Kreis Olpe. Fast alle Hotel- und Gastronomiebetriebe im Kreis Olpe kämpfen mit Personalproblemen. Es fehlt überall – vom Koch bis zum Zimmermädchen.
In vielen Hotels und Pensionen im Kreis Olpe fehlt Personal. „Rezeptionistinnen, Köche, Barkeeper, Service- und Reinigungskräfte werden händeringend gesucht“, erklärte Isabell Mura von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten jüngst in einer Pressemitteilung. Die Nachwirkungen der Corona-Pandemie und eine schlechte Bezahlung seien Gründe für eine große Abwanderungswelle aus der Gastronomie- und Hotelbranche.
Für Wolfgang Böhmer, Geschäftsführer der Atta-Höhle und des angrenzenden Restaurantbetriebs in Attendorn, haben politische Fehlentscheidungen die Branche in ein großes Dilemma geführt – eine starke Lobby würde ebenso fehlen. „Unsere Mitarbeiter waren in der Corona-Zeit die Ersten, die freigestellt wurden und die Letzten, die wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren durften – und das gleich zwei Mal“, ärgert sich der Geschäftsführer. Dadurch hätten viele Mitarbeiter der Branche den Rücken gekehrt. Böhmers klare Worte: „Wir gehen kaputt daran, dass uns Personal fehlt, wir gehen nicht an Corona kaputt.“
14 Euro und mehr
An den Gehältern liege es, zumindest bei seinem Betrieb, nicht, denn: „Wir orientieren uns an den Löhnen der Industrie und zahlen ab 14 Euro aufwärts.“ Der Personalengpass sorge mitunter dafür, dass man größere Feiern ablehnen müsse. Und noch ein Problem sieht Böhmer auf seine Beschäftigten zukommen: „Das wenige Personal, das wir haben, wird in den Spitzenzeiten überproportional gefordert und dann droht uns, dass noch mehr Personal in den Sack haut.“
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„Vom Zimmermädchen bis zum Koch“, sucht die Burg Schnellenberg laut Uta Bilsing Personal. Gerade jetzt zur Hauptsaison, in der die Burg einen großen Ansturm und hohe Buchungszahlen erlebe, die noch höher seien als im „sehr guten Jahr 2019.“ Zum Glück kann sie sich auf das eigene Team verlassen, das enorm motiviert sei. „Wir haben ja auch zehn Monate nicht arbeiten dürfen“, erinnert sie.
„Ich kenne keinen Betrieb im Kreis, der im Moment keine Personalprobleme hat“, sagt auch Bernhard Schwermer, Vorsitzender der DEHOGA im Kreis Olpe und Mitglied der IHK-Vollversammlung in Siegen für das Gastgewerbe. Er selber sucht seit November letzten Jahres wegen eines Todesfalls einen neuen Koch, ohne Erfolg. „Auf unsere Anzeigen gab es es keine einzige, ernsthafte Bewerbung.“
Hohe Abbrecherquote
Schwermer sagt aber auch, dass gerade beim Kochberuf viele Betriebe zu spät die Zeiten der Zeit erkannt hätten. „Früher waren 30 bis 40 Leute in den Ausbildungsklassen, heute sind es es nur noch 15 Auszubildende und die Abbrecherquote ist nach wie vor hoch. Nach zwei Jahren wechseln sie in einen Industrie-Job.“ Dabei sei der Beruf Köchin oder Koch durchaus attraktiv. „Viele gehen aber lieber in Gemeinschaftsküchen, die Krankenhäuser oder Seniorenheimen beliefern.“ Denn dort gebe es oft mehr freie Wochenenden, acht Stunden Arbeitszeit pro Tag, Weihnachts- oder Urlaubsgeld. „Wenn wir so arbeiten würden, müsste das Schnitzel 45 Euro kosten.“
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„Es ist heute nicht mehr hipp, in der Gastronomie zu arbeiten, früher haben sich junge Leute mit diesen Jobs ihr Studium finanziert. Viele Gastronomen versuchen die Personalknappheit mit reduzierten Öffnungszeiten in den Griff zu kriegen. In Lennestadt machen derzeit zwei Hotels Betriebsferien, mitten in der Saison.
Dank ans eigene Team
Ausdrückliche Worte des Dankes richtet Hermann Koch, Seniorchef von Kochs Hotel in Olpe, an seine Belegschaft, weil sie dem Unternehmen über die gesamte Corona-Zeit die Treue gehalten habe: „Wir haben in der Regel über 30 Mitarbeiter und die meisten arbeiten bei uns in Voll- oder Teilzeit. Wir haben nur sehr wenige geringfügig Beschäftigte, also 450 Euro-Kräfte. Das ist sehr untypisch für die Branche. Unsere Mitarbeiter, die überwiegend schon viele Jahre bei uns sind, sind unser größtes Kapital. Während der Coronazeit sind alle an Bord geblieben.“
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Nichtsdestotrotz stelle auch Koch’s Hotel grundsätzliche Probleme in der Hotelbranche fest: „Das ist der Fall, wenn wir unser Team vergrößern wollen. Es ist nicht einfach, entsprechende Fachkräfte zu finden. Und das betrifft nahezu alle Bereiche.“ Das gelte querbeet, vom Service über die Rezeption bis hin zum Küchenchef. Koch: „Gerade deshalb sind wir unseren Leuten sehr dankbar, dass sie uns die Stange gehalten haben. Wir sind uns bewusst, dass wir da wohl ein Sonderfall sind. Ich höre von vielen Kollegen, die heftig zu klagen haben.“ Grundsätzlich sieht Koch den inflationären Trend mit Besorgnis: „Die Frage ist zu stellen, ob wir alle angesichts dieses heftigen Drehs an der Preisschraube noch eine Zukunft haben?“