Listerscheid. Der 51-Jährige aus Beukenbeul kann sich ein Leben ohne sein geliebtes Brauchtum kaum vorstellen. Was er sich für die Zeit nach Corona erhofft.

Thorsten Hundt ist, wie er gerne betont, „mit Leib und Seele“ Schützenbruder. „Ohne Schützenfest geht gar nichts, das gibt mir viel“, sagt der 51-Jährige aus dem Attendorner Ortsteil Beukenbeul. Für den Königsoffizier des Listerscheider Schützenvereins von 1868 und Schützenkönig 2001 ist das Hochfest viel mehr als nur Bier trinken, schmissige Blasmusik hören und marschieren. „Schützenfest ist ein positiver Virus, ein Wohlgefühl.“ Dazu gehört für Hundt auch der „Zusammenhalt von Jung und Alt“.

Königsoffizier Thorsten Hundt (Mitte) freut sich mit seinem Neffen Rene Springob, dem Listerscheider Jungschützenkönig von 2018. Der spätere Deutsche Meister im Minigolf wählte Freundin Sahra Handtke zu seiner Königin.
Königsoffizier Thorsten Hundt (Mitte) freut sich mit seinem Neffen Rene Springob, dem Listerscheider Jungschützenkönig von 2018. Der spätere Deutsche Meister im Minigolf wählte Freundin Sahra Handtke zu seiner Königin. © martin droste

Ein anderer Virus - Covid-19 - legt das im Sauerland so ausgeprägte Schützenbrauchtum im zweiten Jahr hintereinander weitgehend lahm. Auch in den Ortschaften des Ihnetals stoppte Corona am Wochenende wieder das dreitägige Hochfest des Schützenvereins Listerscheid. Gefeiert wurde nur im kleinen Kreis. Das Aufziehen der Schützenfahnen und das Anstoßen darauf mit der einen oder anderen Flasche Bier ließen sich Thorsten Hundt und seine Nachbarn in Beukenbeul aber nicht nehmen. Das offizielle Programm des Schützenvorstandes beschränkte sich auf die Kranzniederlegung am Ehrenmal sowie das Hissen der Fahnen am Vereinsheim, an der Vogelstange und am Ehrenmal.

Andere Vereine ziehen die Reißleine

2019 haben die Listerscheider zum letzten Mal richtig Schützenfest gefeiert – drei Tage lang. „Das Schützenfest hat bei uns nach wie vor einen sehr großen Stellenwert“, freut sich Königsoffizier Thorsten Hundt, der seit 1999 im Vorstand des Vereins von 1868 sitzt und viele Jahre lang Fahnenträger war. Mit einer kleinen Einschränkung. „Das Schützenfest ist nicht mehr so groß wie vor 20 Jahren, es lässt ja alles nach.“ Aber noch halten die Ihnetaler am dreitägigen Festprogramm mit dem Vogelschießen und Festzug am Montag fest. „Das machen nur noch drei Vereine im Stadtgebiet Attendorn. Andere Schützenvereine haben die Reißleine gezogen und feiern nur noch zwei Tage“, berichtet der 51-Jährige.

Für den Schützenverein Listerscheid rentiere sich der Montag nach wie vor. Aber es sind längst nicht mehr alle Schützenbrüder bereit, sich einen oder zwei Tage Urlaub zu nehmen. „Es ist nicht mehr so wie vor 20 Jahren, aber es trägt sich noch“, hofft Thorsten Hundt, dass sein Verein am traditionellen Schützenfestprogramm noch lange festhalten kann. „Der Montag ist als König der schönste Tag. Und der Festzug muss am gleichen Tag sein“, hat der Vogelkönig von 2001 eine klare Meinung und blickt gerne zurück.

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Den Schützenfestmontag vor 20 Jahren, als Thorsten Hundt beim Vogelschießen der entscheidende Treffer gelang und am Nachmittag mit seiner Ehefrau und Königin Sabine im Festzug durch Listerscheid marschierte, wird der ehemalige Schützenkönig nicht vergessen. Noch heute läuft für ihn der Montag, der dritte und letzte Tag im offiziellen Festprogramm, „wie ein Film ab“.

Mit 16 in den Verein eingetreten

Als Hundt mit 16 Jahren mit Gleichaltrigen aus seinem Heimatort Beukenbeul in den Schützenverein Listerscheid eintrat, war das auf dem Dorf „ein Muss“ und „vom Vater fast bestimmt“. Den Schritt hat der heute 51-Jährige aber nie bereut. Als Junge, gibt Hundt zu, habe ihn aber die Kirmes und vor allem der Autoscooter mehr interessiert als das eigentliche Schützenfest. Das hat sich längst geändert.

Zwei Jahre ohne Schützenfest. Das bedeutet für Thorsten Hundt „ein Riesenloch im Sommer“. Der Königsoffizier und Schützenkönig von 2001 macht sich auch Gedanken, was der Ausfall des Hochfestes für den Verein und „die Leute aus den Dörfern“ des Ihnetals bedeutet. Wie hart trifft es den Verein? Wie kann im nächsten Jahr Schützenfest gefeiert werden? Wie sieht es nach Corona aus? Bleiben die jungen Leute bei der Stange?

Wie geht es nach Corona weiter?

„Ich hoffe, dass die Menschen weiter zum Verein stehen und auf das Schützenfest gehen. Ob das wirklich so ist, wird sich zeigen“, sieht Thorsten Hundt noch „viele Fragezeichen“. Der Beukenbeuler kann sich eines jedenfalls nicht vorstellen: Schützenfest auf Abstand zu feiern.

Für ihn persönlich hat sich aber nichts geändert. „Ich freue mich sehr auf ein normales Schützenfest. Ohne Schützenfest geht gar nichts. Das gibt mir viel.“ Hundt weiß aber nur zu genau, dass dieses Hobby nur funktioniert, „wenn die Frauen dahinterstehen“. Das gilt genauso für den Karnevalsverein, dessen Präsident Thorsten Hundt seit 2018 ist. Damals hat er Jürgen Schulte, den langjährigen Chef der KG Ihnetal, abgelöst. Als Hauptmann im Schützenverein bleibt Schulte Vorgesetzter von Königsoffizier Hundt.

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Personell sieht der „Schützenbruder mit Leib und Seele“ den Schützenverein gut aufgestellt. „Wir haben viele Jüngere dabei, die stehen zur Sache und machen einen guten Job.“ Gerade für sie tut es Thorsten Hundt leid, dass das Schützenfest im Ihnetal zum zweiten Mal hintereinander nicht wie gewohnt gefeiert werden kann.

Mit den Schreibershofern gewandert

Auch im Urlaub bleibt der Beukenbeuler dem Schützenwesen verbunden. Das zeigt eine Aktion aus dem Jahr 2019. Damals machten das Ehepaar Hundt zusammen mit Markus Halbe und Ehefrau Ilona, der Zwillingsschwester von Sabine Hundt, Ferien in Bayern. Der Schreibershofer Halbe ist seit vielen Jahren bei den dortigen St. Laurentius-Schützen aktiv und holte sich 2014 in seinem Heimatort die Kaiserwürde.

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Für drei Tage unterbrachen Thorsten Hundt und Markus Halbe – natürlich mit Einwilligung ihrer Frauen - den Sommerurlaub und wanderten als eines von 28 Teams auf einer Etappe mit der Fahne der St. Laurentius-Schützen von Schreibershof nach Rom. Diese spektakuläre Aktion stand unter dem originellen Namen „Glaube – Sitte – Blasenpflaster“ und war weit über die Kreisgrenzen bekannt geworden. Mit der in einem Spezialrucksack verpackten Vereinsfahne legten die Gruppen zusammen eine Strecke von 1360 Kilometer bis zum Petersdom zurück.