Attendorn. Um den Bürgerverein Schwalbenohl ist es ruhig geworden – und noch vor Weihnachten wird es ganz still um ihn. Drei Gründe sind maßgeblich.

Die Rollladen sind runtergezogen. Das Glas der Lampe über dem Eingangsbereich ist zersprungen. Der in die Hecke gewachsene Kasten mit „Bekanntmachungen“ ist leer. Im Gebäude an der Flensburger Straße hat wohl schon lange keine größere Veranstaltung mehr stattgefunden. Dabei war die Begegnungsstätte des Bürgervereins Schwalbenohl viele Jahre ein beliebter Treffpunkt gewesen. Hier trafen sich die Mitglieder des Vereins aus dem Attendorner Ortsteil zu gemeinsamen Festen, wurde Karneval und Weihnachten gefeiert oder in den Mai getanzt.

Horst Peter Jagusch stand 20 Jahre lang an der Spitze des Bürgervereins Schwalbenohl, der jetzt aufgelöst wird.
Horst Peter Jagusch stand 20 Jahre lang an der Spitze des Bürgervereins Schwalbenohl, der jetzt aufgelöst wird. © Martin Droste

Auch um den Bürgerverein ist es ruhig geworden. Demnächst wird es ganz still um den 1986 gegründeten Verein, der untrennbar mit dem Namen seines viel zu früh verstorbenen 1. Vorsitzenden Wolfgang Hoberg verbunden ist. Am 21. Dezember, drei Tage vor Heiligabend, löst sich der Verein in seiner letzten Versammlung auf. „Corona, steigende Energiepreise und Nachwuchsmangel haben zu dieser Entscheidung geführt. So geht leider ein Stück Schwalbenohl verloren“, begründet Vorsitzender Andreas Bicher die Auflösung. Einer, der die Blütezeiten des Bürgervereins Schwalbenohl hautnah und in verantwortlicher Position miterlebt hat, ist Horst Peter Jagusch. Der pensionierte Lehrer war 1957 mit Eltern und Bruder in eine Dreizimmer-Wohnung mit Küche und Bad an der Soester Straße eingezogen. Damals entstand das Projekt „Schwalbenohl“ gerade.

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Zwischen 1956 und 1965 entwickelte sich zwischen Attendorn und Ennest ein neuer Ortsteil mit rund 600 Wohnungen – überwiegend in Sechsfamilienhäusern – für 2000 Menschen. Viele von ihnen hatten zuvor in Notunterkünften oder Baracken gelebt. An die Anfänge des Bürgervereins Schwalbenohl erinnert sich SPD-Politiker Jagusch, der seit 1994 im Rat der Stadt Attendorn sitzt und seit vielen Jahren auch einer der beiden Stellvertreter des Bürgermeisters ist, noch gut. Beim Besuch unserer Zeitung vor einiger Zeit blickte der Pädagoge im Ruhestand, der sich 27 Jahre im Vorstand engagiert hat, 20 Jahre als 1. Vorsitzender an der Spitze stand und danach zum Ehrenvorsitzenden des zwischenzeitlich 240 Mitglieder zählenden Bürgervereins gewählt worden ist, zurück und zitierte aus seiner Festrede zum 25-jährigen Vereinsjubiläum: „Das Schwalbenohl ist seit seiner Entstehung ein durchaus liebenswerter Stadtteil, der ein bisschen in die Jahre gekommen ist. Flüchtlinge, Vertriebene, Einheimische und Menschen aus fremden Ländern wohnen und leben hier seit den 1960er Jahren zusammen und haben eine Integrationsarbeit erbracht, wie es wohl in keinem anderen Stadtteil unserer schönen Hansestadt gibt. Viele Schwalbenohler haben als ‘Malocher’ den Wohlstand unserer Heimatstadt erbracht.“

Alten Schulpavillon aufgetrieben

Einer der Gründungsväter, Ideengeber und „Macher“ des Bürgervereins Schwalbenohl war Wolfgang Hoberg. Der SPD-Politiker und „Mann für alle Fälle“ wurde der erste Vorsitzende des Vereins. Dabei wollten Hoberg und einige Helfer zwei Jahre zuvor eigentlich nur den Spielplatz an der Amselstraße in Schuss bringen. „Immer mehr Leute kamen hinzu, die mithelfen wollten. 1986 haben wir dann den Verein gegründet“, berichtete Hoberg damals in der Presse.

Drei Jahre später hatte der Bürgerverein Schwalbenohl auch einen richtigen Treffpunkt. Irgendwo hatte Wolfgang Hoberg einen alten Schulpavillon aufgetrieben. Der wurde in der Flensburger Straße aufgebaut und diente viele Jahre als beliebte Begegnungsstätte und Ort zahlreicher Feierlichkeiten. Eine wichtige Rolle im Bürgerverein hat auch der Attendorner Fabrikant Karl-Heinz „Stacho“ Beul gespielt, der Chef von Wolfgang Hoberg. „Wenn wir Hilfe gebraucht haben, war „Stacho“ immer zur Stelle“, weiß Horst Peter Jagusch heute noch.

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Jetzt sind die Tage des Bürgervereins gezählt, soll der Verein, der viele Jahre so wichtig für das soziale Leben und den Zusammenhalt im Ortsteil Schwalbenohl war, am 21. Dezember um 16 Uhr aufgelöst werden. Es gibt keinen funktionierenden Vorstand mehr und das Vereinsleben ist eingeschlafen. Wie sagte doch der wohl letzte 1. Vorsitzende Andreas Bicher: „So geht leider ein Stück Schwalbenohl verloren.“

Das 25-jährige Jubiläum hatte der Bürgerverein noch ganz groß in der Stadthalle gefeiert: Beim „Bunten Abend“ traten damals neben dem MGV Sauerlandia unter anderem ein Zauberer und ein Bauchredner auf. Durch das Programm führte Peter „Pittjes“ Höffer. Geehrt wurden die 38 verbliebenen von 55 Gründungsmitgliedern des Vereins. Was Wolfgang Hoberg wohl zur Auflösung sagen würde?