Attendorn. Bei den Arbeiten in der Wasserstraße in Attendorn haben Archäologen Mauerreste aus dem Mittelalter gefunden. Überraschend war für sie der Fundort.

Im Rahmen der Tiefbauarbeiten in der Attendorner Innenstadt sind Archäologen des Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) am Wassertor auf historische Funde gestoßen. Hierbei handelt es sich um eine der letzten mittelalterlichen Reste der Stadtbefestigung, die auf Ende des 14. Jahrhunderts datiert werden. „Wir haben schon damit gerechnet, dass wir in diesem Bereich etwas finden werden“, so LWL-Archäologin Dr. Eva Cichy. „Aber wir waren überrascht davon, massives Mauerwerk an einer Stelle zu finden, wo wir es nicht vermutet haben.“

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Wie das Wassertor im Mittelalter ausgesehen haben könnte

In den 1980er Jahren habe es bereits Grabungen in der Wasserstraße gegeben, die den Unterbau der Zwingermauer freigelegt hätten, so Prof. Dr. Michael Baales, Leiter der Außenstelle Olpe der LWL-Archäologie für Westfalen. Die Ergebnisse, die der LWL und die Stadt Attendorn am Freitagvormittag vorstellen konnten, seien aber weitaus bedeutender. Weil sie eine erste Idee davon geben können, wie das Wassertor im Mittelalter tatsächlich ausgesehen haben könnte.

Gut erkennbar: der Unter- und Oberbau der Mauer. Dazwischen zeichnet sich eine Brandschicht ab.
Gut erkennbar: der Unter- und Oberbau der Mauer. Dazwischen zeichnet sich eine Brandschicht ab. © Britta Prasse

„Das Wassertor war das wichtigste Tor der Stadt, mit einer gewaltigen Anlage, die den Besucher schön in Empfang nehmen sollte“, so Dr. Eva Cichy. Die Mauerreste, die vorgefunden wurden, lassen eine Art Rechteck vermuten, das sich etwa zwei Meter weit eingerückt von der heute sichtbaren Mauer befindet. Weil hier ursprünglich keine massiven Funde erwartet wurden, gab diese Entdeckung zunächst Rätsel auf. „Aber wir gehen davon aus, dass es sich hierbei um die erste mittelalterliche Steinbauphase der Stadtbefestigung handelt. Es ist möglich, dass es hier ein Widerlager gab“, sagt Dr. Cichy. Um ihre Vermutung zu bestätigen, hofft sie, auf der gegenüberliegenden Seite der Wasserstraße, die im nächsten Bauabschnitt bearbeitet wird, Reste einer Zugbrücke zu finden.

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Durch den Stadtbrand 1783 gibt es keine schriftlichen Zeugnisse aus dem Mittelalter

Die Funde seien gut erhalten, lediglich an einer Stelle gebe es eine „Störung“, eine Art Unterbrechung. „Das könnte auf einen verfüllten Bombentreffer hindeuten“, mutmaßt Dr. Cichy. Bei den weiteren Grabungen hoffen die Archäologen darauf, noch mehr Material zu finden – Scherben zum Beispiel – um ihre Entdeckungen genauer datieren zu können. „Wie schön es wäre, wenn wir Originalunterlagen zu diesen Funden hätten“, kommentierte Stadtarchivar Otto Höffer. „Denn leider wurde alles Mittelalterliche durch den Stadtbrand 1783 vernichtet. Es gibt keine schriftlichen Hinweise darauf, wie Attendorn davor aussah.“ Das Ereignis lässt sich sogar an der freigelegten Mauer am Wassertor erkennen, wo sich zwischen dem Unterbau und dem Oberbau eine bis heute sichtbare Brandschicht befinde, erklärt Dr. Cichy.

Auch, wenn die Funde verhältnismäßig gut erhalten sind, geht das LWL-Team davon aus, dass nicht alles komplett erhalten bleiben wird. Grund sind die umfangreichen Erdarbeiten, die in der Wasserstraße geplant sind. „Wir werden an dieser Stelle Wurzelkammersysteme einlassen, in dem die später gepflanzten Linden ihre Wurzeln entfalten können“, erklärt Frederik Schmidt vom Tiefbauamt der Stadt Attendorn. Diese Kammer sei eine Art Kunststoffmodul mit mehrerem Kubikmetern umbauten Raum, der spezielles Substrat enthält, sodass die Wurzeln mit ausreichend Nährstoffen versorgt werden. „Dabei lässt es sich leider nicht verhindern, dass ein Teilstück der Mauer entfernt werden muss“, so Schmidt.

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Aktuell ist knapp die Hälfte der Baumaßnahme in der Wasserstraße geschafft. „Wir wollten diese Ergebnisse aber schon jetzt präsentieren“, so Dr. Cichy. Weil sie so bedeutend für die Stadt Attendorn seien. Und im weiteren Verlauf vielleicht noch mehr an Bedeutung gewinnen könnten.