Kreis Olpe. An den Grundschulen im Kreis Olpe folgt auf einen positiven Pooltest nur noch der Selbsttest, weil Labore am Limit und PCR-Tests Mangelware sind.
Die offizielle Schulmail kam am Dienstagabend um 22.30 Uhr. Hätten die Labore die Schulen nicht vorgewarnt und die Schulleitungen sich nicht schon im Internet und in den Medien schlau gemacht, wäre das Chaos am gestrigen Morgen noch größer gewesen. Denn seit gestern gibt es in den Grundschulen bei positiven Lolli- oder Pooltests keine PCR-Tests der hinterlegten Zweitproben mehr.
Sollte also ein Pool-Test positiv ausfallen, müssen alle Kinder im Pool am kommenden Tag vor Unterrichtsbeginn einen Schnelltest machen oder alternativ das Ergebnis eines Bürgertests vorlegen. „Positive“ Kinder werden dann von ihren Eltern abgeholt, die anderen dürfen in den Unterricht.
Der Aufwand ist immens
Die Änderung bedeutet natürlich einen organisatorischen Mehraufwand für die Schulen im Kreis Olpe. Jeden Abend um etwa 18 Uhr muss die Schule alle Eltern der Kinder informieren, die in einem positiven Pool sind. Viel schlimmer aber ist, dass viele Infektionen nun nicht mehr entdeckt werden. „Ohne PCR-Test ist das Blindflug“, bringt es Heidi Große Gehling, Leiterin der Grundschule in Welschen Ennest, auf den Punkt. Weil es an der Schule nach den Ferien ein größeres Ausbruchgeschehen gab, wurden die Kinder dort in den letzten Wochen parallel mit Schnelltests und PCR-Test getestet. Ergebnis: Mit den Schnelltests wurden nur 60 Prozent der Infektionen erkannt. „Das bedeutet, wir wissen jetzt gar nicht, wer von unseren Schülern positiv ist.“
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Dabei habe das Prozedere mit den PCR-Tests prima funktioniert. „Die Ergebnisse waren früh genug da, es lief wunderbar. Wir sind geschockt über die Änderung und fühlen uns im Stich gelassen“, sagt die Schulleiterin angesichts der Kehrtwende der Landesregierung. Und: „Wir können keinen Zahlen mehr trauen, das ist schlimm“. Mittlerweile hatten rund 40 Prozent der 149 Kinder an der Schule in Welschen Ennest eine Infektion und sind wieder genesen. Diese Kinder nehmen nun acht Wochen lang nicht an den Pooltests teil, was die Umstellungsphase etwas entspannt. „So gesehen hatten wir Glück, dass wir das Ausbruchgeschehen bei uns schon hatten“ sagt Heidi Große Gehling.
Ein Dilemma also für Lehrer, Kinder und Eltern gleichermaßen. Daniel Guttstein, Vater zweier Kinder aus Attendorn – sein Sohn besucht die Attandarra-Grundschule –, spricht das aus, was vermutlich vielen Eltern von schulpflichtigen Kindern aktuell durch den Kopf geht: „Wir fühlen uns wie Getriebene und alle neuen Beschlüsse gehen zu Lasten unserer Kinder. Wir sind völlig überreglementiert und sehen keine praktikablen Lösungen mehr“, sagt Guttstein und nimmt die Schulleiter explizit aus der Verantwortung. Diese müssten am Ende genau das ausbaden, was Bildungsministerin Yvonne Gebauer (FDP) verbocke. Dass das eigene Kind, das in einem positiven Pool war, am nächsten Morgen einem positiv getesteten Mitschüler ausgesetzt sei und dann auch noch die fehlerhaften Selbsttests zur Geltung kommen – für Guttstein nicht mehr auszuhalten.
Unverständnis in der Politik
Kaum auszudenken sei das Szenario, dass man sein Kind am Morgen in die Grundschule bringe und nur wenige Minuten später dem Arbeitgeber mitteilen müsse, dass man das Büro wieder verlassen müsse, um den Sprössling aus der Schule wieder abzuholen.
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Das geänderte Verfahren an den Grundschulen hält die SPD-Landtagskandidatin Christin-Marie Stamm für fatal: „Von heute auf morgen die Testverfahren an unseren Grundschulen zu ändern, kann ich nicht verstehen und halte ich für eine Katastrophe. Es ist nicht vertretbar unsere Schulen am Abend über eine Änderung der Testungen mit Wirkung für den nächsten Morgen zu informieren. Nach zwei Jahren Corona-Pandemie sollten wir von unserer durch CDU und FDP geführten NRW-Landesregierung erwarten können, auf solche Situationen vorbereitet zu sein. Es ist schließlich zu erwarten gewesen, dass die Zahl von Infizierten mit Corona weiter steigt und PCR-Tests knapper werden“, erklärt Stamm.
Keine Änderung an Förderschule
Immerhin bleiben die Förderschulen von der Änderung ausgenommen, auch die Olper Max-von-der-Grün Förderschule. „Hier wird alles so bleiben, wie es ist“, erklärt Schulleiterin Andrea Niehr. Und dafür sei sie durchaus dankbar. Denn anders wäre die Situation kaum zu händeln. „Viele Kinder kommen bei uns mit Schultaxis, die würden dann ja gar nicht mehr nach Hause kommen“, sagt Niehr. Viele Eltern wohnen weiter entfernt, unter anderem in Siegen, Bad Berleburg oder Lüdenscheid. „Außerdem ist bei uns die Gefährdung der Kinder aufgrund ihrer Behinderung eine Größere“, ergänzt die Schulleiterin.
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So werden auch weiterhin die Einzeltests durch Labore ausgewertet. Allerdings weist die Max-von-der-Grün-Schule auf der eigenen Homepage darauf hin, dass es zu Verzögerungen kommen kann: „Da im Moment sehr viele Pools in den Schulen positiv sind, dauert die Untersuchung der Einzeltests im Moment recht lange. Die Labore versuchen, die Einzeltests so schnell wie möglich auszuwerten. Es kann aber auch mal länger als einen Tag dauern. Wenn der Pool der Klasse Ihres Kindes positiv ist, rufen wir Sie an. Bitte schicken Sie ihr Kind dann erst in die Schule, wenn sie vom Labor eine Email bekommen haben und Ihr Kind negativ ist“, heißt es dort.