Drolshagen/Hützemert. Sascha Koch aus Hützemert hat ein Buch über die Geschichte des ÖPNV geschrieben. „Anbindung hat sich in den letzten 30 Jahren verschlechtert.“

Wer weiß schon, wann die ersten Postkutschen nicht nur im Wilden Westen, sondern auch im Drolshagener Land Menschen durchs Sauer- und Bergische Land transportierten? Oder dass am 1. September 1903 die Bahnstrecke zwischen Bergneustadt und Olpe eröffnet wurde und die Region schon wenige Jahre später an die großen Industrieregionen Köln, Frankfurt und das Ruhrgebiet angeschlossen wurde? Sascha Koch aus Hützemert. Koch, im Hauptberuf Lehrer für Mathematik und Sozialwissenschaften, hat sein mittlerweile drittes Buch herausgebracht, das sich eben mit solchen Fragen beschäftigt. Und mit vielen mehr.

Mit dem Thema aufgewachsen: Onkel war Lokführer

Aber wie kommt ein Lehrer, der u. a. sechs Jahre die Realschule Olpe-Drolshagen leitete, bis sie auslief, auf solche Ideen? Ganz einfach. Koch ist Eisenbahn-Fan vom Scheitel bis zur Sohle. Und familiär erheblich vorbelastet: „Mein Onkel Otto Flitsch war Lokführer, und er hat mich als kleinen Jungen immer mal wieder mitgenommen. Ich bin hier in Hützemert ja direkt an der Eisenbahnstrecke Olpe – Dieringhausen aufgewachsen.“ Dass es dann aber doch der Lehrer- und nicht auch der Lokführerberuf geworden ist, kann Koch einfach erklären: „Neben der Eisenbahner-Romantik bedeutete das Lokführerleben dauernde Wechseldienste und Umzüge zu neuen Einsatzstellen.“ Da Koch aber eingefleischter Hützemerter mit Leib und Seele ist, wollte er seine Wurzeln lieber in der Heimat schlagen als eher unstet auf den Schienen dieser Welt umher zu rollen. Busse und Bahnen, dazwischen die früher üblichen Schienenbusse, gingen ihm dennoch nicht aus dem Kopf. Also schreibt er drüber.

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Wie dieses Mal: „Der öffentliche Personennahverkehr in Stadt und Amt Drolshagen“ heißt der sachliche Titel des ebenso sachlichen Buches. Auf über 100 Seiten gibt es zahllose Originaldokumente aus früheren Jahrzehnten und Jahrhunderten zu sehen, alte Fotos, auf denen sich Männer mit wilhelminischen Schnurrbärten vor dampfenden Loks ablichten ließen.

Und immer wieder geht es um jenen Streckenabschnitt von Olpe nach Dieringhausen und letztlich um die Verbindung aus Drolshagen nach Köln. Auf einem alten Fahrplan von 1910 ist zu lesen, durch wie viele Orte sich der Zug schlängelte. Von Olpe über Drolshagen, Hützemert und Wiedenest bis nach Dieringhausen, Bergneustadt, Siegburg und Troisdorf. Und schließlich nach Cöln, wie die Domstadt bis 1919 noch geschrieben wurde. Die alte Bundesstraße 54, erläutert Koch, war darüber hinaus schon immer eine zentrale Verkehrsader, vom Siegerland über Hagen bis ins Ruhrgebiet.

Schnellbus: Der Vorläufer des Flixbus

Während etwa 20 Prozent des Buches auf Literaturarbeit fußt, hat Koch auch viel Neues zu Tage gefördert: „Ich war zum Beispiel überrascht, wie viele private Busanbieter seit den späten 20er-Jahren Menschen transportierten.“ Und das auch abseits der erteilten Konzessionen. In Vergessenheit geraten sein dürften auch die Postbuslinien bis Anfang der 60er- Jahre, die Postwaren, aber auch Fahrgäste transportierten und einen Briefschlitz in der Karosserie hatten. Koch: „Eine dieser Linien führte z. B. von Olpe durchs Brachtpetal nach Eckenhagen.“

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Ein Meilenstein sei der Schnellbus gewesen, der ab 1969 von Siegen über Olpe, Gummersbach und Remscheid bis in den Ruhrpott nach Duisburg gefahren sei. Praktisch eine Art Vorläufer des Flixbus und für damalige Verhältnisse ein „rasend schnelles Transportmittel“, worauf Koch hinweist.

Zu seiner grundsätzlichen Motivation befragt, sich mit der komplexen Thematik zu befassen, sagt Koch: „Damit nicht alles verloren geht. Für viele Menschen haben Bus und Bahn heutzutage kaum noch eine Bedeutung.“ Und wie schwierig der ÖPNV auf dem Lande sei, werde an einer Stadt wie Drolshagen mit etwas mehr als 12.000 Einwohnern und 58 teilweise verstreuten Ortschaften spürbar. Kochs ernüchtertes Fazit: „Die Anbindung Drolshagens mit dem ÖPNV hat sich in den letzten 30 Jahren erheblich verschlechtert.“ Die Randlage Drolshagens zwischen den Zweckverbänden sei sicherlich kein Vorteil.

Blick in die Zukunft

Das vielsagende Schlusswort gebührt dem Autor und ist der Schlussbetrachtung im Buch entnommen: „Die Frage nach der Energie für eine (...) zunehmende Mobilität wird uns in den nächsten Jahren intensiv beschäftigen. Darüber hinaus aber bestimmt auch die Frage, ob wir uns weiter eine solch ausufernde Individualmobilität leisten können oder ob es nicht auch auf dem Land doch noch zu einer Renaissance von Bahnstrecken und dem Ausbau von Buslinien kommen wird… .“