Olpe. Sabine Weikamm aus Olpe hat eine einfache Bekämpfungsmethode gegen den giftigen Riesenbärenklau entdeckt. Das Umweltamt zeigt großes Interesse.
Sie ist eine beeindruckende Pflanze, mit großen Blüten, hübsch anzusehen. Vielleicht ist es gerade ihre einladende Schönheit, die sie noch gefährlicher macht, denn: Sie ist hochgiftig. Wer mit dem Riesenbärenklau in Berührung kommt, kann schmerzhafte Verbrennung erleiden. Sie stellt also eine Gefahr für Mensch und Tier dar. Weil sie außerdem zu den invasiven Pflanzenarten zählt, also heimische Pflanzenarten verdrängt, raten Experten dazu, die Pflanze zu vernichten. Denn ausgewachsene Exemplare können bis zu 80.000 schwimmfähige Samen bilden, die bis zu zehn Jahre im Boden keimfähig bleiben. Ihre Bekämpfung ist also wichtig, aber auch schwierig. Das hat auch Sabine Weikamm aus Olpe erfahren müssen. Bis sie eines Tages per Zufall auf eine verblüffend effektive Methode stieß.
„Ich bin da am Anfang sehr leichtgläubig drangegangen. Nachdem ich aber zum ersten Mal die Stängel geschnitten hatte, habe ich gemerkt: Der Kampf beginnt“, erzählt Weikamm und lacht. Die Olperin hatte sich im Herbst 2021 ein Stück Land im Othetal im Oberbergischen Kreis gepachtet. Von den knapp zwei Hektar waren etwa 2600 Quadratmeter vom Riesenbärenklau befallen, dazu etwa 500 Quadratmeter Bachlauf. Ein befreundeter Schafsökonom hatte sich das Land angeschaut und ihr versichert, dass es in diesem Zustand nicht beweidbar wäre. „Mein erster Gedanke war, das Land vielleicht doch wieder zurückzugeben“, erinnert sich Weikamm. „Aber ich habe das Kämpferische in mir.“ Seitdem Pferd Mogli vor 34 Jahren zu ihr kam, hatte sie immer wieder herausfordernde Situationen erlebt, für seine Sicherheit zu sorgen. Unter anderem musste sie auch schon gegen das giftige Jakobskreuzkraut vorgehen, das sich auf Weiden breitgemacht hatte und das für Pferde bei Aufnahme tödlich sein kann.
Gestank des ausgewachsenen Riesenbärenklaus löst fast Brechreiz aus
Bei der Bekämpfung des Riesenbärenklaus holte sich Weikamm zunächst Tipps vom Umweltamt des Kreises Olpe. Wichtig: Die Pflanze sollte am besten vor ihrer Blüte zwischen April und Juni vernichtet werden. „Im Kleinzustand ist sie noch relativ harmlos. Je größer sie wird, desto mehr kann sie anrichten. Und je größer sie wird, desto intensiver ist auch ihr Geruch“, so Weikamm. Zeitweise hatte sie mit Vaseline unter der Nase gearbeitet, um den Gestank ertragen zu können. „Es ist ein muffiger Geruch, der ein wenig an Aas erinnert. Der hat bei mir fast einen Brechreiz ausgelöst.“
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Nachdem Weikamm die giftigen Pflanzen zurechtgestutzt hatte, wollte sie auch die Wurzeln erwischen. Abstechen, ausgraben – eine zeitaufwendige Arbeit. Zumal beim Abstechen darauf geachtet werden muss, dass die Wurzelrübe an der richtigen Stelle abgehackt wird, sonst bildet die Pflanze innerhalb kürzester Zeit neue Triebe. An einem Tag, im Mai 2022, schnitt Sabine Weikamm ein paar Haselnussäste für ihre Schafe „Julius“ und „Cäsar“. Dabei entdeckte sie wieder einen Riesenbärenklau. „Ich dachte mir nur: ,Das kann jetzt nicht wahr sein!’“ Mit einer Astschere schnitt sie den Stängel des Riesenbärenklaus ab und steckte wütend einen Haselnussast in den hinterbliebenen Stängel, um ihn für eine spätere, endgültige Beseitigung zu markieren. Erst drei Tage später fiel ihr die markierte Stelle wieder ein und suchte sie auf. Dann die große Überraschung: „Die Pflanze war nicht nachgewachsen. Im Gegenteil: Der Röhrenstängel war sehr matschig, kurz vor dem Eingehen. Normalerweise wären in dieser Zeit drei neue Triebe gewachsen.“
Diese Beobachtung teilte sie dem Umweltamt des Kreises Olpe mit. Die Mitarbeiter rieten ihr, Teststellen einzurichten, um die Methode an topographisch unterschiedlichen Standorten zu prüfen. In einer Art Video-Tagebuch hielt sie ihre Beobachtungen auch auf ihrem Instagram-Kanal „herkulesstauden_harakiri“ fest. Das Ergebnis: An 19 von 20 Teststellen kamen keine neuen Triebe nach. Die eine Stelle sei hartnäckiger. Auch weil sie sich in der Nähe eines benachbarten Pachtlandes befindet, wo es einen starken Riesenbärenklau-Befall gibt.
Wasserziehende Pflanzen könnten der Schlüssel sein
Eine wissenschaftliche Erklärung gibt es (noch) nicht. Eine mögliche Theorie könne aber sein, dass wasserziehende Pflanzen zu einem Absterben des Riesenbärenklaus führen könnten. Neben der Haselnuss gehören dazu zum Beispiel auch Birke, Weide, Erle oder Esche. „Ich habe auch Teststellen eingerichtet, bei denen ich mit Metall-, Holz- oder Kunststoffstäben gearbeitet habe. Um zu schauen, ob es an den Verletzungen im Inneren lag, dass keine neuen Triebe mehr nachkommen. Das hat aber alles nicht funktioniert“, meint Weikamm.
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Im Kreis Olpe seien derzeit alle Bestände des Riesenbärenklaus im Griff, betont Stefanie Gerlach, Pressesprecherin des Kreises Olpe. Vor allem an sensiblen Orten wie auf Spielplätzen oder an Wanderwegen bestehe eine erhöhte Verkehrssicherungspflicht. Wenn dort ein Riesenbärenklau entdeckt werde, gehe man mit der „mechanischen Bekämpfungsmethode“ vor. Das heißt: Abstechen des Vegetationskegels, Ausgraben der Wurzel und regelmäßige Mahd oder Beweidung der betroffenen Flächen. Das Tückische: „Der Riesenbärenklau breitet sich sehr schnell aus – insbesondere entlang von Gewässerläufen – und verdrängt dort die standorttypische Flora und Fauna. Es kommt zu einem deutlichen Verlust der Artenvielfalt“, erklärt Gerlach. Was also, wenn die Samen des Riesenbärenklaus in Bigge und Lister gelangen?
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Auch wenn das Umweltamt des Kreises Olpe Weikamms Methode zur Beseitigung des Riesenbärenklaus selbst noch nicht erprobt hat, sind die Mitarbeiter sehr an ihren Ergebnissen interessiert. „Ihre Methode wird für praktikabel erachtet und gerade bei stark befallenen Flächen für gut geeignet, um zügig die Wuchsleistung des Riesenbärenklaus einzudämmen. Für den Erfolg der Methode sind verschiedene Ursachen denkbar; für eine abschließende Erklärung bräuchte es aber wissenschaftliche Daten“, merkt Stefanie Gerlach an. Eine Universität hatte bereits Interesse an der Forschung bekundet. „Da Grundlagenforschung jedoch sehr intensiv ist, muss alles gut und finanziell überdacht sein“, so Sabine Weikamm. Sie hofft, dass ihre Methode Zukunft hat. „Es wäre zu schade, wenn die Entdeckung nicht erforscht oder verifiziert würde.“