Schauriger Lost Place: Der alte Friedhof in Grevenbrück
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Grevenbrück. Wildkräuter überwuchern den alten evangelischen Friedhof in Grevenbrück. Die Namen auf den Gräbern sind kaum noch zu entziffern.
Wenn die Evangelische Kirchengemeinde Grevenbrück einen der Ihren bis in die 60-er Jahre zu Grabe tragen musste, galt es für die Angehörigen, kräftige Träger zu finden. Denn der seit vielen Jahren verwitternde Friedhof war nur über einen rund 400 Meter langen Serpentinenweg auf die Hardt zu erreichen: „Die Verstorbenen aus Foerde und Grevenbrück sind damals über die Johannesbrücke den Weg auf die Hardt getragen worden. Das war vermutlich eine beschwerliche Angelegenheit“, sagt Manfred Graf, Vorstandsmitglied des Heimatvereins und Mitglied der evangelischen Gemeinde in Grevenbrück.
Nur dank seiner freundlichen Hilfe finden wir den zugänglicheren Weg zum Ort unseres Interesses. Einem Stückchen Erde, das mit Fug und Recht als verlassener Ort, als „Lost Place“ bezeichnet werden darf. Vom geteerten Verbindungsweg zwischen Trockenbrück und Hespecke führt uns Manfred Graf über einen ungemähten Waldweg bis zu den geheimnisvollen, in wildes Pflanzengrün getauchten Grabfeldern. Eine mächtige, herausragende Rotbuche, die sich in den Jahren mitten durchs alte Gemäuer einer Treppenanlage gezwängt hat, begrüßt hier lautlos jeden Gast und trägt zur ohnehin geheimnisvollen Atmosphäre bei. „Also im Dunkeln“, gebe ich freimütig zu, „wäre mir hier unheimlich zu Mute.“
Während US-Starregisseur Quentin Tarantino das gerade einmal 800 bis 900 Quadratmeter große Grabesfeld mühelos als Kulisse für einen seiner Horrorstreifen nutzen könnte, darf der Friedhof aus anderer Perpektive als friedliche, Ruhe spendende Natur-Idylle empfunden werden. Auf einem kleinen, mit einem winzigen Satteldach geschützten Schild steht schwarz auf weiß, worauf es den Nachkommen ankommt: „Achte die Ruhe der Toten“ steht dort zu lesen. Aber eben auch in wenigen Sätzen, auf welcher viele Jahrzehnte fast unberührter Erde wir uns befinden: „Alter ev. Friedhof auf der Hardt - Angelegt um 1880 als privater Friedhof der Familie Hüttenhein, seit 31. Juli 1920 im Besitz der ev. Kirchengemeinde. Eingeweiht am 31. Oktober 1920 als Friedhof der Gemeinde. Hier fanden bis 1962 alle Verstorbenen der ev. Kirchengemeinde Grevenbrück ihre letzte Ruhestätte.“
Der Blick auf die teils prächtigen Grabsteine und drei große, miteinander verbundene Gruften beweist, dass die Familie Hüttenhein wohlhabend gewesen sein muss. Was sich in der Dokumentation der Lennestädter Denkmalliste auch wiederfindet. Am 5. Mai 2014 wurde der Friedhof als Denkmal der Stadt anerkannt.
Geheimnisvolle Gräber im Wald- Bilder eines alten Friedhofes
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Aber auch andere Familiennamen tauchen in den Gravuren auf. Auch, wenn sie teilweise nur noch schwer zu entziffern sind. 1957 und 1977 der Familienname Eiden, 1923/1933 der Name Girod, zwischen 1919 und 1937 viermal die Schachtebecks aus Foerde, 1923 und 1962 Heydorn sowie eine Einzelgruft mit dem Namen Dickgräve.
Noch gut zu entziffern sind auf einem Stein mit erhaltenem Grabfeld Ziffern und Buchstaben, die einen Einblick in die damalige Epoche geben. Denn begraben worden ist dort eine „Frau Amtsrichter Wissmann, geb. Marie Hüttenhein“, die nur 29 Jahre alt wurde (1860 bis 1889). Dass man den Titel ihres Ehemannes hinzusetzte, macht deutlich, welchen Stellenwert der Rang einer hochgestellten Amtsperson ausgangs des 19. Jahrhunderts hatte.
Ihren Reichtum hatte Familie Hüttenhein übrigens einer Gerberei und einem Elektrizitätswerk zu verdanken, wie die Stadt dokumentiert hat. Einer der Grabsteine weist auf einen Wilhelm Hüttenhein (1816 - 1895) hin, der neben seiner Gattin Henriette, geb. Zimmermann (1820 - 1899) seine letzte Ruhe fand. Er war der Vater des wohl berühmtesten Sprosses der Familie gleichen Namens. Zu Wilhelm Hüttenhein Junior informiert die Stadt: „Bei dem hier mit seiner Frau Lina, geb. Wissmann, bestatteten Wilhelm Hüttenhein (1852 - 1916) aus Trockenbrück handelt es sich um den Elektrizitätswerkbesitzer, der die Gleislose elektrische Personen- und Transportbahn im Veischedetal 1902 initiierte.“ Auffallend: Die Familien Hüttenhein und Wissmann müssen eng verbunden und mehrfach verschwägert gewesen sein.
Ein noch gut erhaltener Gedenkstein lässt sich durch an ihm hochrankende Wildkräuter nicht davon abhalten, dem Besucher sofort ins Auge zu fallen. Erinnert wird an die gefallenen Soldaten des Ersten Weltkrieges (1914 bis 1918) aus Grevenbrück. Dabei schimmern die Namen Hofmann, Hüttenhein, Schumacher, Svorholz und Seidenstücker noch leserlich hindurch.
Noch nicht ganz geklärt ist offenbar, wer künftig für den Friedhof zuständig ist. Vermutlich, so Manfred Graf, werde es die Evangelische Kirchengemeinde in Zusammenarbeit mit dem Heimatverein sein.
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