Attendorn. Die Mobilfunk-Qualität im D1-Netz der Telekom ist in Attendorn schlecht. Eine Kompromiss-Vereinbarung zwischen Stadt und Telekom soll nun helfen.

Der Aufschrei war in Attendorn kaum zu überhören: Im Herbst vergangenen Jahres riefen viele Unternehmer, Händler, Dienstleister oder Privatpersonen auch im Rathaus an, um sich über die extrem schlechte Verbindung im D1-Netz der Telekom zu beschweren. Wenn sie denn überhaupt im Rathaus durchkamen. Denn tatsächlich war der Mobilfunk in einem solchen Ausmaß in der Hansestadt gestört, dass Telefonate urplötzlich unterbrochen wurden oder gar nicht erst zustande kamen. Ein Vertreter der Telekom bezeichnete die Hansestadt im vergangenen Jahr gar als Mobilfunk-Entwicklungsland, woran CDU-Fraktionschef Sebastian Ohm im Stadtrat erinnerte.

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Auch wenn das Telekommunikationsunternehmen aus Bonn in den vergangenen Monaten an der ein oder anderen Schraube – oder besser gesagt Funkantenne – gedreht hat: die Netzqualität ist auch heute noch dürftig. „Und das ist für unsere Stadt, immerhin der Wirtschaftsstandort Nummer eins in Südwestfalen, nicht mehr hinnehmbar“, legte SPD-Fraktionschef Uli Bock den Finger in die Wunde und zeigte sich, wie all seine Kollegen aus dem Rat auch, sichtlich erfreut darüber, dass das Entwicklungsland Attendorn mit neuem Schwung aus dem Mobilfunk-Neandertal herausgeholt werden soll. Grundlage dafür ist eine Kooperationsvereinbarung, ein sog. „Letter of intent“, zwischen der Stadt und der Telekom, den beide Seiten auch mit Unterstützung der heimischen Bundestagsabgeordneten auf den Weg gebracht haben.

Zehn neue Masten

Im Prinzip sieht dieses Schriftstück einen Kompromiss vor. Die Telekom bekennt sich dazu, in den nächsten Jahren etwa zehn neue Sendemasten im Stadtgebiet (hier sind ausdrücklich auch die Dörfer inbegriffen) aufzustellen, um damit ein zeitgemäßes Mobilfunknetz bereitzustellen. Erste Suchräume, in denen sich neue Anlagen lohnen würden, hat das Unternehmen der Stadt auch schon mitgeteilt. Die Telekom ist laut der Kooperationsvereinbarung bestrebt, bei neu benötigten Mobilfunkstandorten in erster Linie kommunale Liegenschaften zu nutzen. Bei dieser Suche werde die Stadt unterstützen.

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Die Frage, die den leidgeplagten D1-Kunden auf der Seele brennt: Wann wird die Telekom die neuen Sendemasten aufstellen? Doch dies kann Christof Schneider vom Amt für Bürgerservice und Wirtschaftsförderung noch nicht abschätzen, denn die Versuche der Stadt, die Telekom zu einer verbindlichen Zeitaussage zu bewegen, schlugen fehl. Schneider: „Dazu war das Unternehmen nicht bereit, weil es oft auch keine Einflüsse auf den zeitlichen Ablauf hat.“ Vor allem Grundstücksverhandlungen und Genehmigungsprozesse würden sich häufig wie Kaugummi in die Länge ziehen.

B-Plan wird geändert

Ohne Gegenleistung bekommen die Attendorner aber keine neuen Funkmasten – und damit auch kein vernünftiges Netz. Schon in den Gesprächen mit der Telekom im vergangenen Jahr, unter anderem im Rahmen eines „runden Tisches“, wurde eines deutlich: Die Politik wird in einer ihrer nächsten Sitzungen den Bestandsschutz der alten Mastanlagen auf dem Hochhaus an der Stettiner Straße 2, direkt gegenüber der Hanseschule, durch eine Änderungen des gültigen Bebauungsplans aufheben müssen. Hier sieht das Bonner Telekommunikationsunternehmen offensichtlich einen idealen Standort, um neue, moderne Anlagen zu errichten. In diesem sehr wahrscheinlichen Fall würde sich die Politik auch endgültig vom vor Jahren außer Kraft gesetzten Mobilfunkkonzept verabschieden, das in erster Linie den Emissionsschutz von Anwohnern wie denen im Hochhaus an der Stettiner Straße im Blick hat.

Mobilfunkversorgung in Attendorn

Derzeit hat die Telekom insgesamt 8 Mobilfunkstandorte – 2 Dachstandorte, 6 Antennenträger - im Stadtgebiet in Betrieb. Die Flächenversorgung mit breitbandigen Mobilfunkangeboten beträgt für das zu versorgende Gebiet 80 Prozent. Insgesamt können 75 Prozent der Haushalte in Attendorn das mobile Breitbandangebot der Telekom nutzen.

Doch auch in dieser Frage hat sich die Zeit geändert, zumindest laut Ralf Warias von der FDP: In Zeiten, in denen man mit dem Handy auf dem Nachtischschränkchen schlafen gehe, würde das Thema Strahlenbelastung nicht mehr so im Vordergrund stehen. Viel wichtiger sei nun, den Mobilfunkausbau voranzutreiben. Die Grundlage dafür ist die Kooperationsvereinbarung, die Attendorn aus dem Status des Entwicklungslandes herausholen soll. Wann immer das geschehen wird.