Attendorn. In der kurzen, bewegten Zeit gab es Höhen und Tiefen. Trotz erfolgreicher arbeit wurde das Projekt aber nun geschlossen.

Das Impfzentrum am Heggener Weg ist (vorerst?) Geschichte. An diesem Tag hat die zentrale Einrichtung des Kreises Olpe zum letzten Mal geöffnet. Der Andrang hält sich wie in den letzten Monaten in Grenzen. „Wir hatten heute neun Termine“, berichtet Schichtleiter Tim-Lukas Schäfer vom Deutschen Roten Kreuz (DRK), letzte Woche waren es in zwei Stunden elf Impfwillige. Der noch 22-Jährige studiert eigentlich Lehramt. Für den Wendener und seine Kolleginnen und Kollegen vom DRK ist es der letzte Impftag in den ehemaligen Industriehallen. Der mit Büroräumen rund 3700 Quadratmeter große Komplex geht zurück an die Stadt Attendorn, die dort ein Zentrallager unterbringen will. „Wir werden das Gebäude am 31. Dezember besenrein übergeben“, sagt Torsten Tillmann vom DRK-Kreisverband.

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90 Prozent der Gerätschaften sind bereits für den Katastrophenschutz in Olpe eingelagert. Von den in Spitzenzeiten drei Impfstraßen war zuletzt nur eine in Betrieb, von zwölf Impfkabinen noch drei. „Die letzten Monate waren für alle etwas zäh“, verweist der ärztliche Leiter, Stefan Spieren aus Hünsborn, auf das nachlassende Interesse am Pieks gegen das Corona-Virus im Impfzentrum. Das sah in den ersten Wochen nach der Öffnung am 8. Februar 2021 noch ganz anders aus. „Die Menschen standen in zwei langen Schlangen bis oben an die Straße, fast bis in den Kreisverkehr“, erinnert sich Landrat Theo Melcher noch gut. Dicht an dicht parkten Autos aus dem gesamten Kreis Olpe und den Nachbarkreisen auf dem provisorischen Schotterplatz, der längst wieder zurückgebaut ist.„Die Leute waren damals froh, dass sie einen Termin bekommen hatten und sich impfen lassen durften“, erzählt DRK-Schichtleiter Tim-Lukas Schäfer von einer „großen Dankbarkeit“. „Wir haben viele nette Menschen kennengelernt“, pflichtet ihm Kollegin Judith Koch bei, die drei Mal die Woche zum Dienst von Möllmicke nach Attendorn gefahren ist.

Auch Beleidigungen und Drohungen

Das sollte sich ändern, als Menschen kamen, die sich nicht freiwillig, sondern auf äußeren Druck hin impfen ließen. „Das war nicht immer schön. Da sind wir einige Mal beleidigt und bedroht worden“, hat Judith Koch auch Negatives erlebt. Der Sicherheitsdienst musste einschreiten. Aber das Positive überwiegt bei weitem.„Wir sind wie eine Familie und ein tolles Team“, lacht Juditha Berger. Die Medizinische Fachangestellte impft seit Februar 2021 am Heggener Weg. Ein Team, für den es der letzte gemeinsame Arbeitstag ist. Deshalb liegt ab 18 Uhr in der weitgehend leergeräumten Industriehalle auch etwas Wehmut und Abschiedsstimmung in der Luft.

In den Spitzenzeiten arbeiteten bis zu 112 mit befristeten Verträgen ausgestattete DRK-Kräfte im Impfzentrum des Kreises Olpe, dazu kam der ehrenamtliche Sanitätsdienst und über 100 Ärztinnen und Ärzte, die die Aufklärungsgespräche führten. „Es war ein tolles Miteinander, ich werde einen Großteil vermissen“, erzählt DRK-Vorstand Torsten Tillmann bei der kleinen Abschiedsparty. Ein Teil der Mitarbeiter wird in den Flüchtlingseinrichtungen in Heggen und Eichhagen eingesetzt oder in anderen Bereichen des DRK.

Für Landrat Theo Melcher markiert dieser Tag den offiziellen Schlusspunkt einer Einrichtung, die „in der Geschichte des Kreises Olpe von herausragender Bedeutung“ gewesen ist. Melcher weiter: „Was hier geleistet worden ist, beeindruckt mich nach wie vor. Ich kann mich persönlich und namens des Kreises Olpe nur bedanken für die wertvolle Arbeit im Kampf gegen die Pandemie.“ Ein Engagement, das geholfen habe, den Kreis Olpe an die Spitze der deutschen Impfquote zu bringen. „Wenn wir zusammenhalten, so wie sie zusammengehalten haben, dann werden wir auch das Jahr 2023 meistern“, ist der Landrat überzeugt.

Lob für Zusammenarbeit

Stefan Spieren, der ärztliche Leiter, oder seine Frau und Kollegin Julia sind fast täglich von Hünsborn nach Attendorn gefahren. Alles hat nicht sofort auf Anhieb geklappt. Und nicht immer, so der Mediziner, sei alles verständlich gewesen, was von oben angeordnet wurde. Sein Mitstreiter von der Kassenärztlichen Vereinigung, Dr. Martin Junker aus Olpe, ist da weniger diplomatisch und spricht von manchem „Schwachsinn“. Einig sind sich die beiden Ärzte aber, dass die Zusammenarbeit die große Stärke gewesen sei. „Das war toll und beispielhaft“, lobt Dr. Junker. „Hier wurde mit Herzblut geimpft“, bedankt sich Stefan Spieren.

Abschließend verrät der Arzt aus Hünsborn dem Reporter noch ein kleines Geheimnis. Überall in der fast leeren Industriehalle sind kleine Punkte mit Zahlen auf dem Boden angebracht. Hier standen in den letzten fast zwei Jahren die DRK-Mitarbeiter, um zu helfen und zu informieren. Bewusst hatten Spieren und Co. auf ein Ampel-System verzichtet und stattdessen überall Menschen eingesetzt.

Aus Dankbarkeit haben viele Geimpfte „Trinkgeld“ gegeben. Am letzten Arbeitstag des Impftages dürfen sich Vertreter des St.-Elisabeth-Hospizes Altenhundem, des Kinder- und Jugendhospizes „Balthasar“ und des Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienstes in Olpe über vorweihnachtliche Spenden freuen. „Was nette Menschen geben haben, kommt anderen zugute, die besonders leiden“, freut sich Landrat Melcher bei der Übergabe.