Attendorn. Die SPD-Fraktion wirft die Frage nach einem finanziellen Kollaps für Attendorn auf. Trotzdem wird die Stadt auf Steuererhöhungen verzichten.

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie, der Ausbruch des Ukraine-Kriegs, Rohstoffverknappung, Lieferengpässe, Preisexplosionen: Es sind schwierige Zeiten. Viele Unwägbarkeiten für die zukünftigen Planungen. Das spiegelte sich auch im Haushaltsentwurf für die Hansestadt Attendorn wider. Und dennoch: Die interfraktionellen Beratungen im Vorfeld seien konstruktiv und gut verlaufen, betonte Bürgermeister Christian Pospischil (SPD) am Mittwochabend in der Ratssitzung. Am Ende konnte der Haushalt mit einigen ergänzenden Anträgen einstimmig beschlossen werden.

Stadt Attendorn hat weniger Einnahmen durch Gewerbesteuer

Ein Minus von mehr als 7,3 Millionen Euro sind für den Jahreshaushalt prognostiziert. Ungewohnt für die reichste Kommune im Kreis. „Droht der Stadt Attendorn demnächst sogar der finanzielle Kollaps?“, warf SPD-Fraktionsvorsitzender Uli Bock die Frage auf. Zumal auch die Einnahmen durch die Gewerbesteuer – immerhin die wichtigste Einnahmequelle der Stadt – um 5 Millionen Euro auf dann etwa 33 Millionen Euro sinken werden. Schuld daran ist die zu erwartende Rezession in Folge der hohen Inflation und Energiekrise.

Aktuell überschlagen sich die negativen Schlagzeilen. „Kommt es zu Wohlstandsverlusten, sind Szenarien des Black-Outs realistisch oder übertrieben? Wir wissen es nicht!“, fasste CDU-Fraktionsvorsitzender Sebastian Ohm die Krisenstimmung zusammen. Dennoch appellierte er an die Ratsmitglieder, nicht in Pessimismus zu verfallen, sondern weiterhin Optimismus und Schaffenskraft in der Rolle als Stadtverordneter zu versprühen. Der Kauf der Hoesch-Hallen sei eine dieser herausragenden positiven Nachrichten der jüngsten Vergangenheit gewesen. „Wir können uns wirklich glücklich schätzen, dass wir mit dem Erwerb der Hoesch-Hallen die Gelegenheit bekommen, ein ganzes Quartier neu zu planen und gemeinsam mit den vielen Partnern aus der Wirtschaft, Lehre und Bürgerschaft einem sinnvollen Zweck ‚Hanse-Campus‘ zuzuführen“, so Ohm. Davon werde der Wirtschaftsstandort Attendorn enorm profitieren.

Eine weitere positive Botschaft für die Attendorner, die interfraktionell hervorgehoben wurde: Sowohl die Grund- als auch die Gewerbesteuer werden im kommenden Jahr nicht erhöht. Dadurch verzichtet die Stadt auf zusätzliche Steuererträge bzw. Einzahlungen in Höhe von rund 3,5 Millionen Euro. „Damit gehört Attendorn weiterhin landesweit zu den drei Kommunen mit den günstigsten Steuersätzen“, stellte Uli Bock heraus. „Es ist eine Form der Entlastung, die letztendlich unseren Bürgerinnen und Bürgern zugutekommt“, hob Sebastian Ohm hervor. Auch für Abwasser, Abfall und Friedhöfe sind keine Gebührenerhöhungen geplant.

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Im Rat wurde deutlich, dass sich die Fraktionen gegen das Bild des „Abnickorgans“ gegenüber der Stadtverwaltung wehren wollten. Zahlreiche ergänzende Anträge waren eingegangen. „Das spricht für die Souveränität und das Selbstbewusstsein der Ratsfraktionen. Aber tatsächlich mussten wir kämpfen, dabei den Überblick zu behalten“, gestand Bürgermeister Pospischil. Folgende Anträge wurden für den Haushaltsplan 2023 aufgenommen:

Anträge der SPD

  • Straßenausbau Wippeskuhlen-West: Der Ausbau der Julius-Pickert-Straße wird zeitlich vorgezogen und im Jahr 2023 realisiert.
  • Beachvolleyballfeld in Röllecken: Neben dem Spielplatz/Bolzplatz am Kindergarten Röllecken soll ein Beachvolleyballfeld entstehen. Dafür werden Haushaltsmittel in Höhe von 25.000 Euro eingestellt.
  • Infotafeln Tourismus: Bestehende Wandertafeln sollen ausgetauscht werden. Dafür werden Haushaltsmittel in Höhe von 10.000 Euro eingestellt.-Umrüstung Flutlichtanlagen der Sportplätze: Die Flutlichtanlagen auf städtischen Sportplätzen soll auf LED-Technik umgerüstet werden.
  • Klimatische Umfeldverbesserung (zusammen mit der UfA): In dem Bereich des Kirchplatzes sollen zwei Bäume gepflanzt werden, der Alte Markt soll mobile Begrünungsmöglichkeiten erhalten. Anreize zur Installation von Fassadenbegrünungen sollen gesetzt werden. Dazu sollen Haushaltsmittel in Höhe von 50.000 Euro eingestellt werden.

Anträge der CDU

  • Carsharing: Der Bürgermeister wird beauftragt, die Einführung eines „Attendorner Carsharing-Konzeptes“ zu prüfen. Vor dem Beginn der Sommerferien werden erste Antworten erwartet.
  • Fassadenbegrünung der künftigen Obdachlosenunterkunft „Auf der Feldkirmes“: Es sollen geeignete Möglichkeiten zur Fassadenbegrünung geprüft, mit realistischen Kostenschätzungen versehen und der Politik zu den Haushaltsberatungen 2024 zur Entscheidung vorgelegt werden.
  • Photovoltaikmaßnahmen im Stadtgebiet (zusammen mit den Grünen): Es werden Haushaltsmittel in Höhe von 500.000 Euro eingestellt. Damit sollen Photovoltaik-Projekte in 2023 umgesetzt werden – auf Freiflächen, öffentlichen Anlagen oder städtischen Einrichtungen.

Anträge der UfA

  • Einstellung eines Digitalisierungsbeauftragten: Der Arbeitskreis Digitalisierung soll im ersten Halbjahr 2023 eine konkrete Stellenausschreibung erarbeiten. Eine entsprechende Stellenausschreibung wird vermutlich erst im Jahr 2024 realisiert.
  • Anschaffung von Verkaufshütten: Für Stadtevents oder Dorffeste sollen Verkaufshütten kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Ein entsprechendes Nutzungskonzept muss noch erarbeitet werden.

Anträge der Grünen

  • Bruchsteinmauer auf dem Schüldernhof: Die alte Bruchsteinmauer wurde vor etwa drei Jahren entfernt, weil die Stadt – wegen der Umbaumaßnahmen Klosterplatz – vorübergehend Parkplätze benötigte. Diese mauer soll nun wieder neu errichtet werden. Dafür sind zunächst 10.000 Euro im Haushalt vorgesehen.
  • Versickerungsmulden im Stadtwald: Mulden mit einem Einstauvolumen von jeweils 10 Kubikmetern sollten an geeigneten Stellen im Stadtwald geschaffen werden, um von Wegen abgeleitetes Wasser aufzunehmen. Das soll Hochwasserschutz bei Starkregenereignissen bieten. Dafür werden 20.000 Euro im Haushalt eingeplant.