Kreis Olpe. Die A 45-Sperrung, marode Straßen, fehlende Ortsumgehungen und vieles mehr: Die IHK Siegen/Olpe stellt ihre verkehrspolitischen Positionen vor.

Etwa die Hälfte des eigenen Warenverkehrs sei von der Brückensperrung auf der A 45 bei Lüdenscheid betroffen, sagt Walter Viegener, Chef des Attendorner Traditionsunternehmens Viega und gleichzeitig Vizepräsident der IHK Siegen/Olpe. „Die Sperrung der Autobahn macht uns zu schaffen. Von unserem Logistikzentrum in Ennest aus beliefern wir Kunden im europäischen Ausland und die A 45 ist dabei eine zentrale Nord-Süd-Verbindung.“ Aus dem Unternehmer spricht die pure Verzweiflung mit Blick auf die marode Verkehrsinfrastruktur in Südwestfalen. Und das hat nicht nur mit der gesperrten Brücke zu tun.

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Jetzt ist Viega kein Einzelfall, denn auch unzählige andere Unternehmen aus dem industriestarken Sauerland leiden unter der gesperrten Brücke – genauso wie unter fehlenden Ortsumgehungen, dem schlechten Zustand der Straßen, fehlenden LKW-Stellplätzen, einem enorm schleppenden Ausbau der Schieneninfrastruktur und unter vielen anderen Verkehrsdefiziten.

Grund genug für die Industrie- und Handelskammer, auf 32 Seiten die Interessen der heimischen Wirtschaft in Verkehrsfragen zu bündeln und an die „große“ Politik in Düsseldorf und Berlin den dringenden Appell zu richten: Die Verkehrsinfrastruktur braucht dringend und schnell eine Generalinventur. Von beschleunigten und vereinfachten Planungsprozessen bis hin zum tatsächlichen Bau neuer Strecken ist die Rede in dem Positionspapier, das die Kammer am Freitag in Olpe vorstellte.

Schnell und unbürokratisch handeln

„Die Verkehrsinfrastruktur entwickelt sich zur Achillesferse unseres Wirtschaftsraumes. Das bekommen wir massiv zu spüren. Zusätzlich zu den bestehenden Verkehrsproblemen, die der ländliche Raum ohnehin mit sich bringt, haben die Flutkatastrophe und die Vollsperrung der Sauerlandlinie die Sorgen wachsen lassen“, betont IHK-Präsident Felix G. Hensel und ergänzt: „Betriebe, die gerade begannen, sich von Corona zu erholen, sehen ihre Geschäfte erneut bedroht.“

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Es gehe der Industrie unter anderem darum, schnell und vor allem unbürokratisch eine neue Brücke auf der A 45 zu errichten und die Autobahn durchgängig sechsspurig auszubauen – und das idealerweise durch eine zentrale Projektsteuerung auf Ministeriumsebene zu begleiten. Walter Viegener erzählt dazu eine kurze Geschichte: „Ich kam vor zwei Wochen von einer Geschäftsreise aus dem Norden über die A 45. Vor Lüdenscheid standen auf rechten Fahrbahn in Richtung Süden mindestens 100 Lkw. Wenn ich jetzt mal die Traglast pro Lkw berechne, auch wenn nicht jeder beladen war, dann können die Umgehungsstraßen das überhaupt nicht aushalten. Gnade uns Gott, wenn jetzt auch noch eine solche Umgehung kaputt geht.“

Bahnstrecken ertüchtigen

Schon allein deshalb sei es so wichtig, Ortsumgehungen für den Schwerlasttransport zu schaffen wie etwa die Route 57 durch das Siegerland. Der Ausbau der L 512 zwischen Olpe und Attendorn gehört ebenso zu den IHK-Forderungen wie eine verkehrliche Verbindung zwischen der Krombacher Höhe und der L 711 (Kirchhundem/Lennestadt).

Betriebliche Mobilität und digitale Techniken

Zu den Forderungen der IHK gehört auch ein deutlich stärkerer Einsatz digitaler Techniken, beispielsweise bei der Zustandsüberwachung von Brücken. Wichtig ist der Kammer auch das Thema „betriebliche Mobilität“. Dazu stehe man mit einigen Unternehmen in der Region im Austausch.

Die verkehrspolitischen Positionen wird die IHK in nächster Zeit den Entscheidungsträgern in Politik und Verwaltung zuleiten.

Ebenso wichtig für den Warentransport in das und aus dem so wirtschaftsstarken Sauer- und Siegerland sei ein Ausbau der Bahnstrecken, fordert die IHK in ihrem Positionspapier mit Blick auf die Sieg-Strecke und die Ruhr-Sieg-Strecke. Dass man bei der Ausbauplanung der Ruhr-Sieg-Strecke, die schon seit den 70er Jahren gefordert wird, immerhin eine Phase der Vorplanung erreicht habe, darüber kann Viegener nur den Kopf schütteln. Kaum besser sieht es bei der Sieg-Strecke aus: „Ein solches Schlafwagentempo muss man als Wirtschaftsnation erst mal schaffen“, sagt und verdeutlich ein mal mehr: Die Verkehrsinfrastruktur in all ihren Bereichen von der Straße bis zur Schiene bekommt in Südwestfalen eine schlechte Schulnote. Die Frage ist nur, ob das IHK-Positionspapier daran etwas ändern wird.