Bilstein/Lennestadt. Das Naturbad in Bilstein soll Pfingsten öffnen, wenn bis dahin ein Bademeister gefunden wird.
Keine Frage! Der provokant formulierte Rundbrief des Trägervereins Naturbad Veischedetal (wir berichteten) hat Wirkung gezeigt. Der Vorstand freute sich in der Jahreshauptversammlung am Donnerstagabend nicht nur über die höchste Teilnehmerzahl seit der Vereinsgründung am 10. April 2002. In den letzten Tagen waren mehr als 30 Neumitglieder in den Verein (jetzt 150 Mitglieder) eingetreten. Nicht nur das: Der erfahrene Vorstand bleibt, einstimmig bestätigt, drei weitere Jahre im Amt und es gibt gleich mehrere jüngere Mitglieder, die Interesse haben, sich in die komplexe Vorstandsarbeit einzuarbeiten und 2026 das Ruder zu übernehmen.
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Ein starkes Votum, dass den Menschen im Veischedetal ihr Freibad nicht egal ist. Nicht nur Vorsitzender Otto Hoffmann und seine Vorstandskollegen waren erleichtert angesichts dieser Perspektive, auch Stadtverordneter Gregor Schnütgen, CDU-Fraktionschef im Stadtrat: „Mir fällt ein Stein vom Herzen, dass der Verein weiterlebt.“ Aber es gibt Probleme, die beseitigt werden müssen. Erst dann ist klar, ob das Bad an Pfingsten wirklich öffnen kann.
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Sanierungsstau
Problem 1: Das Bad ist nach 20 Jahren in die Jahre gekommen. Die komplette Beckenplane muss erneuert werden (Kosten 120.000 Euro), Hochwasserschäden an den Gebäuden müssen beseitigt, Fundamente der großen Steine im Nichtschwimmerbereich erneuert werden. 600.000 Euro sollen die ersten Maßnahmen ab 2024 kosten. Der Grund: Verschleiß und falsche Planung. Das Naturbad in Höhr-Grenzhausen im Westerwald, seinerzeit Vorbild für das Bilsteiner Bad, hat ähnliche Probleme.
Problem 2: Die Klassifizierung der Bäder und die gesetzlichen Richtlinien haben sich massiv verändert. Otto Hoffmann: „Wir sind heute kein Naturbad mehr, sondern ein Freibad mit biologischer Wasseraufbereitung. Die Waldenburger Bucht gilt als Naturbad, aber nicht wir.“ Und deshalb gelten jetzt ganz andere Anforderungen. Das Bad müsse zum Beispiel mit einer Bodenraststufe zum Abstützen und einer Umlaufhaltestange am Beckenrand ausgerüstet werden.
Ein Fachplaner hat im Auftrag der Stadt ein Sanierungsgutachten erstellen lassen. Ergebnis: In den nächsten zehn Jahren sind Investitionen in Höhe von 1 Million Euro notwendig.
Problem 3: Seit 1. März dieses Jahres ist eine neue Richtlinie in Kraft. Demnach ist für den Betrieb von Freibädern wie in Bilstein oder Saalhausen eine Fachkraft für Bäderbetriebe, also ein ausgebildeter Bademeister vorgeschrieben, der regelmäßig die Sicherheitsvorkehrungen kontrolliert und überwacht und „rettungsfähige Aufsichtspersonen“ einweist und kontrolliert. „Wenn eine solche Fachkraft dann ein- oder zweimal in der Woche anwesend ist, reicht das“, so Hoffmann. Der Trägerverein „Naturbad Veischedetal“ sucht bereits nach einer solchen Fachkraft, bisher allerdings ohne Erfolg. Die Stelle wurde jetzt öffentlich ausgeschrieben.
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Die bange Frage aus der Versammlung: „Was passiert, wenn wir bis zum Saisonbeginn keine Fachkraft finden?“, ließ nicht lange auf sich warten.
Der Vorstand sieht die Stadt als Eigentümer mit im Boot: Das Risiko, das Bad ohne Fachkraft zu öffnen, sei zu groß. Hoffmann, der seit letztem Jahr dem Präsidium der Deutschen Gesellschaft für naturnahe Badegewässer e.V. angehört, gab einen Einblick, was im Falle eines Badeunfalls passieren könne und nahm Bezug auf einen Badeunfall im Naturbad Linderhohl in Höhr-Grenzhausen.
Haftungsfragen
Die Eltern eines Mädchens forderten vom Betreiber des Bades Schadensersatz und Schmerzensgeld. Ihre seinerzeit zwölfjährige Tochter war im Sommer 2010 beinahe in dem Becken ertrunken und ist seitdem schwerstbehindert. Der Fall ging bis zum Bundesgerichtshof und sorgte bundesweit für Aufsehen. Die Auffassung der Gerichte sei: „Wer keine Fachkraft einsetzt, der handelt grobfahrlässig“, so Hoffmann. In so einem Fall, den sich niemand wünsche, sei in Bilstein dann der geschäftsführende Vorstand des Trägervereins persönlich haftbar. Uli Heße, selbst langjähriges Vorstandsmitglied: „Es muss eine Regelung geben, dass Ehrenamtliche aus der Haftung rauskommen.“ Die Stadt als Eigentümer des Bades sollte einen Bademeister für mehrere Bäder einstellen, so sein Vorschlag.
Die Haftungsfrage ist schon seit Jahren ein Thema zwischen Verein und Stadt: „Die Stadt würde die Zusatzkosten für die Fachkraft übernehmen, will aber kein eigenes Personal einstellen“, so Vereins-Geschäftsführer Hubert Brill. Derzeit lasse der Bürgermeister die Haftungsfrage noch einmal prüfen, so Otto Hoffmann. Hubert Brill: „Die Stadt ist jetzt am Zug. Die Frage der Haftung für den Vorstand muss geklärt werden.“
Der Trägerverein plant nun, das Bad in Bilstein am Pfingst-Wochenende, 28./29. Mai, zu öffnen; vorausgesetzt, es ist bis dahin ein Bademeister gefunden.