Kreis Olpe. Menschen im Kreis Olpe verabreden sich zu „Spaziergängen“. Die Kunst des Spazierengehens hat eine lange Geschichte.

Der Flaneur hatte Stil. Gemütlich zog er durch die Stadt. Er ließ sich treiben, während sich das Kopfsteinpflaster durch die polierten Schuhe drückte. Ein Gentleman mit Zylinder und Gehstock. Ganz im Sinne des französischen Dichters Baudelaire. Der Flaneur genoss das Schlendern, das Nichtstun. Er war ein Müßiggänger der Straßen. Ein Mann, der „auf dem Asphalt botanisieren geht“, wie es Walter Benjamin ausdrückte. Der Flaneur gehörte zum romantischen Bild einer Stadt im 19. Jahrhundert.

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Das Flanieren geriet irgendwann aus der Mode. Die Gesellschaft wurde hektischer, die Welt moderner. Eine Welt voll von Unterhaltung, Fernsehen, Streaming-Diensten, Sozialen Netzwerken. Wer geht da noch spazieren? Verliebte vielleicht. Paare, die sich zum Date auf ein Spaziergang am Obersee treffen. Ansonsten sind es Oma und Opa, die am Sonntag ihre Familie zum Spazierengehen überreden wollen. Vor allem ihre Enkel. Die Kinder hängen doch heute sowieso schon viel zu häufig am Handy. Da dürfte ein kleiner Spaziergang ja nicht zu viel verlangt sein.

Forstwirte schimpften

Dann kam Corona. Und der Lockdown. Geschäfte mussten schließen. Kino, Theater, Gastronomien, Fitnessstudios – alles war zu. Die Menschen saßen zuhause, suchten Abwechslung. Abwechslung von den eigenen vier Wänden. Abwechslung von der Tristesse. Sie gingen raus. Der Wald wurde zum Ausweichgebiet. Psychologen jubelten. Bewegung tut schließlich gut. Forstwirte schimpften. Über rücksichtslose Waldbesucher.

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Dann kamen die ersten Proteste. Menschen gingen auf die Straße, wehrten sich gegen Corona-Schutzmaßnahmen, stellten die Impfung infrage. Mittlerweile sind ganze Gruppen unterwegs. Regelmäßig. Sie marschie...sie demonstrie...nein, ich meine natürlich, sie „spazieren“ durch die Städte. Flanieren, spazieren, marschieren, demonstrieren – da kann man aber auch schon mal durcheinander kommen.