Heggen. Beim „WP Mobil“ in Heggen diskutieren die Bewohner über die Zukunft ihres Ortes. Der Lkw-Verkehr ist zum Teil lebensbedrohlich.
Im Grunde sind die Bewohner von Heggen sehr zufrieden. Ein vielfältiges Vereinsleben, eine hilfsbereite Dorfgemeinschaft und die idyllische Lage zwischen der Hohen Ley und dem Naturschutzgebiet Elberskamp: „Hier haben wir noch ein richtiges Dorfleben. Jeder kennt jeden“, meint Julian Kramer, der den Schreib- und Tabakwarenladen im Ort betreibt.
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Dennoch wurde in einer lebhaften Diskussionsrunde im Rahmen unserer Veranstaltungsreihe „WP Mobil“ am Dienstagabend im Vereinsheim des Turn- und Tennisclubs Heggen deutlich, dass es viele Anregungen für die Zukunft gibt.
Gemeinschaft
Auch wenn Wolfgang Haase eigentlich aus Attendorn kommt, verbringt er den Großteil seiner Freizeit in Heggen. Er engagiert sich unter anderen im Schützenverein – er ist amtierender Kaiser – und in der Karnevalsgesellschaft. „Ich liebe dieses Dorf und seine Leute“, sagt er. „Die Vereine sind mit Leben gefüllt. Für jeden Geschmack ist etwas dabei. Und: Wir haben noch eine eigene Arztpraxis hier im Dorf. Das ist auch nicht selbstverständlich,“ findet Klaus Wilmes.
Bernadette Gastreich, stellvertretende Bürgermeisterin der Gemeinde Finnentrop, betont den Zusammenhalt: „Man kommt immer mit Leuten ins Gespräch. Ich freue mich richtig, wenn ich aus dem Urlaub wieder hierhin komme.“
Verkehr
Nichtsdestotrotz kristallisiert sich im Gespräch schnell heraus, dass es ein zentrales Problem im Ort gibt: „Die Verkehrsführung ist grauenhaft“, bringt es Bernd Schwarte auf den Punkt. Vor allem im engen Kurvenbereich an der Kirche käme es auf der Hauptstraße, eine Landstraße, regelmäßig zu brenzligen Situationen. „Es ist ein Wunder, dass noch nichts Schlimmes passiert ist.“ Häufig würden „40 Tonner mit voller Geschwindigkeit durch die Kurven brettern und dabei über den Bürgersteig fahren“, merkt Berthold Lange an. „Ich wäre vor drei Jahren fast überfahren worden, wenn ich nicht noch zur Seite gesprungen wäre. Ich habe mich bei der Polizei gemeldet. Passiert ist nichts“, sagt Ulrike Guttstein. Mit der gesperrten Rahmedetalbrücke bei Lüdenscheid habe sich das Problem verschärft. Das hat auch Klaus Wilmes, Geschäftsführer von Muhr & Söhne, beobachtet. „Gerade Fernfahrer, die nicht von hier kommen, werden vom Navi zwangsläufig durch Heggen geschickt. Das müsste unterbunden werden.“
Würde Tempo 30 oder ein Durchfahrtsverbot helfen? Schwierig. „Das muss ja überhaupt erstmal überprüft werden. Am sinnvollsten wäre es, wenn man bauliche Maßnahmen ergreifen würde, um es dem Schwerlastverkehr so unattraktiv wie möglich zu machen durch unseren Ort zu fahren“, meint Holger Berghaus. „Man könnte die Straße enger machen, in dem man zum Beispiel links und rechts der Fahrbahn einen Radweg einrichten würde. Oder auf einer Seite Bäume pflanzen würde“, so Mechthild Sieg. Es gebe viele Ideen – aber noch keine politischen Handlungsmaßnahmen. Bernd Schwarte: „Dieses Rumgeeiere vom Bürgermeister ist lächerlich.“
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Doch nicht nur das Lkw-Aufkommen mache Heggen zu schaffen. „Es wird generell zu viel Auto gefahren“, meint Hedwig Hamers, die mit Thomas Mertens die Gemeinschaftspraxis im Ort leitet. Besonders deutlich werde das rund um den Bereich der Grundschule. „95 Prozent der Kinder werden bis auf den Hof gefahren. Die Anliegerstraße ist am Limit“, macht Klaus Wilmes deutlich.
Einkaufen
Ein Bäcker, ein Metzger, der Heggener Markt als kleines Lebensmittelgeschäft: Noch gibt es Versorgungsmöglichkeiten im Dorf. Aber sie sind im Laufe der Jahre weniger geworden. „Es ist gut, dass wir den Markt haben. Aber er hat abends zu früh geschlossen. Und einen Wocheneinkauf kann man darin auch nicht erledigen“, meint Vincent Sommerhoff. Ihm fehle es außerdem an Variation. „Wir haben keine Lifestyle-Produkte hier. Es gibt kein Bio oder veganes Angebot.“
Viele seiner Freunde seien bereits aus Heggen weggezogen. Deswegen komme es ihm so vor, als ob das Dorf „austrockne“. Dagegen müsse vorgegangen werden. Auch, um das Dorf in den nächsten Jahrzehnten attraktiv zu halten.
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Kapelle
Zuletzt wurde die Jugendherberge als Unterkunft für ukrainische Flüchtlinge genutzt. In Zukunft soll sie abgerissen werden, um ein neues Areal entstehen zu lassen. Auch die ehemalige Krankenhauskapelle ist dabei ins Visier geraten. „Zwei Drittel der Heggener haben jedoch ein Interesse daran, dass die Kapelle erhalten bleibt“, sagt Wolfgang Haase. Das Gebäude sei ortsbildprägend. „Wir haben ein paar schöne alte Gebäude in Heggen. Und das ist eines davon“, so Mechthild Sieg. Dementsprechend müsste der Wunsch vieler Heggener berücksichtigt werden. Sie stellen sich ein Mehrgenerationen-Wohnkonzept vor, in dem die Kapelle integriert wird, dazu könnte ein Bürgerpark passen. „Wir können einen Investor allerdings nicht dazu zwingen, sich die Kapelle ans Bein zu binden. Wichtig ist, überhaupt einen Investor zu finden“, gibt Michael Hüppe zu Bedenken. Aber: Braucht es wirklich einen Investor? Ulrike Guttstein: „Es gibt so viele Möglichkeiten, ob Genossenschaft oder GbR. Ich erwarte, dass von der Politik eine Ideensammlung kommt.“