Olpe. Kein Fest auf dem Ümmerich, aber ganz abschalten lassen sich die Schützenfest-begeisterten Olpe nicht - im Gegenteil.

Keine grün-weiß geschmückte Innenstadt, keine fröhlichen Menschenmassen, keine klirrenden Biergläser, Festzüge, Lachen, Freude, Blasmusik an fast jeder Ecke. Zum zweiten Mal findet auch das Olper Schützenfest in diesem Jahr nicht statt - oder besser gesagt: „offiziell“ nicht statt. Denn die Olper Schützenschwestern - und brüder lassen sich nicht einfach abschalten, auch nicht durch eine Pandemie, denn „Schützenfest in Olpe ist ein Lebensgefühl“, sagt Wilhelm Rücker, der amtierende König.

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Die „Spurensuche“ am Schützenfestsamstag beginnt bei „Königs“ daheim. Der Eingang ist mit grün-weißen Fähnchen dezent geschmückt, aber wer über die Rücker´sche Schwelle tritt, der liest auf der Fußmatte, dass er in der Olper Königsresidenz gelandet ist. Wilhelm und Simone Rücker, die seit zwei Jahren auf ihr großes Fest auf dem Ümmerich warten, sind auch ohne Fest schon seit Tagen im Schützenmodus: am Mittwoch Fahne aufhängen bei Pastor Hammer, am Donnerstag das gleiche zuhause mit der Nachbarschaft, am Freitag Beff-Verkauf und Schützenmesse auf dem Schützenplatz.

Ein bisschen Wehmut

„Das war dort schon ein bewegendes Gefühl und ein bisschen von Wehmut geprägt“, gibt Wilhelm Rücker zu und natürlich gehe auch die Flutkatastrophe nicht spurlos an einem vorbei. Andererseits: „Wir lassen uns nicht unterkriegen.“ Und wie er und seine Frau von der Gemeinschaft und dem Verein getragen würden, „das geht einem nahe“, so seine Majestät.

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Nach der Messe, beim Dämmerschoppen auf dem gut besuchten Marktplatz, sprangen am Freitag plötzlich Musikanten des Frenkhauser Musikvereins aus Kleinbussen und brachten den Majestäten ein Ständchen - organisiert von den Königsoffizieren. „Wunderschön, ich hatte Gänsehaut“, sagt Königin Simone Rücker. Überhaupt: „Wir hatten in den letzten beiden Jahren viele Highlights“ - auch ohne Fest.

Gute Stimmung, aber anders

Mittlerweile ist auch der Olper Schützenvorstand eingetroffen. Aus dem Lautsprecher klingt Blasmusik. „Ich bin ja noch völlig nackt“, lacht der König und setzt sich schnell seine Schützenkappe auf den Kopf.

Major Peter Liese fühlt wie viele andere Olper in diesen Tagen: „Die Stimmung ist gut, aber anders“, sagt er: „So langsam wird es einem leid“. Leid, eben nicht Schützenfest feiern zu können. So mit allem drum und dran, wie zuletzt 2019, als Wilhelm Rücker mit dem 194. Schuss den Vogel von der Stange schoss, dessen Reste jetzt wie eine künstlerische Installation sein Wohnzimmer schmücken.

Der Vorstand des St. Sebastianus-Schützenvereins stattet am Samstagmittag dem Königspaar Wilhelm und Simone Rücker einen Besuch ab, ein kühles Blondes, diesmal aus der Flasche, darf dabei nicht fehlen.  
Der Vorstand des St. Sebastianus-Schützenvereins stattet am Samstagmittag dem Königspaar Wilhelm und Simone Rücker einen Besuch ab, ein kühles Blondes, diesmal aus der Flasche, darf dabei nicht fehlen.   © WP | Volker Eberts

Stellenwert noch größer geworden

„Man merkt erst jetzt ohne Fest, wie schön unser Fest ist“, sagt die Majestät: „Der Stellenwert ist noch größer geworden“, glaubt Rücker. Der „Schützencheck“ unserer Zeitung bestätigt dies. Viele Bürger glauben, dass die Schützenvereine durch die zweijährige Zwangspause des Festbetriebs keinen Schaden nehmen werden. Auch in Olpe gab es bisher weder Austritte noch Beitragsstundungen, heißt es aus dem Vorstand.

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Am Nachmittag stehen für Königspaar und Vorstand Besuche am Ehrenmal und auf dem Friedhof zur Ehrung der Jubelmajestäten Robert Flucht und Elisabeth Steffen an, die 1971 in der Kreisstadt regierten. Das war´s dann offiziell. Dann wird privat gefeiert, wie fast überall in der Kreisstadt. In der ganzen Stadt sind seit Wochen keine mobilen Theken, Bänke und Stehtische mehr zu bekommen, sie stehen in den unzähligen „Bier“-Gärten an diesem Wochenende und bilden in diesen Tagen die wohl längste Theke des Sauerlands.

Kleiner Ümmerich

Zum Beispiel auf dem „Kleinen Ümmerich“ in der Schützenstraße. So hat eine fidele Truppe ihr Feierdomizil benannt. Die Freunde aus dem gesamten Stadtgebiet treffen sich pünktlich um 15 Uhr, wenn beim Schützenfest die Offiziere „Antreten“ befehlen, auf dem Marktplatz, mit Kappe und geschmückten Holzgewehren. Symbolisch? Von wegen: „Wir müssen uns noch ein bisschen Mut antrinken, dann marschieren wir von hier los zu unserem Kleinen Ümmerich“, erklärt Steffen Kratwig. Am Nachmittag gibt es sogar ein richtiges Festprogramm, mit Vogelschießen bzw. -werfen, Polonaise, Königsproklamation und so weiter. Also genauso wie auf dem richtigen „Ümmerich“, na ja- fast so.

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Lukas und Charlotte sind das neue Königspaar des St. Fidelis Schützenvereins n.e.V. in Olpe.
Lukas und Charlotte sind das neue Königspaar des St. Fidelis Schützenvereins n.e.V. in Olpe. © WP | Privat

Biergarten-Könige

Fest steht, wer nur ein klitzekleines Schützen-Gen in sich trägt, der bleibt am Hochfest in Olpe nicht allein zuhaus. „Langeweile hat hier keiner, jeder hat die vier Schützenfesttage voll verplant“, erklärt Reiner Löcker von der fünften Korporalschaft. Er trifft sich am Nachmittag mit seinem St. Fidelis Schützenverein n.e.V. und den Familien der Mitglieder zum privaten Schützenfest in der Eichendorfstraße - natürlich mit Vogelschießen, Proklamation und so weiter.

Fazit: Am Olper Schützenfest-Wochenende werden dutzende neue „Biergarten-Könige“ ermittelt. Sie alle und ihre mitfeiernden Schützenbrüder- und schwestern werden ihrem amtierenden König Wilhelm Rücker zustimmen: „Schützenfest in Olpe ist ein Lebensgefühl.“