Finanzloch. Wer dann drei, vier oder sechs Monate mit den niedrigeren Pflegesätzen bei gestiegenen Kosten wirtschaften muss, schlingere schnell in eine Insolvenz. Buchmann: „Dann ist plötzlich kein Geld mehr da.“ Ein weiterer Kostentreiber könne der Personalmangel sein: „Wer aus personeller Not auf einen professionellen Arbeitsvermittler angewiesen ist, muss für dessen Pflegepersonal möglicherweise das Doppelte bezahlen als fürs eigene Personal.“ Denn die Fremdarbeiter würden in der Regel besser bezahlt, und der Arbeitsvermittler erhalte zusätzlich Provision.