Kreis Olpe. Die Koalitionsverhandlungen starten. Wir haben mit Politikern aus dem Kreis Olpe über Erwartungen, Chancen und Risiken gesprochen.
Folgt auf die Große Koalition eine Ampel? Die Chancen stehen nicht schlecht. Auf die ersten Sondierungen nach der Bundestagswahl folgen nun konkrete Koalitionsgespräche zwischen SPD, Grünen und der FDP. Mit welchen Erwartungen und Hoffnungen verfolgen die heimischen Politiker das Geschehen in Berlin? Wir sprachen mit Anne Szymczak, Gemeindevertreterin der Grünen in Kirchhundem, Ralf Warias, FDP-Fraktionschef aus Attendorn, Hildegund Hennrichs, 2. stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende im Kreistag, und Klaus-Peter Langner, SPD-Urgestein aus dem Olper Stadtrat.
SPD
Hildegund Hennrichs (Schönau), 2. stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im Kreistag, sagt: „Ich bin zufrieden mit den bisherigen Verhandlungen.“ Bei Themen wie der Rente oder dem Mindestlohn finde sie sozialdemokratische Positionen wieder. „Jetzt müssen wir abwarten, wie die eigentlichen Koalitionsverhandlungen laufen.“
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Personell wünsche sie sich mehr Frauen in Spitzenämtern: „Wenn das gelingt, würde mich das freuen.“ Eine Wunschministerin wollte die Sozialdemokratin nicht nennen. Als Knackpunkt bei den Verhandlungen sehe sie die Besetzung des Finanzministeriums. Auf die Frage, ob sie es bedauere, dass keine höheren Steuer für Besserverdienende geplant seien, sagte Hennrichs: „Das ärgert mich schon.“ Besonders ärgerlich sei aber, dass es Unternehmen gebe, die ihre Vermögen ins Ausland transferieren würden, um Steuern zu umgehen. Die künftige Bundesregierung müsse alles daran setzen, das zu verhindern.
Klaus-Peter Langner, SPD-Urgestein aus dem Olper Stadtrat: „Ich begrüße es, dass mit Bärbel Bas eine Frau Bundestagspräsidentin werden soll.“ Schade sei es, dass das Tempolimit wohl scheitere: „130 km/h auf der Autobahn sollte auch für deutsche Autofahrer kein Problem sein.“ Höhere Steuern für Topverdiener befürwortet Langner. Vor allem hochprofitable Unternehmen mit Millionengewinnen müssten stärker zur Kasse gebeten werden. Die SPD sollte sich zumindest in den Punkten durchsetzen, die im Wahlkampf eine Hauptrolle gespielt haben.
Bündnis 90/Grüne
Kompromissbereitschaft ja, aber Aufgabe der Kernpunkte im Grünen-Wahlprogramm nein: das ist die Meinung von Anne Szymczak aus Silberg. „Ich habe schon die Erwartung, dass das, was in unserem Wahlprogramm steht, auch erfüllt wird. Es ist klar, dass wir bei Verhandlungen mit der FDP Abstriche machen müssen, aber die wesentlichen Merkmale, die zum Klimaschutz in unserem Wahlprogramm stehen, sollten auch im Koalitionsvertrag drin sein.“
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Das „Geschacher um Ministerposten“ schon zum jetzigen Zeitpunkt findet die 72-Jährige merkwürdig und meint damit konkret die Diskussion darüber, welche Partei, FDP oder Grüne, das Wirtschafts- und Finanzministerium übernehmen soll. „Vielleicht ist das so üblich, aber ich find es ist wichtig, dass man erst einmal einen Konsens über die Inhalte findet und dann im zweiten Schritt guckt, wer welches Ressort übernimmt.“
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Besonders wichtig sind der früheren Leiterin der Verbraucherzentrale in Lennestadt die Themen Energie und soziale Gerechtigkeit. Im Wahlprogramm ihrer Partei stehe, dass ein Teil der CO2-Steuer wieder an die Bürgerinnen und Bürger, die sich klimafreundlich verhalten, zurückgegeben werden soll. Das Thema tauche in der Diskussion bisher leider gar nicht auf.
FDP
Ralf Warias ist froh, dass ein „Weiter so“ mit der Großen Koalition nicht mehr stattfindet. Deshalb steckt der Bankkaufmann auch große Erwartungen in ein mögliches Dreier-Bündnis. „Es ist wichtig, dass wir die großen Themen anpacken, wie zum Beispiel die Rente. Eine Kapitaldeckung der gesetzlichen Rente unter Aufsicht wäre nichts, wovor wir uns fürchten müssten“, nennt der Liberale aus der Hansestadt ein Thema, das der FDP besonders wichtig ist. Eine Verschlankung des aufgeblähten Bundestages wäre ein zweites Thema. Und: „Ich hoffe natürlich, dass wir den Umbau in einen digitaleren, schlankeren und moderneren Staat möglichst schnell hinbekommen, mit einem modernen Bildungssystem.“
Er sieht dabei auch viele Gemeinsamkeiten vor allem mit den Grünen – nur der Weg zur Umsetzung sei ein anderer. „Es ist ja bekannt, dass wir zum Beispiel viel Privatwirtschaft bei Investitionen dabei haben wollen.“ Bei der geplanten Mindestlohnerhöhung, mit der Warias grundsätzlich keine Probleme hat, verweist er jedoch darauf, „dass wir in Deutschland eine Tarifautonomie haben und sich die Tarifpartner über solche Themen austauschen müssen. Dafür haben wir ja auch eine Mindestlohnkommission.“ An so einem Thema würde die geplante Ampel aber sicherlich nicht zerbrechen.