Attendorn. Claus Ortmann, Malermeister aus Attendorn, bekommt Lieferengpässe, gestiegene Rohstoffpreise und den Nachwuchsmangel hautnah mit. Ein Interview.

Lieferengpässe, gestiegene Rohstoffpreise, Sorgen um den Nachwuchs: Das Handwerk macht eine schwierige Zeit durch, obwohl die Auftragsbücher kaum voller sein könnten. Doch es gibt Lichtblicke und vor allem gute Gründe, warum junge Menschen einen handwerklichen Beruf erlernen sollten. Das sagt zumindest Claus Ortmann, der seit Ende der 90er Jahre in Attendorn seinen eigenen Malerbetrieb führt. Wir haben mit dem 56-jährigen Meister über die aktuellen Themen gesprochen.

Herr Ortmann, haben Sie mit der vielzitierten Rohstoffknappheit und den damit verbundenen Lieferengpässen zu kämpfen?

Claus Ortmann Ja. Aufgrund fehlender Rohstoffe und wegen Produktionsrückgängen bei den Herstellern fehlten uns wichtige chemische Grundstoffe für Farben. Kurios war im Sommer, dass wenn entsprechende Farben vorhanden waren, sie teilweise nicht abgefüllt werden konnten. Der Grund waren fehlende Kunststoffeimer. Letztes Jahr wurde durch die Pandemie wenig geflogen. Doch bei der Herstellung von Kerosin entsteht ein wichtiger Grundstoff zur Produktion von Kunststoffen. Dieser Zusammenhang war mir neu. Verrückt, oder?

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Also haben Sie keine Farbeimer bekommen?

Ja, es fehlten den Herstellern für einige Produkte zur Abfüllung die Eimer, das habe ich so auch noch nicht erlebt. Der Mangel an chemischen Grundstoffen wie Siloxane oder Epoxidharze führte zu längeren Lieferzeiten bei einigen Farben. Dann lernt man seine Lieferanten kennen, die besonders aufpassen und nachsichtig sind.

Inwiefern?

Ich habe einen Lieferanten gehabt, der hat eben nicht gesagt: Was weg ist, ist weg. Sondern er hat mir ein Kontingent für einige Produkte zugesagt, das sich an den durchschnittlichen Umsatzzahlen der letzten Jahre orientiert hat. Damit hat er Hamsterkäufen einen Riegel vorgeschoben, was ich äußerst nachsichtig fand. Nicht alle Händler und Lieferanten sind so fair.

Hat sich die Lage rund um die Materialknappheit entspannt?

Ja, das hat sie. Die Gründe kann ich gar nicht genau nachvollziehen. Das besagte Eimerproblem hatte sich irgendwann erledigt, vermutlich durch die Lockerungen und dadurch, dass wieder mehr Flugzeuge am Himmel waren. Im Moment sind es noch bestimmte Spezialmaterialien, die nicht sofort verfügbar sind. Die muss ich dann anfragen.

Lassen Sie uns auf die gestiegenen Rohstoffpreise schauen. Wie schlagen die bei Ihnen im Malerbetrieb durch?

Natürlich merken wir das. Das gesamte Jahr über kamen immer neue Logistikpauschalen und die Rohstoffpreise ziehen jetzt vor allem deshalb an, weil die Anfrage nach Materialien weltweit steigt.

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Geben Sie diese gestiegenen Preise an Ihre Kunden weiter?

Nun ja, wenn aus einem Angebot ein Auftrag wird, stehen die Preise fest. Ist zwischen Angebot und Vergabe viel Zeit vergangen, muss man gegebenenfalls nachverhandeln. Mit Kunden, die wir über Jahre mit ihren Bauvorhaben begleiten, spreche ich dieses Thema an und gemeinsam finden wir dafür eine Lösung, mit der am Ende auch beide Seiten leben können.

Auftragsbücher sind bei den Handwerkern voll. Auch bei Ihnen?

Das ist übers Jahr unterschiedlich. Im Sommer und Herbst war es tatsächlich wild und einiges muss noch abgearbeitet werden. Jetzt zum Ende des Jahres merke ich, dass es ruhiger wird. Ich bin grundsätzlich gespannt, wie sich die Auftragslage durch die steigenden Preise entwickeln wird. Wir Maler bieten unter anderem Verschönerungen an, diese kann man notfalls auch verschieben. Bauwerkserhaltung und energetische Sanierungen werden aber notwendig bleiben.

Zur Person

Claus Ortmann ist 56 Jahre jung, verheiratet und Vater von drei Kindern.

Der gelernte Maler führt den Betrieb seit 1998. Zurzeit stehen ihm sein Sohn als Lehrling sowie drei Gesellen zur Seite.

Sein Unternehmen befindet sich in der Nähe des (ehemaligen) Impfzentrums – und zwar am Heggener Weg 21.

Wie schaut die Handwerkerbranche konkret auf das neue Jahr?

Ich denke, die Probleme mit der Materialknappheit werden sich beruhigen. Ich gehe aber davon aus, dass die höheren Rohstoffpreise bleiben werden, weil wir heute im globalen Markt leben und abhängig beispielsweise von China sind.

Kommen wir zum Nachwuchsmangel. Wie können Sie konkret junge Menschen dafür begeistern, eine Ausbildung zum Maler bei Ihnen im Betrieb zu machen?

Wir haben seit Jahren eine Fokussierung auf die Industrie, junge Leute gehen lieber dorthin, als einen Handwerksberuf zu erlernen. Es ist schwierig für uns. Dabei haben wir einen spannenden und vielfältigen Beruf. Haben die jungen Leute Angst, sich dreckig zu machen? Ich weiß es nicht. Viele wollen studieren und merken erst später, dass sie am Schreibtisch nicht glücklich werden. Ich kann mich ins Büro setzen, aber wenn ich dann abends nach Hause gehe, frage ich mich schon: Was habe ich heute eigentlich geschafft? Meine innere Waage ist dann nicht ausbalanciert. Ich bin froh, wenn ich etwas hergestellt habe und auch sehe, was ich geschafft habe. Das macht mich zufrieden.

Muss man finanzielle Anreize für die Nachwuchsgewinnung setzen?

Gute Handwerker verdienen gutes Geld, das ist so. Aber auch hier haben wir den „Gegenspieler“ Industrie, in der junge Leute bessere Aufstiegsmöglichkeiten und dann auch bessere Verdienstmöglichkeiten haben. Vermutlich fehlt uns darüber hinaus eine starke Lobby für das Handwerk. Viele gute Facharbeiter werden von den großen Firmen abgeworben.

Haben Sie Lehrlinge?

Ja, meinen Sohn, der Abitur gemacht und dann lange überlegt hat, ob er bei mir die Lehre machen will. Ich bin froh, dass er sich dafür entschieden hat. Er ist im dritten Lehrjahr und wird bald fertig. Dann habe ich noch drei Malergesellen.

Was macht Ihren Job denn eigentlich so reizvoll?

Die Vielfältigkeit unseres Berufes kann niemand am Schreibtisch erleben. Wir verändern und gestalten neu, ganz individuell auf die Wünsche unserer Kunden zugeschnitten. Dieses Gefühl finde ich sensationell.