Attendorn. Siegmund Bittnerowski aus Attendorn fährt mit einem Porsche 924 bei der Sauerland Klassik mit. Dabei ist er gar kein Oldtimer-Spezialist.

Siegmund Bittnerowski wohnt neben dem Bieketurm, dem Zeughaus und Museum der Schützengesellschaft 1222. Dem traditionsreichen Attendorner Brauchtum ist der Scheibenkönig von 1986 tief verbunden. Und so ist es auch kein Zufall, dass Bittnerowski den fast 40 Jahre alten Porsche 924, mit dem der 74-Jährige und seine Beifahrerin Ingrid Schrage bei der Sauerland Klassik 2021 starten, zum Fototermin vor dem markanten Turm am Feuerteich abstellt.

Für Siegmund Bittnerowski und seine Lebensgefährtin ist es eine Premiere. Die Attendorner nehmen zum ersten Mal an der Rundfahrt teil. „Wir lassen alles auf uns zukommen und wollen es genießen. Natürlich wollen wir nicht auf den letzten Platz kommen und mindestens „Nelli“ König hinter uns lassen“, schmunzelt Bittnerowski, der vor vier Jahren seinen Malerbetrieb verkauft hat. Beim Stammtisch im Café des Attendorner Bäckermeisters entstand die Idee, bei der vom Hansestädter Peter Göbel organisierten Oldtimer-Rallye mitzumachen.

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Göbel und Bittnerowski kennen sich schon lange. „Siegmund hat vor 40 Jahren mein Kinderzimmer gestrichen“, erinnert sich Peter Göbel, der die Sauerland Klassik 2015 ins Leben gerufen hat, noch gut. „Ich musste damals erst die Pokale von links nach rechts schieben“, berichtet der Malermeister.

Als Zuschauer an der Strecke

Siegmund Bittnerowski ist kein leidenschaftlicher Autofan, das gibt der 74-Jährige zu. Und eine Rallye ist er zuletzt vor über 50 Jahren gefahren, mit seiner damaligen Clique. „Wir saßen mit vier Mann im Auto. An der Sorpe sind uns alle anderen entgegengekommen“, lacht der gebürtige Werdohler, der sich schon viele Jahre als waschechter Attendorner fühlt. Das war erst mal das Ende seiner Rallye-Karriere.

Nach seiner Lehre zog es Bittnerowski für einige Monate nach Italien. Damals stand er bei einem Autorennen in Monte-Carlo, einem Stadtbezirk von Monaco, als Zuschauer an der Strecke. Heute unvorstellbar: Nur wenige Meter trennten die Zuschauer von den heranrasenden Boliden. So richtig fasziniert hatte das Spektakel den jungen Mann nicht.

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Die Welt der PS-starken Autos war finanziell Lichtjahre entfernt vom Alltag des Malermeisters in spe. Mitte der 1960er-Jahre konnte er sich einen VW Käfer und später einen Renault 4 leisten. Der R 4 mit seinen umklappbaren Rücklehnen und der großen Ladefläche war praktisch für den Maler und Lackierer, der sich 1976 selbstständig machte. Von einem Porsche 924 (Baujahr 1982) mit den ausfahrbaren Scheinwerfern konnte Bittnerowski, den seine Freunde „Siggi“ nennen, nur träumen.

Kultwagen gehört Jan-Yves Schrage

Der Kultwagen, mit dem das „Team Siggi“ bei der Sauerland Klassik auf die 700 Kilometer Rundfahrt mit verschiedenen Prüfungen geht, gehört Jan-Yves Schrage, dem Sohn von Ingrid Schrage. Der hat als Autoschlosser angefangen, später Fahrzeugtechnik studiert und ist heute Spezialist für die Entwicklung von Autofedern. Eigentlich wollte Siegmund Bittnerowski mit ihm fahren. Als das nicht klappte, sprang seine Lebensgefährtin als Beifahrerin ein.

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„Frau Göbel hat mir gesagt, das Gehirn beim Rallyefahren sitzt rechts“, erzählt Ingrid Schrage mit einem Augenzwinkern. Aber etwas ist an diesem Spruch dran. Der Mann oder die Frau auf dem Beifahrersitz muss alles im Blick haben. „Ich muss sagen, wo er hinfährt“, berichtet die Frau im „Team Siggi“. Beim Besuch unserer Zeitung zeigt sie das dicke Checkheft, wo alles aufgeführt wird: von der Streckenführung bis zu den einzelnen Prüfungen und Kontrollpunkten. Und da kommt es nicht nur auf die Geschwindigkeit an.

Beim nächsten Mal wieder dabei

Als Siegmund Bittnerowski sein „Team Siggi“ vor sechs Wochen bei Peter Göbel angemeldet hat, beruhigte er seine Lebensgefährtin. „Du brauchst nichts zu machen, nur mitfahren.“ Inzwischen weiß Ingrid Schrage fast alles über die Sauerland Klassik. Eines liegt den Rallye-Neulingen besonders am Herzen. „Wir fühlen uns super aufgehoben. Das ist alles sehr professionell und hervorragend organisiert.“

Endgültig überzeugt, an der dreitägigen Oldtimer-Tour nicht nur durch das Sauerland teilzunehmen, hat Bittnerowski diese Aussage von Peter Göbel: „Von 100 Startern fahren 20 auf Sieg. Alle anderen kommen wegen der Geselligkeit und Landschaft.“ „Das hat mich animiert mitzumachen“, betont der passionierte Tennisspieler. Deshalb freuen sich Siegmund Bittnerowski und Beifahrerin Ingrid Schrage auf interessante Gespräche mit anderen Teilnehmern, bei denen es sich nicht nur um Benzin und Autos dreht. „In zwei Jahren bin ich wieder dabei“, steht für den Rallye-Neuling schon fest.