Kreis Olpe. Eine Studie beleuchtet die Ladeinfrastruktur im Kreis Olpe – und was nötig ist, um in Sachen Elektromobilität zukunftsfähig zu bleiben.

Die Zukunft des Automobils ist elektrisch – daran herrscht kaum noch Zweifel. Daher muss eine Ladeinfrastruktur vorhanden sein, damit die Region auch in Zukunft mobil bleibt. Denn nicht jeder ist Hausbesitzer und kann sich eine Wallbox an die Garagenwand schrauben, um sein Auto nachts zu laden.

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Der Verein „Klimaagentur im Kreis Olpe“ hat eine Studie in Auftrag gegeben, um in Erfahrung zu bringen, wie der Kreis ladetechnisch aufgestellt ist und wo Nachholbedarf besteht. Die Ergebnisse wurden am Dienstag im Großen Saal des Kreishauses vorgestellt. Zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der Städte und Gemeinden hörten interessiert zu. Erstellt worden ist die Studie vom Büro „Frequentum“ mit Hauptsitz in München und Filialen unter anderem in Köln. Firmengründer Michael König und sein Mitarbeiter Thomas Rieger-Wiegand stellten die Ergebnisse vor.

Meike Menn, Projektmanagerin für Klima und Mobilität der Kreisverwaltung, fasste den Grund für die Beauftragung zusammen: Der Kreis wolle wissen, „wo können Ladesäulen hingebaut werden, wo ist es möglich, ohne dass Kommunen Grenze an Grenze welche aufstellen?“. König erklärte: „Unser Ziel war, eine strategische Planungshilfe zu erstellen, damit Sie entscheiden können, wieviel und wo öffentliche Ladestruktur ausgebaut wird.“ „Öffentlich“ heiße immer „öffentlich zugänglich“, nicht unbedingt, dass die öffentliche Hand die Ladesäulen bauen lasse. Grundsätzlich außen vor bleibe bei der Betrachtung die „private Ladeinfrastruktur in der Tiefgarage“.

König betonte, öffentliche Ladeinfrastruktur werde von Betreibern nur errichtet, wenn sie sich rechne. „Die gute Nachricht: Es gibt genügend Orte, wo man aufbauen kann.“ Derzeit gebe es im Kreis Olpe 1800 rein elektrisch betriebene Autos, etwa noch einmal so viele Hybridfahrzeuge kämen hinzu, die wahlweise mit Verbrennungsmotor oder extern ladbarem Akku angetrieben werden könnten. „Wenn sich bei Ihnen im Kreis alles so verhält wie in Deutschland, werden es 2030 14.000 vollelektrische plus ein paar hybride sein.“ Derzeit gebe es 114 öffentlich zugängliche Ladepunkte, „wir empfehlen 20 Doppel-Ladesäulen pro Jahr dazuzubauen. 2030 sollten es 400 Ladepunkte sein“.

Dabei ist Ladesäule nicht gleich Ladesäule: Man unterscheidet zwischen preiswerten, langsam ladenden Wechselstrom-Ladesäulen (AC) und teuren, schnell ladenden Gleichstrom-Varianten (DC). Thomas Rieger-Wiegand stellte die unterschiedliche Nutzung dar: Die langsamen AC-Säulen, derzeit im Kreis fast ausschließlich verbaut, seien dort sinnvoll, wo Menschen ihr Auto für längere Zeit ohnehin abstellen, etwa an Kinos, dem Gericht oder an der Arbeitsstelle. Der Vorteil: Die Station ist preiswert zu bauen, langsames Laden schont den Fahrzeugakku. DC-„Turbo“-Säulen seien überwiegend an der Autobahn zu finden, dort, wo quasi analog zum Tanken von Benzin der Akku rasch vollgepumpt werden müsse. Aber auch im Kreisgebiet müssten DC-Säulen zur Verfügung gestellt werden. Weiterhin sei es aber für Hausbesitzer äußerst sinnvoll, vorrangig in der eigenen Garage über Nacht zu laden.

Die Fachleute von „Frequentum“ schlagen den Kommunen vor, gemeinsam im Zweijahresrhythmus neue Standorte öffentlich auszuschreiben. Dazu sollten Handel und Gewerbe mobilisiert werden, sich an „halböffentlicher Ladeinfrastruktur“ zu beteiligen.

Markus Scherer aus Schönau erklärte, es werde sich bald herausstellen, dass mehr öffentliche Ladestellen nötig seien: „Wer ein älteres Haus hat, nimmt schnell Abstand von einer Wallbox, weil die manchmal nötige Erneuerung der Elektroverteilung auch mal 6- bis 10.000 Euro kostet.“ Ingo Ehrhardt, Chef des heimischen Versorgers Bigge-Energie, konterte die aus dem Plenum laut werdende Sorge vor einer Netzüberlastung durch Ladeinfrastruktur: „Solange die Anlagen angemeldet sind, kann man eine Gefahr fürs Stromnetz ausschließen. Es wird immer dann schwierig, wenn unkontrolliert zugebaut wird.“ Der Bürgermeister der Stadt Drolshagen, Uli Berghof, auch Vorsitzender des Vereins „Klimaagentur“, offenbarte sich als großer Freund der Elektromobilität. Seine Prognose: „Hier auf dem Land wird jeder, der kann, nachts zu Hause in der Garage laden. Allein, weil es viel günstiger ist.“

Daniel Schmidt aus Schönau, der unter dem Titel „Neulich an der Ladesäule” einen vielgenutzten Youtube-Kanal zum Thema Elektromobilität betreibt, widersprach: „Ich nutze kaum noch AC-Lader. Das Schnellladen ist so fortgeschritten, ich stehe nur noch zwölf Minuten an der Ladesäule.“ Er plädiert für weniger von ihm als „Schnarchlader“ bezeichnete AC- und mehr DC-Lader, denn „wer über die Autobahn kommt und ins Hochsauerland fährt, der würde wahrscheinlich hier in Olpe noch vollladen und dann da hoch.“ Der Vertreter eines Verbrauchermarkts erklärte, AC-Ladesäulen seien für ihn kontraproduktiv: „Kunden bleiben bei uns eine halbe Stunde, da lohnt sich das langsame Laden nicht, und wenn die Autos dann vier Stunden dort stehenbleiben und einen Parkplatz zum Laden blockieren, kostet uns das Umsatz.“ Ein anderer Elektroauto-Fahrer schilderte sein Ladeverhalten: „In Wenden bekomme ich bei meinem Auto an der AC-Säule Strom für 65 Kilometer in einer Stunde getankt. Am Aldi in Freudenberg ist DC, da komme ich auf 300 Kilometer Reichweite pro Stunde.“ Er richte daher seinen Einkauf nach der Lademöglichkeit aus.