Kreis Olpe. Wenn die Mehrwertsteuer für Gastro-Essen wieder auf 19 Prozent erhöht wird, stecken auch die Gastwirte im Kreis Olpe in der Zwickmühle.

Wird das Jägerschnitzel oder das Rumpsteak im Lieblings-Restaurant demnächst unbezahlbar? Oder werden die letzten Gastwirtschaften an Bigge, Hundem und Lenne endgültig den Geist aufgeben? Das Thema „Kneipensterben“ und „Gastro-Krise“ ist spätestens wieder im Bewusstsein der Bürger angekommen, seitdem die Bundesregierung signalisiert hat, im neuen Jahr wieder die volle Mehrwertsteuer von 19 Prozent aufs Essen in Gastrobetrieben zu erheben. Die war während Corona auf sieben Prozent abgesenkt worden. Bernhard Schwermer aus Heinsberg, der dort ein Hotel führt sowie den Rhein-Weser-Turm in Oberhundem, hat als ehemaliger Kreisvorsitzender des Hotel- und Gaststätten-Verbandes die Nase voll: „Die derzeit schon hohen Preise sind dann kaum noch zu halten.“

Mit rund 15,20 Euro fürs Jägerschnitzel und 2,40 Euro fürs 0,25-Liter-Glas Bier liege man jetzt noch unter dem Durchschnitt. Auf der anderen Seite seien die Kunden aber bald nicht mehr bereit, höhere Preise zu bezahlen: „Für uns ist alles teurer geworden, fast alle Lebensmittelprodukte, die Getränke, das Personal und die Energie. Allein für den Rhein-Weser-Turm müsse er pro Jahr rund 8000 Liter Öl kalkulieren. Eine Umstellung auf Wärmepumpe und Photovoltaik würde locker 60.000 Euro verschlingen. So etwas überlege sich jeder Gastronom zweimal: „Viele sind einfach überfordert.“

Wirte in der Zwickmühle

Tomislav Matic (Restaurant Schürholz, Drolshagen) sieht die Gastronomie ebenfalls in einer Zwickmühle: „Bei uns kostet das 0,3-er Bier 3 Euro, der Grillteller 15,50 und das Rumpsteak 22 Euro. Ich werde vorerst nicht an der Preisschraube drehen. Auch mit 19 Prozent Mehrwertsteuer. Es gibt auch eine Grenze. Wenn man die überschreitet, bleiben irgendwann die Leute weg. Man muss die Kirche im Dorf lassen.“

+++Lesen Sie auch: IHK Siegen/Olpe appelliert wegen Gastro-Mehrwertsteuer an heimische Bundespolitiker+++

Für Bujar Berisha, der mit seiner Frau Mentore das Benediktiner Wirtshaus in Attendorn betreibt, ist die Mehrwertsteuer von 19 Prozent ein spürbarer Kostenfaktor: „Einen Teil der 12 Prozent mehr werden wir weitergeben müssen.“ Fast sämtliche Kosten seien in den vergangenen Jahren durch die Decke gegangen. Ob nun für die Energie, die Lebensmittel oder das Personal. Der Blick auf die Mitbewerber in Attendorner Citylage sei nötig. „Wir werden natürlich genau beobachten, wie unsere Gäste reagieren. Für ihr Wirtshausschnitzel rufen die Berishas derzeit 16,90 Euro auf, das große Bier (0,5 Liter) kostet 5,30 Euro.

Dorfplatz wurde am 2. Oktober 2016 eingeweiht

Der Welschen Ennester Dorfverein wurde 2015 mit dem Ziel gegründet, sich als Dachverein um die Belange des Dorfes zu kümmern. Schon zur Gründungsversammlung kamen rund 50 Interessierte, Reinhard Hesse ist seitdem Erster Vorsitzender, Michael Becker Stellvertreter, Eckhard Kramer Kassierer und Stephan Baumhoff Schriftführer.

Erstes Großprojekt war der neue Dorfplatz, damals schon mit der Bühne, aber noch mit Segeldach, das sich als nicht wetterfest herausstellte. Der Dorfplatz wurde am 2. Oktober 2016 eingeweiht.

„Aufgeben ist für uns keine Option, trotz unseres Alters“, sagt Inge Gittel (66), die die Gaststätte „Zum Raubritter“ in Drolshagen mit ihrem Mann Wolfgang (76) betreibt. Trotz der angekündigten Mehrwertsteuererhöhung will das Gastro-Ehepaar die Preise halten – erst einmal: „Das Knochenlecken kostet bei uns 16,50 Euro, das bleibt auch erstmal so. Auch das 0,3-l-Glas Pils bleibe bei 3 Euro stabil, obwohl die Krombacher ihre Preise auch erhöhe: „Die sagen, ein Fass Bier abzufüllen, sei so teuer wie zehn Kästen Bier.“ Aber alles noch teurer machen, so Inge Gittel, „das kann dann irgendwann keiner mehr bezahlen“. Die Preispolitik habe schon ihren Tribut gefordert: „Der Umsatz ist deutlich zurückgegangen.“

Christian Kramer vom Familienbetrieb Hotel Kramer in Bonzel fürchtet erst einmal keinen Umsatzeinbruch, wenn die höhere Mehrwertsteuer greife: „Obwohl wir einen Teil der 12 Prozent an unsere Kunden irgendwann weitergeben müssen.“ Bisher habe man noch günstige Angebote wie beispielsweise einen Mittagstisch für 8 Euro anbieten können. „Dafür bekommen unsere Kunden ein gutes Mittagessen.“ Ein klarer Vorteil sei es, dass man ein Familienbetrieb sei, weniger auf auswärtiges Personal angewiesen als andere Betriebe. Christian Kramers Bruder Markus ist Küchenchef des Hauses. In Sachen Bier, sagt Christian Kramer, sei die Gewinnmarge jedoch arg zusammengeschrumpft.

+++Auch interessant: Schwerer Unfall auf A 4 bei Olpe+++

Auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Westfalen (Dehoga) kritisierte den Mehrwertsteuer-Plan während eines Besuches im Hotel Diehlberg in Sondern. „Eigentlich wollten wir nach Corona wieder richtig durchstarten – die Stimmung war gut“, so Christian Speerschneider, Betreiber des Iserlohner „Jagdhauses im Kühl“, gleichzeitig Kreisvorsitzender des Dehoga Westfalen, „aber schnell haben wir gemerkt: Nach der Krise ist vor der Krise“. Auch Lars Harsveldt, der gemeinsam mit seiner Familie neben dem Hotel Diehlberg noch zahlreiche Campingplätze (u. a. „Vier Jahreszeiten“ Sondern) betreibt, hat die Krise zu spüren bekommen: „Die Preissteigerungen in den letzten anderthalb Jahren waren in unserer Branche enorm und in weiten Teilen nicht mehr kalkulierbar.“