Attendorn. Wendelin Lorenz aus Neu-Listernohl verlor 1998 bei einem furchtbaren Rettungseinsatz sein Leben. Sein Denkmal soll vor Leichtsinn warnen.

Während die einen das Bundesschützenfest in Altenhundem feiern, ereignet sich am anderen Ende des Kreises ein Unglück, das bis heute noch lebhaft in der Erinnerung vieler Menschen im Kreis, besonders aber bei der Feuerwehr und bei den Menschen des Rettungsdienstes im Gedächtnis bleiben wird. Die verzweifelte Rettungsaktion eines Kanufahrers aus Sundern bezahlt der damals 34-jährige Feuerwehrmann Wendelin Lorenz mit dem Leben. Er gehörte zur Löschgruppe Neu-Listernohl.

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Am Nachmittag des 18. September 1998 führt der Fluss „Ihne“ auf dem Attendorner Stadtgebiet nach mehreren intensiven Regen-Tagen Hochwasser. Zwei Männer (26 und 28 Jahre alt) aus der Stadt Sundern starten in der Ortschaft Kraghammer mit Kanus eine Bootsfahrt auf der Ihne. Dass dieser Fluss für alle Arten von Wassersport ungeeignet ist, ist ihnen augenscheinlich nicht bewusst.

Mit letzter Kraft festgehalten

Nach einigen hundert Metern wird der Ihne-Fluss in einer 180 Meter langen unterirdischen Röhre, dem sogenannten „Ihneschuss“, geführt. Der Sog ist enorm. Gegen die Strömung anzukämpfen ist unmöglich. Dem jüngeren der beiden Kanuten gelingt es, sich mit letzter Kraft am Ufer festzuhalten. Ein Urlauber aus Wesel hilft dem 28-Jährigen. Weitere Passanten geben einen Notruf bei der Leitstelle ab. Es ist kurz vor 16 Uhr. Noch bevor die Feuerwehr nur wenige Minuten später eintrifft, haben es Ersthelfer geschafft, den einen Kanuten aus dem Wasser zu ziehen.

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Der jüngere der beiden Kanuten wird in die Röhre gezogen. Er gilt zunächst als vermisst. Als erstes gehen zwei Taucher der DLRG abgeseilt in die dunkle Röhre. Doch sie unterschätzen die Strömung und die Sogwirkung. Nur mit viel Mühe kann ein Taucher durch die Kameraden der Feuerwehr wieder aus der Röhre gezogen werden. Bei dem zweiten reißt die Leine. Er wird mit großer Wucht durch die Röhre gespült. Den vermissten Kanuten entdeckt er nicht.

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Dann macht sich ein zweites Taucherteam fertig. Auch der Versuch scheitert schnell. Die Wassermassen sind einfach zu stark. Ein Taucher wird von der Feuerwehr gerettet, der zweite, ein Hobbytaucher der Olper Feuerwehr, wird leblos aus dem Wasser gezogen und muss reanimiert werden. Noch heute leidet er unter den Folgen des Unfalls. Danach konzentriert sich die Suche der rund 200 Einsatzkräfte auf den Flussabschnitt hinter der Röhre. Sie gehen das Ufer ab, halten Ausschau. Dabei beginnt ein Wettlauf mit der Zeit. Zum einen sinken die Überlebenschancen des Kanuten, zum anderen droht die Dunkelheit.

Im Jahr 2023 erneuerten Einsatzkräfte der Feuerwehreinheit Neu-Listernohl ein Denkmal. Es soll an den Unfall vom 18. September 1998 erinnern, bei dem es durch Leichtsinn zu einem schrecklichen Unfall gekommen ist.
Im Jahr 2023 erneuerten Einsatzkräfte der Feuerwehreinheit Neu-Listernohl ein Denkmal. Es soll an den Unfall vom 18. September 1998 erinnern, bei dem es durch Leichtsinn zu einem schrecklichen Unfall gekommen ist. © Hansestadt Attendorn

Daher besteigen drei Feuerwehrkameraden ein Rettungsboot des Ruhrverbandes, um sich an der Suche zu beteiligen. Kurz vor dem Kraftwerk an der Bigge kentert das Boot. Während zwei der drei Feuerwehrmänner sich retten können, wird der dritte bewusstlos geborgen und verstirbt noch an der Unfallstelle. Es ist der Feuerwehrkamerad Wendelin Lorenz. „Es war einer der schrecklichsten Tage meiner Amtszeit“, erinnert sich Ehrenbürgermeister Alfons Stumpf auch noch 25 Jahre später voller Betroffenheit an diesen Tag. Der vermisste Kanute wird 16 Tage später etwa sieben Kilometer von der Unfallstelle entfernt tot aus dem Ahauser Stausee geborgen. Unterbrandmeister Wendelin Lorenz ist seit der Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Attendorn im Jahre 1885 der einzige Kamerad, der in einem Einsatz sein Leben verlor. Im Jahr 2023 erneuern Einsatzkräfte der Feuerwehreinheit Neu-Listernohl ein Denkmal. Es soll an den Unfall vom 18. September 1998 erinnern, bei dem es durch Leichtsinn zu einem schrecklichen Unfall gekommen ist. Gleichzeitig soll das Denkmal aber auch stellvertretend an alle Einsatzkräfte erinnern, die ihr Leben verloren haben, als sie andere Menschen aus einer Not und Gefahr retten wollten.