Heggen. Die L 853, die den Ort Heggen quert, bleibt ein Dauerstreit-Thema. Sie sei viel zu stark belastet, ärgern sich Anwohner. Ist das wirklich so?

Die Schneise der Verwüstung, die ein junger Autofahrer Mitte April in Heggen hinterlässt, ist auch Tage später noch zu sehen. Ein gutes Stück Holzzaun an einem privaten Grundstück an der Hauptstraße – der Landstraße 853 – fehlt. Ein Garagentor ein paar Meter weiter wird arg in Mitleidenschaft gezogen. Was ist geschehen? Ein junger Mann, gerade einmal 18 Jahre alt, verliert spät abends die Kontrolle über sein Auto, als er innerorts die Landstraße bergab Richtung Attendorner Straße befährt. Er kommt von der Straße ab, durchbricht zwei Holzzäune, passiert die „Rosengasse“ und prallt gegen eine Garage. Das dort geparkte Auto wird ebenfalls beschädigt.

Ein Gartenzaun ist kaputt, eine Garage stark beschädigt: die Folgen eines Verkehrsunfalls auf der Hauptstraße in Heggen.
Ein Gartenzaun ist kaputt, eine Garage stark beschädigt: die Folgen eines Verkehrsunfalls auf der Hauptstraße in Heggen. © Barbara Sander-Graetz | Barbara Sander-Graetz

So schilderte die Polizei tags drauf den Unfallhergang, der glücklicherweise für die insgesamt vier Insassen mit nur leichten Verletzungen endet. Doch der Sachschaden ist enorm. Dieser Unfall befeuert, nicht zum ersten Mal, die Diskussion darüber, ob die enge und teilweise kurvenreiche Straße (zu) gefährlich sei. Und nicht zum ersten Mal erreichen Forderungen nach Tempo 30 diese Redaktion. Eine besorgte ältere Anwohnerin schildert: „Die Situation ist unglaublich. Ich habe Angst, über den schmalen Bürgersteig an der Hauptstraße zu laufen.“

Unübersichtlichen Links-Rechts-Kurve

Der Verkehr durch den zweitgrößten Ort der Gemeinde habe in den letzten Jahren rapide zugenommen. Und viele Autofahrer, so die subjektive Empfindung der älteren Dame, würden immer achtloser durch den Ort rasen. Besonders gefährlich sei genau die Stelle, an der es kürzlich zu besagtem Unfall kam – unweit der Kirche in einer unübersichtlichen Links-Rechts-Kurve. Dort befindet sich unter anderem auch eine Bäckerei. Auch Kindergarten und Schule sind nur einen Steinwurf entfernt, sie liegen allerdings an der Ahauser Straße. Fußgänger müssten aufgrund der parkenden Autos auf die Fahrbahn ausweichen, aus Sicht der Dame eine untragbare Situation. Ihr Wunsch: Die Landstraße wird in Heggen zur Tempo-30-Zone. Hinzu komme, dass der Schwerlastverkehr deutlich zugenommen habe. Viele Lkw aus dem Industriegebiet Ennest würden, auf dem Weg in Richtung Finnentrop, durch Heggen abkürzen.

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Michael Klein kennt die Diskussion. Der Polizeihauptkommissar gehört der Führungsstelle der Direktion Verkehr bei der Kreispolizeibehörde an. „Wir haben die Hauptstraße, aber auch die Hollenbocker Straße in Heggen im Blick und müssen tätig werden, wenn es zu Auffälligkeiten kommt“, sagt und verspricht er. Die Polizei wertet regelmäßig die Unfallsituation auf den Straßen im Kreis Olpe aus – und zwar gemeinsam mit dem Kreis Olpe, den Kommunen sowie den Straßenbaulastträgern, hier also Straßen NRW. Ergeben sich Unfallhäufungsstellen, wird die Unfallkommission tätig.

Mehr Verkehr zu den Stoßzeiten

Die Fachleute überprüfen dann, ob und wie sie verkehrsregelnd eingreifen können. Und ja, subjektiv betrachtet ist auch Klein der Meinung, dass der Durchfahrtsverkehr in Heggen zugenommen habe. Vor allem zu den Stoßzeiten am frühen Morgen, mittags, wenn bei den großen Firmen im Industriegebiet Ennest Schichtwechsel ist oder am späteren Abend. Doch seine Aufgabe ist, die erhobenen Zahlen und Fakten als Grundlage für mögliche Entscheidungen zu nehmen. Und die zeichnen bislang eben ein anderes Bild.

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Erstens: Auf der L 853 kam es in den vergangenen drei Jahren zu knapp 70 Unfällen, die sich auf der Durchfahrtsstraße ereigneten. Das waren in erster Linie Park- und sogenannte Spiegelunfälle. Maßgeblich für das Einschreiten einer Unfallkommission sind jedoch in erster Linie Verkehrsunfälle mit Personenschäden. Hier ergaben sich 14 Fälle, drei Menschen wurden schwer verletzt. Da sich diese Unfälle über die gesamte Ortsdurchfahrt verteilen und darüber hinaus unterschiedliche Unfalltypen sowie unterschiedliche Ursachen vorliegen, sei ein Eingreifen der Unfallkommission noch nicht erforderlich, erklärt Klein. Und zweitens: Anwohner klagen immer wieder darüber, dass durch den Ort gerast würde. Eine Auswertung mit einem Geschwindigkeitsdisplay ergab jedoch, dass 85 Prozent aller Autofahrer mit rund 60 km/h im Bereich der Hollenbocker Straße unterwegs waren. Das sind 10 km/h mehr als zulässig.

Diese 10 km/h mehr seien leider nicht nur in Heggen üblich. „Was aber auch nicht heißen soll, dass es sehr wohl vereinzelte Verkehrssünder gibt, die mit deutlich höherer Geschwindigkeit durch Heggen fahren“, beteuert der Polizeihauptkommissar. Diese Umstände alleine lassen jedoch eine geschwindigkeitsbegrenzende Maßnahme nicht zu. Noch etwas liegt Michael Klein auf dem Herzen: „Jeder Unfall ist genau einer zu viel. Wenn sich Unfallhäufungsstellen abzeichnen, ist es unsere gemeinsame Aufgabe weitere Verkehrsunfälle zu verhindern. Für jede dann vorgesehene Änderung gibt es aber auch rechtliche Vorgaben, an denen wir uns orientieren müssen. Wir können beispielsweise kein Tempolimit einführen, wenn diese rechtlichen Vorgaben nicht erfüllt sind.“