Ennest. Volker Bäumel bietet Männercoachings im Sauerland an. Seine Thesen klingen zunächst sehr patriarchalisch. Doch dahinter steckt viel mehr.

Stark sein, verführen, die Frau möglichst schnell ins Bett bekommen – nach dieser Formel arbeitet Volker Bäumel nicht. „Obwohl es ein Riesengeschäft ist“, meint der 57-Jährige. „Aber ein Pick-up-Artist bin ich nicht.“ Für ihn geht es mehr als um Sex. Er möchte Männern dabei helfen, stabile und nachhaltig erfüllende Beziehungen führen zu können. Dafür hat er ein Coaching konzipiert, in dem Männer ihre wahre Männlichkeit entwickeln können. Wenn er davon spricht, dann fallen Worte wie Liebhaber, König und Krieger. Es klingt wie ein Eroberungsfeldzug. Patriarchal und wenig feministisch. Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht.

+++ Lesen Sie auch: Urteil gesprochen: Haftstrafe für Ex-Schützenkönig aus Olpe +++

Er lebte 20 Jahre in einer Familienidylle in Ennest

Volker Bäumel ist Diplom-Sozialpsychologe und Systemischer Coach. Er kommt ursprünglich aus Bonn, die Liebe hat ihn aber ins Sauerland geführt. Genauer gesagt nach Ennest. Hier hat er sich ein Haus mit seiner Frau gebaut, seinen Sohn aufwachsen sehen. Nach 20 Jahren trennt sich das Paar.

+++ Lesen Sie auch: Stadt Attendorn verzweifelt: Kaum Wohnungen für Flüchtlinge +++

Wie konnte es dazu kommen? „Ich habe in meinem Beruf viele Fortbildungen im Bereich Kommunikation gemacht. Ich konnte zwar analysieren, was vorgefallen war, nicht aber auf meine persönliche Ebene herunterbrechen“, erinnert sich Bäumel zurück. Das wollte er ändern. Er begann sich selbst und sein Verhalten zu reflektieren. „Heldenreise“ nennt er das. An deren Ziel hat er eine für sich wichtige Erkenntnis gewonnen: Sowohl er als auch seine Frau hatten in ihrer Ehe zu wenig Raum für ihre jeweilige Geschlechtsidentität. Er habe Verantwortung weggeschoben. Und genau dafür trage er Verantwortung.

These: Männern fehlt ein männliches Vorbild in der Kindheit

Die Trennung ist für Bäumel ein Schlüsselerlebnis. Er hat dadurch bei sich Muster erkannt, die sich zusammensetzen aus einer biologischen Prägung, dem gesellschaftlichen Bild der Babyboom-Generation und familiären Strukturen. Männer gehen auf die Jagd, Männer sind Macher, Männer sind durchsetzungsstark, Männer zeigen keine Gefühle, um nicht angreifbar zu sein. Der 57-Jährige ist sich durchaus bewusst, dass solche Aussagen Rollenklischees bedienen. Und zwar solche, die man dachte mit der Emanzipation der Frau in den 1970er-Jahren hinter sich gelassen zu haben.

+++ Lesen Sie auch: Klumpen am Markt in Olpe: Neue Betreiber öffnen Mitte Mai +++

Aber Völkels These ist eine andere. Männern von heute fehle ein männliches Vorbild in der Kindheit. „Oft waren es ja die Frauen, die einen Großteil der Erziehung übernahm, während die Väter gearbeitet haben. Und auch heutzutage ist es noch so – ob im Kindergarten oder in der Grundschule – alle Institutionen der frühen Sozialisation sind vor allem weiblich geprägt.“ Wie nehmen Jungen ihre Geschlechtervorbilder also in diesem Alter wahr? Vielleicht kontrolliert, rational, distanziert, abwesend? „Gefühle anzunehmen und sie ausdrücken zu können war jedenfalls lange Zeit keine Eigenschaft, mit der man Männer in Verbindung brachte.“ Die gute Nachricht: Das verändert sich.

„Heutzutage nehmen sich Männer vermehrt Vaterzeit. Und genau das läuft auch in meine Vision hinein“, meint Völkel. Sich trauen, auch eine empathische, vielleicht verletzliche Seite der Persönlichkeit zu zeigen. Heiler sein. Ohne dabei den inneren Krieger aufzugeben. „Solche Archetypen sind Musterpersönlichkeiten, die weltweit und kulturübergreifend vorkommen. Sie sind natürlich sehr plakativ. Aber sie verdeutlichen das Zusammenspiel.“ (siehe unten)

Das Ziel der sogenannten Heldenreise

Und wie wird man jetzt ein „richtiger Mann“ mit einer stabilen Beziehung? Soll jeder Archetyp gleich stark vertreten sein? „Ich denke, ideal ist es, wenn man alle Persönlichkeitsmerkmale im Blick hat und weiß, welcher Typ in der jeweiligen Situation gefordert ist. Wenn mich meine Kinder brauchen, dann sollte ich die Rolle des Vaters übernehmen und den Alltagsstress für diesen Moment beiseiteschieben.“ Einen ressourcenvollen Zustand erreichen – das ist das Ziel der Heldenreise. In seinem Coaching stellt Bäumel seinen Klienten Fragen, die sich selbst vielleicht noch nie gestellt haben. „Manchmal sieht man aus Betroffenheit den Wald vor lauter Bäumen nicht.“ Dann kommt Volker Bäumel ins Spiel.

+++ Lesen Sie auch: Job gekündigt – jetzt begeistert Attendornerin auf Instagram +++

Übrigens: Die Archetypen sind nicht geschlechtsspezifisch. Auch Frauen haben diese Persönlichkeitsanteile, meint Bäumel. Nur – wer wäre er, wenn er Frauen zu mehr Weiblichkeit verhelfen wolle? Jedenfalls nicht authentisch.

>>> SECHS ARCHETYPEN

  • Laut Volker Bäumel gibt es sechs Archetypen, die als Orientierung für unser Verhalten gegenüber anderen Menschen dienen.
  • Der Heiler steht für das Nützliche und Nährende im Leben.
  • Der Vater steht für das Fördernde, Unterstützende und Fürsorgliche in uns.
  • Der Liebhaber steht für alles, wofür wir im Leben brennen, für Liebe, Erotik und Genuss.
  • Der Krieger steht für die Bereitschaft für Ziele und Ideale zu kämpfen.
  • Der Weise steht für den höheren Sinn, den wir im Leben verfolgen.
  • Der König steht für den Grad der persönlichen Souveränität, aber auch für Verantwortung und soziale Kompetenz.