Attendorn/Düsseldorf. Aus einem Bericht von NRW-Familienministerin Josefine Paul (Grüne) geht hervor, welche Konsequenzen das Kreisjugendamt Olpe zieht.
Das Kreisjugendamt hat im Fall des jahrelang eingesperrten Mädchens aus Attendorn, das gemeinsam mit der Mutter im großelterlichen Haus am Grafweg völlig isoliert lebte, erstmals Fehler eingeräumt.
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Aus einem schriftlichen Bericht von NRW-Familienministerin Josefine Paul von den Grünen geht hervor, dass die bereits im Jahr 2003 erarbeiteten fachlichen Verfahrensstandards zum Kinderschutz im Olper Kreisjugendamt „nicht in Gänze eingehalten wurden“, so die Ministerin. Der NRW-Familienausschuss wird sich mit dem unglaublichen Fall aus der Hansestadt am Donnerstag im Düsseldorfer Landtag befassen.
Interne Abläufe verbessern
Das Kreisjugendamt beabsichtige, seine organisatorischen Strukturen zu überprüfen und sich dabei vom Landesjugendamt beraten zu lassen, heißt es in dem Bericht, der unserer Redaktion vorliegt. Es werde daran gearbeitet, die internen Abläufe zu verbessern. Genau das hatte Jugendamtsleiter Michael Färber bereits angekündigt: „Wir arbeiten daran, die internen Verfahrensstandards weiter zu verbessern. Etwa, dass jeder Hinweis dem Vier-Augen-Prinzip unterliegt, damit uns nichts durchgeht.“
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Kreis-Sprecherin Stefanie Gerlach bestätigte auf Anfrage unserer Redaktion eine Meldung der Deutschen Presseagentur (dpa), wonach im Kreis-Jugendamt vor allem Dokumentationsdefizite festgestellt worden seien. „Das ist nicht sauber dokumentiert worden“, erklärte Michael Färber. So sei bei jedem Hinweis auf Kindeswohlgefährdung ein Meldebogen anzulegen.
Sechs zusätzliche Stellen
Das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Siegen gegen das Jugendamt müssen man nun abwarten, heißt es im Bericht der Grünen-Ministerin weiter. Für die Umsetzung des Landeskinderschutzgesetzes NRW sei der Stellenplan des Kreises Olpe um sechs zusätzliche Stellen erweitert worden. Die Besetzung der Stellen im Bezirkssozialdienst ist zum 1. Januar 2023 geplant.
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Zuletzt hatte schon Rechtsanwalt Jens Sonderkamp aus Attendorn, der den Vater des achtjährigen Mädchens vertritt, große Verfehlungen im Hause des Kreisjugendamtes im Gespräch mit dieser Redaktion angeprangert. In erster Linie bemängelte er, dass das Amt viel zu spät reagiert habe. Trotz Hinweisen aus der Bevölkerung, dass sich Mutter und Kind in Attendorn und nicht in Italien aufhalten würden, habe die Behörde jahrelang „rein gar nichts unternommen“, kritisierte er scharf.
Gegen diesen Vorwurf wehrt sich das Kreis-Jugendamt allerdings und verweist darauf, dass man sehr wohl recherchiert habe, zum Beispiel bei Kinderarzt-Praxen und der Krankenkasse angefragt habe. Das Amt habe aber keinerlei Anzeichen ausmachen können, dass hier eine Kindeswohlgefährdung vorliegt. Gegen die Mutter und die Großeltern ermittelt die Staatsanwaltschaft aus Siegen wegen Freiheitsberaubung und Misshandlung von Schutzbefohlenen.