Rothemühle. Die ambitionierte Umnutzung einer Halle des einstigen Apparatebaus als Ort für Kultur und Veranstaltungen sind wohl finanziell nicht darstellbar.
Die Pressemitteilung der Sparkasse Olpe-Drolshagen-Wenden beginnt verheißungsvoll: „Die Projektgesellschaft ,Zukunftsquartier Rothemühle GmbH’ hat das Startsignal zur Entwicklung des ,Zukunftsquartiers’ auf dem ehemaligen ,Balcke-Dürr-Gelände’ gegeben. Seit kurzem haben die Rückbauarbeiten begonnen. Die Zeit der Industriebrache in Rothemühle dürfte damit perspektivisch Ende 2023 beendet sein“, heißt es da fast euphorisch. Doch viel weiter unten, fast am Ende der Mitteilung, packt die Sparkasse den „Hammer“ aus: Denn ein zentrales Element der bisherigen Planungen, die Kultur- und Eventhalle, wird komplett beerdigt. „Nach eingehender Prüfung und intensiver Sondierungsphase mit allen Beteiligten“, heißt es da, müsse die Projektgesellschaft „mit großem Bedauern akzeptieren, dass das Nutzungskonzept einer großen Kultur- und Eventhalle wirtschaftlich nicht umsetzbar ist“. Hierüber seien der eigens gegründete „Kulturverein Halle 4“ sowie der Bürgermeister der Gemeinde Wenden bereits informiert.
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Besagter Bürgermeister, Bernd Clemens, zeigt sich im Gespräch mit unserer Zeitung betroffen. „Es war nicht der Zentralpunkt des Konzepts, das ist die Schaffung von mindestens drei Hektar Gewerbefläche, aber es war schon ein ganz wichtiges Element und auch Teil des Innerstädtischen Entwicklungskonzepts. Es tut mir leid und ich finde es sehr schade, dass die Idee der Kulturhalle nicht umgesetzt werden kann.“ Insbesondere bedauere er, dass das große Engagement des eigens gegründeten Vereins und seiner engagierten Mitglieder wohl auf der Strecke bleibe. Auch sei er überrascht über die schnelle Information der Öffentlichkeit: „Ich selbst habe die Nachricht nur einen Tag vorher bekommen und hätte gern mit dem Verein gesprochen und über mögliche Alternativen gesprochen, bevor es an die Öffentlichkeit kommt.“ Andererseits sei die nötige Kernsanierung der Halle zur Nutzung als Kultur- und Eventstätte mit über 5 Millionen Euro kalkuliert worden und angesichts ausbleibender Fördermittel schier nicht zu stemmen.
Die Sparkasse hatte anhand dieser Summe kalkuliert und ist zum Ergebnis gekommen: „Allein zur annähernden Deckung der laufenden Ausgaben ohne Berücksichtigung der Investitionskosten hätte die Kulturhalle bei einem professionellen Betrieb an fast jedem zweiten Tag im Jahr mit Veranstaltungen ausgebucht sein müssen – ein Volumen, das ehrenamtlich tätigen Vereinsmitgliedern nicht abverlangt werden kann und das auf Nachfragerseite gleichermaßen unrealistisch ist.“
Gegen Mitbewerber durchgesetzt
Das Gelände in Rothemühle, einst Standort der Firma Apparatebau Rothemühle Brandt & Kritzler, hatte die Projektgesellschaft, an der neben der Pyramis Immobilien Entwicklungs GmbH aus Telgte auch die Sparkasse Olpe-Drolshagen-Wenden als weiterer Gesellschafter mitbeteiligt ist, von der Gemeinde Wenden erworben. Dem war ein Vergabeverfahren der Gemeinde vorangegangen, bei dem drei Bewerber ihre Pläne vorgestellt hatten. Nach einer Punktvergabe war der Zuschlag an die Projektgesellschaft von Sparkasse und Pyramis erfolgt.
Dass nun zentrale Elemente dieses Konzepts nicht umgesetzt werden, begründet die Projektgesellschaft mit vollkommen veränderten Rahmenbedingungen, unter anderem dem Ukraine-Krieg und den dadurch entstandenen Kostensprüngen. Inzwischen haben die Entkernungs- und Schadstoffsanierungsarbeiten begonnen, um den Abbruch der Gebäude vorzubereiten. Die Projektgesellschaft hat damit das Bauunternehmen Hugo Schneider aus Hamm beauftragt. Bis Jahresende sollen die Verwaltungsgebäude und die Fabrikhallen abgebrochen werden, laut Sparkasse „zunächst mit Ausnahme der Hallen 4 und 6“.
Hausbau: Nur verhaltene Nachfrage
Ein weiterer Rückschlag für das geplante Prozedere: Der Bau von Wohnhäusern auf dem unmittelbar angrenzenden ehemaligen Mitarbeiterparkplatz, einer Fläche von etwa 9100 Quadratmetern, steht in den Sternen: „Bislang besteht nur eine verhaltene Nachfrage“, so die Sparkasse in ihrer Pressemitteilung. Insbesondere private Bauvorhaben würden zurückgestellt oder aufgegeben. Konstant hoch geblieben sei dagegen die Nachfrage nach Gewerbeflächen, „was beide Projektpartner darauf zurückführen, dass aktuell kaum Alternativen vorhanden sind“.
Weiterverfolgt werden soll die Frei- und Umlegung des Biggeflusses, der derzeit auf einer Länge von rund 250 Metern unter der ehemaligen Firma verrohrt ist. Das für eine solche Gewässeröffnung nötige wasserrechtliche Genehmigungsverfahren erwartet die Projektgesellschaft Ende des Monats. „Obwohl auch hier die ursprünglich bereits eingeplanten Fördergelder voraussichtlich nicht fließen werden, verfolgt die Projektgesellschaft diese Planung intensiv weiter“, macht die Sparkasse zumindest hier Hoffnung auf eine Umsetzung der Ursprungspläne. Nähere Einzelheiten sollen am Freitag in einer Pressekonferenz bekanntgegeben werden.
Bernd Hesse, Unternehmer aus Gerlingen und einer der beiden unterlegenen Bewerber für das Gelände, zeigt sich empört über diese Entwicklung: Nun stelle sich die Situation so dar, dass das Siegerprojekt weniger Inhalt habe als die beiden unterlegenen. Er wolle aber keine Kraft und Mühe mehr investieren, um dagegen anzugehen: „Da denke ich an den Bibelunterricht in der Volksschule zurück und zitiere nur: ,Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.’ Ich habe schonmal den Rücktritt von Bürgermeister Bernd Clemens gefordert und wiederhole das an dieser Stelle. Ich fühle mich durchaus betrogen, dass ein Projekt den Zuschlag bekommt, das nachträglich um zentrale Elemente gekürzt wird, aber was soll ich denn daran noch ändern? Nur um am Ende recht zu bekommen, gehe ich nicht vor Gericht.“