Meggen. Volker Schweinsberg und sein Team fertigen exklusive Offroad-Wohnmobile für Abenteurer und Globetrotter. Jedes Fahrzeug ist ein Unikat.
Wer die Werkstatt der Schreinerei Reuter im Gewerbegebiet „Zur Christinenhütte“ in Meggen betritt, glaubt zunächst, er hätte sich in der Tür geirrt. Denn unvermutet stehen die Besucher vor zwei riesengroßen Trucks statt vor Tischen, Regalen oder Sitzmöbeln. Die stellt der Handwerksbetrieb zwar auch her, aber in erster Linie zu einem besonderen Zweck. Hauptbetätigungsfeld des Betriebs ist, Offroad- bzw. Geländefahrzeuge in handgefertigte Reisemobile nach Maß auf- und umzurüsten.
Anders gesagt: Schreinermeister Volker Schweinsberg und sein Team lassen aus den kühnsten Reiseträumen Wirklichkeit werden. „Von der Planung bis zur Realisierung bekommen Sie bei uns alles aus einer Hand. Egal ob kleiner Offroader, klassisches Wohnmobil oder Expeditionsfahrzeug im Lkw-Format. Es spielt keine Rolle, ob Sie schöne und funktionelle Möbel wünschen oder eine leere Kabine mit allem füllen möchten, was dazu gehört“, wirbt das Unternehmen auf seiner Homepage. Anders gesagt: Geht nicht, gibt es bei Volker Schweinsberg und seinem Team nicht, fast alles ist möglich.
Die beiden Trucks in der Montagehalle, mit sechs Rädern und 450 PS unter der Haube, sind nicht für den klassischen Campingurlaub an der Ostsee oder am Gardasee gedacht. „Das sind Weltreisemobile, mit denen fährt man nicht bis Rimini, sondern viel weiter“, erklärt der 55-jährige Firmenchef. Und so weit und so lange, dass die Reise bald zur Expedition wird, mit extremen Belastungen für Mensch und Material. „Mobile Möbel müssen viel mehr aushalten und alles mitmachen“, so Schweinsberg. Also Hitze, Kälte, Feuchtigkeit, Erschütterungen gleichermaßen. „Viele unserer Kunden fahren damit in die Wüste, in die Tropen oder ins ewige Eis“, so der gebürtige Halberbrachter: „Auch nach 1000 Kilometern Schlaglochpiste durch Afrika sollte immer noch alles an seinem Platz sein.“
Der „Platz“, das ist bei diesen Fahrzeugtypen eine gedämmte Kabine aus GfK, also Glasfaserverstärktem Kunststoff, oder aus Aluminium. Der erste Schritt zum Traummobil beginnt am Schreibtisch – wie beim Hausbau. „Wir fragen den Kunden, wo er mit dem Fahrzeug hinfahren möchte, nach der Anzahl der Mitfahrer, ob zum Beispiel Kinder oder ein Hund mitreisen, was alles an Bord sein sollte, worauf er besonderen Wert legt und so weiter. Daraus ergibt sich die Größe der Kabine und die Lage von Tür und Fenstern“, erklärt der Schreinermeister.
Die Basis für die „rollende Wohnung“ ist die leere Kabine mit den zuvor geplanten Öffnungen für Türen, Fenster und Klappen. „Das ist zunächst wie ein leerer Schuhkarton“, so Schweinsberg. Wenn die Kabine auf das Fahrgestell montiert ist, beginnt die Arbeit für die Schreiner, Elektriker, Installateur und Polsterer. Für die Facharbeiter ist es ein besonderer Job. „Unsere Leute müssen schon gut sein“, stellt Volker Schweinsberg hohe Anforderungen an sein Team: „Sie müssen vor allem ein Gespür dafür bekommen, was mit und in dem Auto passiert, wenn ich lange Entfernungen offroad fahre.“
Aus Hobby entstanden
Gestartet ist Volker Schweinsberg vor 25 Jahren, als er die traditionsreiche Möbelschreinerei Reuter in Meggen übernahm. Vor zehn Jahren entdeckte er das neue Geschäftsfeld “Reisemobile“. „Es ist aus meinem Hobby so entstanden“, blickt Schweinsberg, selbst Camper und Geländewagenfahrer, zurück. „Wir sind dann so nach und nach in die Szene reingewachsen, haben auf Fachmessen ausgestellt und es wurde immer mehr.“ Heute ist Schweinsberg einer von einem Dutzend Spezialausstattern für Reisemobile. Auch das Redaktionsfahrzeug des „Explorer-Magazins“, bekannteste Fachzeitschrift für Offroad-Reisemobile, wurde in Lennestadt ausgestattet.
Die Kabinenmöbel werden ausschließlich aus „Quennply“ gefertigt. Diese Leichtbauplatten stammen aus dem Schiffsbau. Sie sind sehr leicht, dennoch extrem schraubfest und wasserfest verleimt.
Die Caravaningbranche in Deutschland setzte im vergangenen Jahr 14,04 Milliarden Euro um. Trotz stockender Lieferketten und der weltweiten Rohstoffkrise, die die Produktion von Freizeitfahrzeugen massiv behinderten, wuchs der Umsatz um 0,5 Prozent. Die Branche erzielte damit bereits das neunte Jahr in Folge ein neues Rekordergebnis. Quelle: Caravaning Industrieverband e.V.
Nach und nach wird dann das künftige Zuhause der Weltreisenden eingerichtet und ausgebaut. „Von der Stange“ gibt es dabei so gut wie nichts. Zunächst kommt die technische Einrichtung an die Reihe: Fußbodenheizung, Klima- und Lüftungsanlage, Wassertanks, die Stromverteilung mit Speicherakkus, hunderte Meter Leitungen für Strom, Wasser, Abwasser, Solar-Paneele auf dem Dach, Küchengeräte, IT-Ausstattung und so weiter. Weiter geht es mit der Inneneinrichtung in allen möglichen Variationen und Designs. „Grundsätzlich ist alles möglich und letztendlich eine Preisfrage“, sagt Schweinsberg. Einzige Einschränkung: Die Einrichtung sollte zweckmäßig, logisch durchdacht und technisch umsetzbar sein. „Aber prinzipiell muss der Kunde auf keinen Komfort verzichten.“
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Drei bis vier Monate benötigt das Team für ein solches Weltreisefahrzeug. „Zwischendurch kommen die Kunden immer mal vorbei, um offene Fragen zu besprechen“, erklärt der Firmenchef: „Die Kunden sind natürlich immer gut gelaunt, wenn sie die Fortschritte an ihrem Fahrzeug sehen, wir bearbeiten hier ja ihren Lebenstraum.“ Ist das Fahrzeug zu 95 Prozent fertiggestellt, schickt er die neuen Besitzer ein oder zwei Wochen auf eine Art „Probetour“, „anschließend beseitigen wir die Kinderkrankheiten.“ Das heißt: Besondere Kundenwünsche, die im Laufe der Zeit noch aufgetreten sind, werden nachgerüstet. Beim Reisemobil für ein jüngeres Paar zum Beispiel musste der Innenraum im größeren Stil umgestaltet werden, weil sich der erwartete Nachwuchs im Nachhinein verdoppelt hatte und nun für die Zwillinge ein Platz mehr geschaffen werden musste. Es gibt aber auch Kunden, die bringen schon bei Ausbaubeginn ihr Geschirr mit und die Schreiner bauen passende Regalschubladen für jeden Teller. „Am Ende ist jedes Auto wie ein Maßanzug“, erklärt Volker Schweinsberg. Natürlich hat dies alles seinen Preis. Der ist – je nach Ausstattung – breitgefächert.