Attendorn. Zehn Hennen verbringen ihren Ruhestand im Attendorner Gefängnis. Dabei haben die „ewig glücklichen Hühner“ eine wichtige Aufgabe.
Sie haben mehr als die Hälfte ihres Lebens gearbeitet. Jetzt verbringen sie ihren Ruhestand in der JVA Attendorn. Hier können sie ihren Lebensabend stressfrei verbringen. Ohne Druck, mit viel Platz und glücklich. „Die Mädels sind gut drauf“, erzählt Heike Wehr, Pressesprecherin der JVA Attendorn. Das lockert den Haft-Alltag auf. Und hilft.
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Seit mittlerweile einem Monat leben zehn Hühner in der JVA Attendorn. Die Hennen stammen aus einer kommerziellen Freilandhaltung. Weil sie für die wirtschaftliche Eierproduktion mittlerweile zu alt sind, drohte ihnen die Schlachtung. Im Rahmen einer Rettungsaktion des Tierschutzvereins „Hühnerrettung NRW e.V.“ konnte das verhindert werden. „Eine Kollegin engagiert sich in dem Verein und nahm bereits privat Hühner auf“, erklärt Wehr, wie der Kontakt zwischen Verein und JVA zustande kam. Nun gackern die Hennen munter im großzügigen JVA-Stall vor sich hin und bereichern den Alltag der Gefangenen.
JVA-Gefangene lernen mit Hühnern soziale Verantwortung
Prinzipiell ist die Hühnerhaltung als Teil einer Behandlungs- und Freizeitmaßnahme für die Gefangenen des offenen Vollzugs gedacht. Ziel ist es, die Gefangenen zu motivieren, soziale Verantwortung zu übernehmen und ihnen eine sinnvolle Beschäftigung zu bieten. „Vor allem die lebensälteren Gefangenen und die körperlich oder geistig beeinträchtigten Gefangenen, die keiner geregelten Arbeit nachgehen können, bekommen so eine Aufgabe und mehr Tagesstruktur. Oft sind es eben diese Gefangenen, die sich tendenziell zurückziehen und nicht so leicht Anschluss zu anderen Gefangenen finden“, sagt Wehr. Drei Gefangene kümmern sich, unter Anleitung der fachkundigen Bediensteten, zurzeit um die Versorgung der Hühner. Und das Projekt zeigt bereits erste Erfolge: „Wir haben einen Gefangenen, der wirklich viel Zeit mit den Hühnern verbringt, sich zu ihnen setzt und mit ihnen redet“, so Wehr.
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Wie Bilder und Erzählungen des Vereins „Hühnerrettung NRW“ belegen, kommen einige gerettete Hühner in katastrophalem Zustand in ihrem neuen Zuhause an. Oft sehen sie wie gerupft, sind ausgezehrt, abgemagert und krank. „Wir wussten nicht, was uns erwartet. Wir hatten im Vorfeld auch darüber nachgedacht, die Gefangenen kleine Pullis für die Hühner stricken zu lassen, damit sie etwas von den Witterungseinflüssen geschützt werden. Aber: Das war gar nicht nötig“, meint Wehr. Lediglich einem Huhn fehlten ein paar Federn, die mittlerweile nachwachsen. Besonders schön: Die Hühner sind nicht schreckhaft, sondern erstaunlich zutraulich. Sie scheinen die ungewohnte Aufmerksamkeit zu genießen.
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Bis zum Beginn des Projekts hatten die Bediensteten und Gefangenen der JVA-Schreinerei und des Gartens alle Hände voll zu tun. Von der Planung bis zum Aufbau des großzügigen Geheges hat es insgesamt eineinhalb Jahre gedauert. Und auch jetzt nimmt die Pflege und Fütterung einige Zeit in Anspruch. Zumal bald auch noch eine Grünfutteranlage gebaut werden soll.
Das Projekt trägt den Namen „Ewig glückliche Hühner“. Der Name war zuvor im Rahmen eines anstaltsinternen Wettbewerbs unter den Bediensteten vergeben worden, bei dem sich JVA-Mitarbeiter Manuel Fahl mit seiner Idee durchgesetzt hatte. Als Preis bekam er die ersten zehn nutzbaren Eier der „ewig glücklichen Hühner“ von Anstaltsleiterin Yasmin Scheiner überreicht. Die zukünftigen Eier dürfen die Gefangenen dann selbst behalten.