Kreis Olpe. Polizei bestätigt allein 17 Fälle im Dezember im Kreis Olpe. Impfpassfälscher versuchen vermehrt in Apotheken ein Zertifikat zu bekommen.
Im Kreis Olpe versuchen immer wieder Menschen mit gefälschten Impfpässen an Impfzertifikate zu gelangen, die es in Apotheken gibt. Ulf Ullenboom, Sprecher der Apotheker im Kreis, bestätigt, dass es insbesondere im vergangenen Jahr vermehrt Fälle dieser Art gab. Erst seitdem die sogenannte Chargennummer auf dem bekanntlich gelben Impfpass überprüft werden könne, nehmen die Vorfälle ab. Um sich untereinander vorzuwarnen gibt es zusätzlich einen bestimmten E-Mail-Verteiler. In den Mails werden alle Mitarbeitenden in den ansässigen Apotheken über Auffälligkeiten und potenzielle Fälscher informiert - das alles unter Beachtung des Datenschutzes.
Doch was passiert mit den potenziellen Fälschern? Sind Apotheker verpflichtet, dies der Polizei zu melden? In der Regel nicht, bestätigen Polizeipressesprecher Stephan Clemens und Pressedezernent der Staatsanwaltschaft in Siegen, Oberstaatsanwalt Patrick Baron von Grotthuss. Allerdings sei es eine sehr schwierige Rechtsfrage, so der Oberstaatsanwalt.
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„In der Anfangszeit war das wirklich häufig“, sagt Ulf Ullenboom im Gespräch mit der Redaktion auf die Frage, ob es Vorkommnisse mit potenziellen Impfpassschummlern gab. Immer wieder kamen demnach Menschen in die Apotheken, dessen Impfpässe Auffälligkeiten aufwiesen. Unter anderem sei es auffällig, wenn gleich mehrköpfige Gruppen aus anderen Städten wie Köln oder Bochum in den Kreis Olpe kommen, um sich hier ihr Impfzertifikat aushändigen zu lassen. „Das ist ja schon komisch und da fällt einem durch gewisse Argumentationen schnell auf, dass da etwas nicht stimmen kann“, erklärt der Sprecher der Apotheken. Zudem habe man im Laufe der Zeit ein gewisses Gefühl dafür bekommen, wann ein Impfpass gefälscht sein könnte.
Zusätzliche Sicherheit in Apotheken im Kreis Olpe
Verdächtig sei auch, wenn sich eine mehrköpfige Gruppe zur gleichen Zeit und am gleichen Tag bei gleichen Arzt hat impfen lassen, so Ullenboom. „Wenn man sagt, ,ich mache das nicht‘ oder ich möchte das noch ein Mal überprüfen, dann sind die meistens ganz schnell weg“, berichtet der Apotheker. Die Handhabung mit diesen Menschen sei mittlerweile ähnlich wie bei denen, die mit gefälschten Rezepten in die Apotheken kommen. „Durch unseren Verteiler können wir für beide Fälle dann alle Kollegen per Mail informieren.“ Allerdings ohne Angabe persönlicher Daten, denn der Datenschutz muss gewährleistet sein.
Oberstaatsanwalt in Siegen: Schwierige Rechtsfrage
Eine zusätzliche Hilfe und gleichzeitige Entlastung nimmt Ulf Ullenboom auch seit Einführung Chargennummer-Überprüfung wahr. „Durch diese Möglichkeit ist die Gefahr, dass die Fälscher auffliegen, viel größer geworden“, berichtet der Sprecher der Apotheken im Kreis. Denn so müsse man nicht nur den Impfpass, den Stempel sowie die Unterschrift fälschen, sondern eben auch die Chargennummer und das sei enorm schwierig, so Ullenboom. Die Überprüfung sei daher eine zusätzliche Sicherheit für die Apotheker, um sicherzugehen, dass der jeweilige Impfpass nicht gefälscht ist.
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Was genau passiert, wenn einem Apotheker oder einer Apothekerin auffällt, dass mit dem Impfpass eines Kunden etwas nicht stimmen kann? „Wir können die Leute hier ja nicht festhalten“, erklärt Ulf Ullenboom. So wären diese meist schon lange vorm Eintreffen der Polizei wieder weg. Dennoch werden vereinzelt Fälle bei der Polizei angezeigt. So gab es im vergangenen Jahr insgesamt 28 Fälle im Kreis Olpe, die in Zusammenhang mit gefälschten Impfausweisen stehen.
Angefangen habe das Fälschen der Dokumente im April des vergangenen Jahres, berichtet der Polizeipressesprecher. Im Kreis Olpe gab es den ersten Fall im Juni, im Oktober zwei weitere, im November acht und im Dezember sogar 17 Fälle. „Es ist eine steigende Tendenz“, so Stephan Clemens. Allerdings handele es sich bei den Anzeigen nicht nur um Fälle, in denen gefälschte Impfausweise in Apotheken vorgelegt wurden, sondern auch um Fälle, bei denen die Anzeigenerstatter Angaben dazu gemacht haben, dass jemand im Besitz eines gefälschten Impfpasses sein könnte, erklärt Clemens.
Ob ein Apotheker oder eine Apothekerin dazu verpflichtet sind, solche Auffälligkeiten bei der Polizei zu melden, darauf gibt es keine klare Antwort. „Es ist ein ganz klares ,jein‘“, so der Polizeipressesprecher und auch der Oberstaatsanwalt betitelt das Thema als schwierig. „Das ist eine Frage der Rechtsauslegung“, so Patrick Baron von Grotthuss.
Die Schweigepflicht für Apotheker
Denn eigentlich unterliegen Apotheker der Schweigepflicht. Und die Verletzung dieser Pflicht ist laut Paragraf 203 des Strafgesetzbuches strafbar. Somit dürften die Pharmazeuten keine persönlichen Daten an die Polizei weitergeben – es sei denn der jeweilige potenzielle Fälscher entbindet den Apotheker von der Schweigepflicht. Und das sei eben äußerst unwahrscheinlich, sagt auch Stephan Clemens.
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Daher gebe es bei diesem komplexen Thema zwei Denkansätze, erklärt der Oberstaatsanwalt. „Der Apotheker ist eigentlich nicht in seiner eigenen Tätigkeit als Apotheker tätig, sondern im Auftrag. Das ist eine Auftragsaufgabe, die er wahrnimmt, um den Impfausweis zu digitalisieren.“ Somit sei es seines Erachtens nach fraglich, ob das überhaupt von der Schweigepflicht umfasst wird. Denn der Apotheker gebe keine Medikamente aus. Er verwandle schlichtweg Papier in elektronische Form.
Der weitere Denkansatz, den von Grotthuss äußert ist der, dass man sich mithilfe des elektronischen Impfzertifikats Zugang zu öffentlichen Einrichtungen verschafft. Somit habe das Dokument eine Außenwirkung nach draußen. „Da kann meines Erachtens keine Schweigepflicht-Verletzung vorliegen.“ Dennoch gibt es keine eindeutige und klare Antwort auf die Frage.
>>>INFO: Zu den möglichen Strafen für Fälscher
Sollte ein Fall dennoch zur Anzeige gebracht werden, drohen hohe Strafen. Die Fälschung eines Impfpasses fällt meist unter Urkundenfälschung. Denn Urkundenfälschung zeichnet sich dadurch aus, dass die Urkunde bzw. das Dokument nicht von dem stammen, der dort drauf steht, erklärt der Polizeipressesprecher. Es drohen bis zu fünf Jahre Haft oder eine Geldstrafe.
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Allerdings hänge das Ausmaß der Strafe immer von dem Gesamtumständen ab, erklärt Stephan Clemens. „Wer schon öfter aufgefallen ist, wird anders bestraft als ein Ersttäter.“ Und dann spiele auch eine Rolle, zu welchen Institutionen man sich mit dem gefälschten Dokument Zugang verschaffen wollte. Wichtig bei der Urkundenfälschung: Anders als bei anderen Straftaten ist hier auch der reine Versuch strafbar, betont Clemens.
Im Einzelhandel tauchten bislang keine Fälle von Impfpass- bzw. Urkundenfälschung auf, berichtet Peter Enders, Inhaber Mode Maiworm. Das hänge allerdings vor allem damit zusammen, dass fast alle Kunden den elektronischen Barcode oder die Scheckkarte (gibt es ebenfalls in Apotheken – für zehn Euro) vorzeigen. Kaum einer komme mit dem gelben Pass. So könne man potenzielle Fälscher nur schwierig bis gar nicht feststellen.