Attendorn. Inhaberin Eva Kathol wird ihren Restaurant- und Hotelbetrieb „Zum Ritter“ an der Kölner Straße in Attendorn schließen. Das sind die Gründe.

Ein knappes Jahr hat Eva Kathol (59) mit sich gerungen und sich immer wieder diese eine Frage gestellt: Geht es noch oder ziehe ich einen Schlussstrich? Nun hat die Vollblut-Gastronomin aus dem Frettertal eine Entscheidung getroffen: Sie hört auf. Zum 31. August schließt die 59-Jährige ihren Hotel- und Restaurantbetrieb „Zum Ritter“ an der Kölner Straße in Attendorn. Die Stadt verliert eine beliebte Gaststätte. Die Attendorner verlieren eine geschätzte Wirtin. Die Mitarbeiter verlieren ihren geliebten Job.

Schließt Ende August: Die Gaststätte
Schließt Ende August: Die Gaststätte "Zum Ritter" in Attendorn macht zu. © WP | Flemming Krause

„Diese Entscheidung fiel mir brutal schwer“, sagt die gelernte Fachkauffrau für Marketing, die ihr Herz vor langer Zeit an die Gastronomie verlor. Doch aus gesundheitlichen Gründen ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, Lebewohl zu sagen. Knapp 15 Jahre wird Kathol Inhaberin vom Ritter sein, wenn sie Ende August die Türen ein letztes Mal abschließt. Zuvor verdiente die Mutter zweier Töchter und Oma von fünf Enkelkindern ihr Geld im Landgasthof Struck in Niederhelden und leitete eine Zeit lang das Bowlingcenter im Repetal.

Frische Küche, regionale Produkte

Ehe sich vor jetzt 14,5 Jahren die einmalige Chance ergab, den „Ritter“ in Attendorn zu übernehmen. Eine Entscheidung, die sie nie bereut hat. „Ich war damals 45 Jahre und fragte mich: Wenn nicht jetzt, wann dann?“ Sie fing zwar bei null an – die bekannte Gaststätte war zuvor acht Monate geschlossen –, dafür startete sie mit einer klaren Vision: Weg vom Kneipen-Charakter, den die Gaststätte zuvor ausmachte, hin zu einem Restaurant mit gehobenem Anspruch. Eine frische Küche, kleine, sich regelmäßig verändernde Speisekarten, viele saisonale und regionale Produkte – darauf legt Kathol seit Beginn an großen Wert.

+++ Lesen Sie hier: Großer Traum: Marvin Griese eröffnet Physiotherapie-Praxis +++

Ende vergangener Woche informierte sie ihre acht Fest- und Teilzeitmitarbeiter. „Mir hat das Herz geblutet“, macht Mitarbeiterin Claudia Gräve aus ihrem Herzen keine Mördergrube. Seit zwölfeinhalb Jahren gehört sie dem Team von Eva Kathol an. „Hier ist ein Miteinander entstanden, das man in der Gastronomie-Szene so nicht überall kennt“, sagt Gräve mit ernster Stimme. Sie weiß, Ende August bricht eine bunt zusammengewachsene Familie auseinander. Den bevorstehenden Verlust bedauern schon jetzt die vielen Stammgäste vom Ritter. Als Kathol am Freitag ihren Abschied offiziell verkündet, bricht über sie eine Welle der Anteilnahme ein. Zig Menschen kontaktieren sie über WhatsApp, rufen sie an, schreiben ihr via Facebook. Der Tenor: Verständnis für die Entscheidung, aber auch Wehmut.

Fachkräfte-Mangel

So ergeht es auch Anja Hömberg-Maka. Sie ist seit fünf Jahren im Ritter angestellt, arbeitete mit ihrer Chefin allerdings schon im Bowling-Center im Repetal zusammen. „Leider war es absehbar. Wir bekommen einfach keine Leute.“ Ein weiterer Grund, warum Eva Kathol aufhört: der Fachkräftemangel in der Gastro-Branche macht auch vor den Türen des Ritters keinen Halt. Kathols düstere Prognose: „In drei Jahren wird die Hälfte der Gastronomie-Betriebe verschwunden sein, oder durch irgendwelche Ketten ersetzt.“ Früher konnte ein Wirt zwischen acht und zehn Köchen auswählen. Heute entscheidet sich ein Koch zwischen acht und zehn Gaststätten. Hinzu kommen die Arbeitszeiten am Abend oder am Wochenende, die viele abschreckt. Nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie haben viele Mitarbeiter der Gastronomie den Rücken gekehrt, um zum Beispiel in die Industrie zu wechseln.

+++ Das könnte Sie interessieren: Massiv eröffnet Döner-Imbiss in Olpe: Termin steht fest +++

Schlechte Bezahlung lautet ein weiteres gastroabschreckendes Argument. Eines, bei dem Eva Kathol jedoch steil geht, wie sie selbst sagt: „Ich bezahle fair und übertariflich. Außerdem lege ich enormen Wert darauf, dass meine Mitarbeiter nur in absoluten Ausnahmesituationen auf ihre freien Tage verzichten müssen.“ Sich selbst hat Kathol aber nie geschont Jeden Tag 100 Prozent, über viele Jahre. „Es hat mich auch nie gestört.“ Doch mittlerweile hat auch die 59-Jährige erkennen müssen, dass die Gesundheit wichtiger ist.

Die Noch-Inhaberin vom Ritter wird die Hoffnung nicht aufgeben, dass sich noch ein Nachfolger findet. Jemand, der mit demselben Herzblut arbeitet. Jemand, der ähnliche Vorstellungen von einem Restaurant-Betrieb hat wie sie. Denn eines betont die scheidende Wirtin ganz bewusst: Sie arbeite in einem der schönsten Berufe. „Wir sind ständig in Kontakt mit Menschen, bekommen von unseren Kunden direktes Feedback, wir lernen so viele Charaktere und Schicksale kenne, sind nicht nur Kellner, sondern auch Psychologen“, skizziert Kathol. Hinzu komme die künstlerische Freiheit, „sich jeden Tag neu zu entdecken“ und die Speisekarte immer wieder zu ändern.

Fehlende Wertschätzung

Es gibt ein Aber. Die Wertschätzung habe für diese Leistungen habe spürbar abgenommen. Dafür hat Kathol wiederum kein Verständnis. Einen Tisch zu reservieren, um dann nicht zu kommen und nicht mal abzusagen – nur ein Beispiel, dass der Inhaberin vom Ritter negativ aufstößt. Einen Appell an alle Dienstleister lässt sie folgen: „Schätzen Sie es wert, wenn Menschen zu Zeiten bereit sind zu arbeiten, wenn sie eigentlich ihre Freizeit genießen könnten

All diese Erfahrungen hat Eva Kathol einfließen lassen in ihren Entscheidungsprozess. Am Ende hat sie sich dazu entschlossen, einen Schlussstrich zu ziehen. Die 59-Jährige verabschiedet sich aus ihrem Traumjob. Die Attendorner Gastronomie-Szene verliert einen wesentlichen Bestandteil. Es sei denn, die Suche nach einem Nachfolger läuft erfolgreich. Realistisch oder nur Wunschdenken? Es wird sich zeigen.