Kreis Olpe. Die Impfpflicht für alle Personen ab 50 Jahren könnte ab 1. Oktober kommen. Experten aus dem Kreis Olpe halten das für wenig durchdacht.

Eine allgemeine Impfpflicht für Erwachsene ab 18 Jahren soll es auf absehbare Zeit nicht geben. Vor allem Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatten sich dafür ausgesprochen. Doch dafür fand sich keine Mehrheit im Bundestag. Stattdessen soll es nun einen Kompromiss geben: Eine Impfpflicht für alle Personen ab 50 Jahren, die ab dem 1. Oktober 2022 greifen soll. Wie sinnvoll und realistisch empfinden Experten im Kreis Olpe diesen Vorstoß?

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Impfpflicht auch für Lehrer und Kita-Mitarbeiter?

„Ob eine Impfpflicht ab 18 oder ab 50: Der Papierkram bleibt der gleiche“, so Stefan Spieren, Hausarzt in Hünsborn und Ärztlicher Direktor des Impfzentrums in Attendorn. Es sei schwierig zu beantworten, ob eine generelle Impfpflicht sinnvoll wäre. „Zumal es auch bei einer Impfpflicht einen gewissen Prozentsatz geben wird, der sich nicht impfen lassen wird.“ Eine Impfpflicht für bestimmte Personengruppen befürwortet er allerdings. „Dazu gehören für mich nicht nur die Menschen, die in Gesundheitsberufen arbeiten, sondern beispielsweise auch Lehrerund Kita-Mitarbeiter.“

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Es gebe aber noch viele andere Möglichkeiten für eine höhere Impfquote, abseits der Impfpflicht. Zum Beispiel ein andauerndes Informations- und Beratungsangebot. „Wenn man bei öffentlichen Veranstaltungen, zum Beispiel auf dem Schützenfest oder auf der Kirmes, einen Info-Stand einrichten würde, wäre das Thema noch stärker präsent“, findet Spieren. Ähnlich wie bei den Bildern auf Zigarettenschachteln. „Anfangs hätte sich auch niemand vorstellen können, dass diese Bilder so abschreckend wirken, dass Leute tatsächlich mit dem Rauchen aufhören. Studien haben aber gezeigt, dass es da durchaus einen Zusammenhang gibt.“ Analog dazu sollte beim Thema Impfen jedoch nicht mit Warnhinweisen, sondern vielmehr mit Aufklärung gearbeitet werden. „Und wenn man auch nur einen von 500 erreicht, war es schon erfolgreich“, so Spieren.

Impfregister ist nicht vereinbar mit dem Datenschutz

Neben der verschobenen Altersgrenze für die Impfpflicht wird auch die Einführung eines Impfregisters diskutiert. Das hält Spieren für wenig zielführend: „So ein Impfregister kann nicht in der Schnelligkeit umgesetzt werden, wie wir es bräuchten.“ Zumal ein derartiges Register aktuell nicht vereinbar sei mit den Richtlinien des Datenschutzes. „So ein Register wünschen wir uns eigentlich schon seit Jahrzehnten in anderen Bereichen. Zum Beispiel, um Erinnerungen für die Tetanus-Auffrischungsimpfung zu verschicken oder um Patienten mit blutverdünnenden Medikamenten zu speichern“, meint Ulf Ullenboom, Sprecher der Apotheken im Kreis Olpe. Dass ein derartiges System nun für Corona-Schutzimpfungen kommen soll, hält er deswegen für unwahrscheinlich.

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Unklar sei außerdem, so Ullenboom, ob und wie die Nichteinhaltung einer Impfpflicht geahndet werden könnte. „Ohne Konsequenzen hat das keinen Sinn. Wenn ich mein Kind nicht gegen Masern impfe, weiß ich, dass es nicht im Kindergarten aufgenommen wird. Aber welche Nachteile würde derjenige erfahren, der eine Corona-Schutzimpfung ablehnt?“ In der Politik werde viel herumdiskutiert statt Fakten zu schaffen und diese geplant und konsequent umzusetzen. „Die Bürger brauchen eine Richtlinie. All diese Diskussion tragen nicht zu Beruhigung bei. Dabei sehnen wir uns nach über zwei Jahren Pandemie danach.“

Gleichzeitig, so Ullenbooms Beobachtung, gebe es viele Impfwillige ab 60 oder schon ab 50 Jahren, die sich gerne ein viertes Mal gegen Corona impfen lassen würden, weil sie beispielsweise pflegende Angehörige sind. Bislang ist diese zweite Booster-Impfung jedoch nur für Personen ab 70 Jahren freigegeben. „Wir diskutieren gerade eine Impfpflicht, verwehren aber gleichzeitig Menschen eine vierte Impfung, die sie für sich als wichtig erachten. Das ist paradox.“